Im Jahre 1924 schienen die Europäer die Nachkriegskrise, die den Kontinent seit Ende 1918 erschüttert hatte, überwunden zu haben. Dennoch stand die mühsam errungene europäische Stabilität auf brühigem Fundament. Kolumne von Leonid Luks.
Vor hundert Jahren verlor Leo Trotzki, der zu den wichtigsten Urhebern des bolschewistischen Staatsstreiches vom 7. November 1917 zählte, den Kampf um die Nachfolge Lenins. Den Umständen, die zu Trotzkis Niederlage führten, ist diese Kolumne von Leonid Luks gewidmet.
Betrachtungen anlässlich des 100. Todestages des sowjetischen Staatsgründers.
Bei der 1985 begonnenen Gorbatschowschen Perestroika handelte es sich zunächst um eine Art Rückkehr zu den Leninschen Ideen. Bei der Erwähnung Lenins verfiel Michail Gorbatschow nicht selten in einen schwärmerischen Ton: „Die Hinwendung zu Lenin…hat eine äußerst stimulierende Rolle bei der Suche nach…Antworten auf die anfallenden Fragen gespielt“, sagte der Generalsekretär des ZK der KPdSU im November 1987. Es stellte sich aber allmählich heraus, dass eine offene Gesellschaft mit Leninschen Prinzipien kaum zu vereinbaren war; denn die Missachtung gegenüber den elementarsten demokratischen Spielregeln gehörte zum Wesen des Leninschen Systems. Einigen Bestandteilen dieses „Systems“ ist die vorliegende Kolumne gewidmet.
Vor etwa 170 Jahren begann der Krimkrieg, welcher der beinahe vierzigjährigen russischen Vormachtstellung in Europa ein Ende setzte. Auch im 20. Jahrhundert sollten russische bzw. sowjetische Hegemonialprojekte mehrmals scheitern. Dessen ungeachtet wartet die heutige russische Führung erneut mit einem Hegemonialprojekt auf. Hat dieses Streben der Putin-Riege nach einer Wiederherstellung der erschütterten hegemonialen Positionen des Landes eine Verwirklichungschance?
Stalins Tod am 5. März 1953 stellte eine der tiefsten Zäsuren in der neuesten Geschichte Russland bzw. in der Geschichte der UdSSR dar. Dieser Einschnitt setzte der beinahe 40jährigen Gewaltspirale, die die Entwicklung des Landes seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, mit einer kurzen Unterbrechung in den 1920er Jahren geprägt hatte, vorübergehend ein Ende.
Die Geschichte der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Zwischenkriegszeit lässt sich im Grunde als eine Geschichte von Fehleinschätzungen betrachten. Die Erfolge der NSDAP waren nicht zuletzt mit der Unfähigkeit ihrer Gegner, aber auch ihrer Verbündeten verknüpft, ihren Charakter zu begreifen. Dieses Versagen der linken, der liberalen wie auch der konservativen Strömungen zeigt, wie wenig die europäischen Parteien insgesamt, aber auch das damalige europäische Staatensystem als solches auf neue und unvorhergesehene Herausforderungen vorbereitet waren. Als erstes möchte ich auf das Versagen der Kommunisten eingehen.
Vor 100 Jahren – am 30. Dezember 1922 – wurde die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) gegründet. Der Name des neuen Staates enthielt keinen Hinweis darauf, dass es sich bei diesem Vielvölkerreich um einen Nachfolger des zarischen bzw. des russischen Imperiums handelte. Der Begriff „Russland“ war in seinem Namen nicht enthalten. In diesem Sachverhalt spiegelt sich die zwiespältige Einstellung der Bolschewiki zur Nationalitätenfrage deutlich wider.
Die politische Leistung des am 30. August verstorbenen Michail Gorbatschow wird bekanntlich in Ost und West höchst unterschiedlich beurteilt. Was plante und was erreichte Gorbatschow in seiner fast siebenjährigen Zeit als Beherrscher eines Imperiums, das bis 1991 gemeinsam mit den USA über die Geschicke der Welt entschied?
Die Perspektive einer immer enger werdenden Kooperation zwischen der Putinschen und der chinesischen Autokratie wirkt zurzeit bedrückend sowohl auf viele westliche Politiker als auch auf die westliche Öffentlichkeit als solche. Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass demokratisch verfasste Gesellschaften in der Vergangenheit schon mehrmals mit vergleichbaren Herausforderungen konfrontiert waren. Letztendlich sollten sich aber die Allianzen der Verächter der Demokratie in der Regel als instabil und brüchig erweisen. Mit solchen Allianzen befasst sich diese Kolumne. Beginnen möchte ich mit der deutsch-sowjetischen Annäherung, die infolge des Hitler-Stalin-Paktes vom August 1939 stattfand.
Wladimir Putin begründet seine aggressive Außenpolitik mit Hilfe eines pseudohistorischen ideologischen Konstrukts, in dem einige Bestandteile der sowjetischen Ideologie mit den programmatischen Vorstellungen mancher russischer Emigranten eigenwillig miteinander verknüpft werden.
Bei der Betrachtung der Vorgänge, die vor 30 Jahren zur Auflösung der Sowjetunion führten, befinden wir uns immer noch in der Periode des Staunens. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es einige Jahre zuvor nur wenige wahrnehmbare Signale für den baldigen Zerfall des Sowjetreiches gegeben hatte. Auch viele Experten, wenn man von einigen Ausnahmen absieht, von denen hier noch die Rede sein wird, hielten den sowjetischen Koloss für saturiert und im Grunde für unbezwingbar. Wie kam es dann zur Auflösung des Sowjetimperiums, das noch kurz zuvor gemeinsam mit den USA die 1945 entstandene bipolare Welt entscheidend prägte? Mit einigen Aspekten dieser Entwicklung befasst sich diese Kolumne.
Die weltweiten Proteste gegen den Antrag der russischen Generalstaatsanwaltschaft, die Internationale Menschenrechtsorganisation „Memorial“ aufzulösen, zeigen, welches Ansehen diese Stimme des „anderen“, freiheitlichen Russland sowohl im Osten als auch im Westen genießt. Die Verdienste, die diese Organisation in den letzten Jahrzehnten erworben hatte, um die dunkelsten Kapitel der russischen bzw. der sowjetischen Geschichte aufzuarbeiten, sind nicht hoch genug einzuschätzen. Dem Kampf der Organisation „Memorial“ gegen die Verdrängung der dunkelsten Kapitel der russischen bzw. der sowjetischen Geschichte und den Hindernissen, die ihr dabei in den Weg gelegt werden, ist diese Kolumne gewidmet.
Vor dreißig Jahren – am 21. August 1991 – kapitulierten die Moskauer Putschisten, die beinahe alle Machthebel im Staate kontrollierten, vor ihren praktisch wehrlosen demokratischen Gegnern um Boris Jelzin. Dies lag nicht zuletzt daran, dass so gut wie niemand mehr im damaligen Russland an die kommunistische Utopie von der „lichten Zukunft“ glaubte. Aber etwa zwei Jahre später verspielten auch die siegreichen Demokraten weitgehend ihr Vertrauenskapital. Mit den Ursachen für diese Entwicklung befasst sich die folgende Kolumne von Leonid Luks
Der deutsch-sowjetische Krieg, der vor 80 Jahren mit dem Überfall Hitlers auf die UdSSR begann, gibt den Historikern, ungeachtet der partiellen Öffnung der russischen Archive, immer noch viele Rätsel auf. Warum scheiterte die Hitlersche Blitzkriegsstrategie, der seit September 1939 bereits neun europäische Länder zum Opfer gefallen waren, ausgerechnet auf sowjetischem Territorium? Woher nahm die sowjetische Gesellschaft, die seit Ende der 1920er Jahre durch das Stalinsche Terrorregime in einer außerordentlichen Weise drangsaliert und dezimiert worden war, die Kraft, um die siegesgewohnte Wehrmacht im Dezember 1941 vor den Toren Moskaus und ein Jahr später in Stalingrad aufzuhalten? All diesen Fragen ist das Werk des russischen Schriftstellers Wassili Grossman „Leben und Schicksal“ gewidmet, das nicht selten als einer der wichtigsten Romane des letzten Jahrhunderts bezeichnet wird. Mit diesem Roman befasst sich die folgende Kolumne.
Das vor kurzem erschienene Buch des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder und des Erlanger Historikers Gregor Schöllgen „Letzte Chance. Warum wir jetzt eine neue Weltordnung brauchen“ hat bereits ein lebhaftes mediales Echo hervorgerufen. Einige Rezensenten konzentrieren ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die radikale Amerika-Kritik der beiden Autoren, andere stören sich an dem Russlandbild, das Schröder und Schöllgen vermitteln. Mit dem letzteren Thema wird sich auch diese Kolumne befassen.
Der Charakter der totalitären Diktaturen, die in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden waren, wird seit Jahrzehnten von unzähligen Autoren erforscht. Minuziös werden die Unterschiede zwischen den totalitären Tyranneien und anderen Herrschaftssystemen herausgearbeitet. Umso bedenklicher wird es, wenn man die Ergebnisse dieser Forschung missachtet, und zwar durch eine partielle Gleichsetzung der totalitären Regime mit Systemen ganz anderer Art. Besonders verbreitet ist der Vergleich zwischen der US-amerikanischen Politik mit derjenigen des NS-Regimes.
Vor 75 Jahren, am 9. Mai 1945, feierte die UdSSR ihren Sieg über das Dritte Reich. Die damalige sowjetische Propaganda assoziierte diesen Sieg in erster Linie mit der Person Josef Stalins, der zu einem der größten Feldherrn der neuesten Militärgeschichte stilisiert wurde. Die wahren Sachverhalte sahen indes ganz anders aus.
Siegreiche Koalitionen bleiben nach der Bezwingung des gemeinsamen Gegners selten solidarisch. Der Zerfall solcher Koalitionen stellte in der neuesten europäischen Geschichte eher die Regel dar. Dies betraf z.B. die antinapoleonische Allianz nach 1815, die antirussische Koalition des Krim-Krieges nach der Niederlage des Zarenreiches oder die siegreiche Entente nach der Beendigung des Ersten Weltkrieges. Umso mehr galt diese Regel in Bezug auf die ideologisch und politisch so heterogene Allianz wie die Anti-Hitler-Koalition. Die Konturen des sich anbahnenden Kalten Krieges waren bereits während der zweiten Konferenz der „Großen Drei“, die vor 75 Jahren in Jalta stattfand, sichtbar.
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