Asylrecht raus aus dem Grundgesetz?

Der Präsident des BAMF fordert die Abkehr vom individuellen Asylrecht. Ist das eine gute Idee? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von kalhh auf Pixabay

In der Tagesschau hieß es:

Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Hans-Eckhard Sommer, hat sich für ein grundlegend anderes System für die Flüchtlingsaufnahme in Europa ausgesprochen. Es sei falsch, am individuellen Asylrecht festzuhalten und auf positive Effekte der beschlossenen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu hoffen, sagte Sommer bei einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.

Nun behauptet der Herr Sommer zwar, er habe auf der Veranstaltung  lediglich als Privatperson gesprochen und nicht als Präsident des BAMF, aber es wäre für den Papst auch eine kaum glaubwürdige Ausrede, wenn er behauptet, es sei nicht als Papst, sondern als Privatperson im Puff gewesen. Aber geschenkt. Der Teufel ist aus der Kiste und erstaunlicherwiese wird das auch noch unterstützt.

Also schau’n wir mal.

Die Bedeutung des individuellen Asylrechts für das Grundgesetz

Das individuelle Asylrecht ist ein fundamentales Element des deutschen Grundgesetzes und ein Ausdruck der historischen und moralischen Verpflichtung Deutschlands gegenüber Verfolgten. Es ist nicht nur ein juristisches Instrument, sondern auch ein humanitärer Grundsatz, der die Werte der Demokratie, Menschenwürde und Freiheit betont.

Historische Wurzeln des Asylrechts
Das Recht auf Asyl ist in Artikel 16a des Grundgesetzes verankert und geht auf die Erfahrungen Deutschlands mit politischer Verfolgung im 20. Jahrhundert zurück. Während der Zeit des Nationalsozialismus waren Millionen von Menschen gezwungen, aus Deutschland zu fliehen, um Verfolgung, Inhaftierung oder den Tod zu vermeiden. Nach dem Zweiten Weltkrieg erkannte Deutschland seine Verantwortung an, Verfolgten Schutz zu gewähren, was zur Verankerung des Asylrechts in der Verfassung der Bundesrepublik führte. Artikel 16 des Grundgesetzes in seiner ursprünglichen Form garantierte jedem politisch Verfolgten ein individuelles Recht auf Asyl.

Das Asylrecht im Wandel der Zeit
Mit der zunehmenden Globalisierung und den steigenden Fluchtbewegungen wurde das Asylrecht bereits mehrfach reformiert. Die größte Einschränkung erfolgte 1993 mit der Einführung des sogenannten Asyl-Kompromisses, der den Artikel 16a in seiner heutigen Form festlegte. Dieser sieht vor, dass Asylbewerber, die über sichere Drittstaaten nach Deutschland einreisen, keinen Anspruch auf Asyl haben. Diese Einschränkung wurde eingeführt, um die steigenden Asylzahlen zu kontrollieren und Missbrauch vorzubeugen: dennoch bleibt das individuelle Asylrecht ein wichtiger Bestandteil der Verfassung.

Bedeutung des Asylrechts für das Grundgesetz

Das Asylrecht ist eng mit der in Artikel 1 des Grundgesetzes verankerten Würde des Menschen verbunden. Die Bundesrepublik Deutschland bekennt sich damit zu den universellen Menschenrechten und setzt ein klares Zeichen gegen Unterdrückung und Verfolgung. Zudem spiegelt das Asylrecht die demokratischen Werte Deutschlands wider, indem es Schutz für diejenigen bietet, die in ihren Heimatländern keine Sicherheit finden. Zumindest tut es das alles auf dem Papier. In der Realität sieht das Bekenntnis zur Hilfegewährung an Verfolgte mittlerweile schon ganz anders aus, und einige Pareteien profitieren davon, dass sie den Hass auf Asylbewerber anheizen.

Darüber hinaus hat das individuelle Asylrecht auch noch eine völkerrechtliche Dimension. Deutschland ist durch internationale Abkommen wie die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 verpflichtet, Flüchtlingen Schutz zu gewähren. Die Einhaltung des Asylrechts ist daher auch eine Frage der internationalen Glaubwürdigkeit Deutschlands.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Trotz seiner Bedeutung steht das Asylrecht vor Herausforderungen. Eine zunehmende Zahl von Geflüchteten, offener Populismus, Fremdenfeinldichkeit und sicherheitspolitische Bedenken führen zu immer schärferen Debatten über die Begrenzung des Asylrechts. Zugleich wird diskutiert, wie Europa eine gerechtere Verteilung von Asylsuchenden organisieren kann, um eine Überlastung einzelner Staaten zu vermeiden. Alles zäh, alles ohne wirkliche Ergenisse.

Die Zukunft des Asylrechts hängt von der Balance zwischen humanitärem Schutz und der Notwendigkeit einer geordneten Migrationspolitik ab. Deutschland muss einerseits seinen völkerrechtlichen und moralischen Verpflichtungen nachkommen, andererseits aber auch tragfähige Konzepte entwickeln, um das Asylsystem effizient zu gestalten.

Das individuelle Asylrecht ist aber nun mal ein wesentlicher Bestandteil des Grundgesetzes und ein Ausdruck der Werte, auf denen die Bundesrepublik Deutschland basiert. Wer das abschaffen will, sollte sich gut überlegen, ob er Präsident des BAMF bleiben möchte und warum.

Trotz vielfältiger Herausforderungen bleibt das Asylrecht ein Zeichen humanitärer Verantwortung und der Verpflichtung, Menschen vor politischer Verfolgung zu schützen. In einer Zeit, in der Flucht und Migration global beherrschende Themen sind, bleibt das Asylrecht eine zentrale Frage demokratischer Grundwerte und der internationalen Solidaritat.

Ob es die überhaupt noch gibt, müssen Sie aber jemand anderen fragen. Ich sehe da langsam alles den Bach runtergehen.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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