Der Despot, den sie liebten
Robert Mugabe hat gerade für 700 Tausend Euro seinen 92 Geburtstag gefeiert. Seit mehr als 35 Jahren übt er ein Gewaltregime in Simbabwe aus. Das Regime ist korrupt, und die Menschen resignieren oder verlassen das Land. Ans Aufhören denkt der Diktator aber nicht.
Die Welt erregt sich über Robert Mugabe, den Despoten aus Simbabwe. Etwa 700.000 Euro soll die Feier seines 92. Geburtstages gerade gekostet haben. 60 Tiere wurden nach offiziellen Angaben für das Festmahl geschlachtet, Ehrenmitglied bei PETA wird der Mann nicht mehr. Dennoch verkündete das Staatsorgan „Sunday Mail“, dass Mugabes Geburtstag so wichtig sei, wie der von Jesus Christus. Harter Tobak in einem heruntergewirtschafteten Land mit einer Arbeitslosenquote von 80 Prozent, ständigen Hungersnöten und einer lange Zeit galoppierenden Inflation, die 2009 in einem weltweiten Spitzenwert von 231.150.888,87 (!) Prozent gipfelte.
Ohne die Hilfe des Welternährungsprogramms und Überweisungen der Auslandssimbabwer, allein drei Millionen von ihnen leben in Südafrika, wären im ehemaligen Rhodesien längst alle Lichter ausgegangen. Zu der ökonomischen Malaise kommen Gewaltexzesse der Machthaber. Weiße Farmer ließ Mugabe ebenso von seinen Schergen zusammenschießen- oder schlagen, wie schwarze Oppositionelle oder Gewerkschafter. Stadtviertel, in denen bei Wahlen trotz allgegenwärtiger Repression und Überwachung gegen die Regierungspartei ZANU-PF gestimmt wurde, ließ das Regime kurzer Hand von Baumaschinen niederwalzen. Da verwundert es nicht, dass sich der Diktator an schlechten Tagen mit Adolf Hitler vergleicht und sich immer wieder einmal denselben kleinen Oberlippenbart stehen lässt, der auch Markenzeichen des Braunauers war.
Deutsche Band widmete Diktator Pop-Song
Manch einer, der heute zu recht in den Chor der Empörten einstimmt, dürfte vielleicht einmal zu denen gehört haben, die den einstigen marxistischen Guerillero in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Hoffnungsträger Afrikas gefeiert haben. Persönlich kann ich mich an lobende Worte einiger Alt-68er unter meinen Lehrern erinnern. Ein paar ehemalige Mitglieder der NDW-Band Spliff widmeten dem Machthaber sogar den Pop-Song „Bobby Mugabe, Boss of Simbabwe“. Selten war der Spruch „politisch Lied, garstig Lied“ wohl so zutreffend.
Nach seiner Wahl zum Regierungschef der jungen Republik im Jahr 1980 gab der einstige Widerstandskämpfer nach außen hin den lupenreinen Demokraten. Gemäß dem von Großbritannien vermittelten „Lancaster-House-Abkommen“ verzichtete er auf Rache gegenüber dem früheren Apartheid-Regime. Mit den Weißen verständigte sich Mugabe auf eine Landreform, zudem durften die Weißen ihre Privilegien behalten. Zehn Jahre lang hatten sie sogar das Recht, mit einer bestimmten Abgeordnetenzahl im Parlament vertreten zu sein.
Mugabe ließ tausende Ndebele abschlachten
Doch schon damals schaute unter der Maske des Staatsmannes häufig die Fratze des Tyrannen, des Despoten hervor. Irgendwann Mitte der 80er muss ich im Weltspiegel, dem Auslandsjournal einen Bericht über Mugabes Feldzug gegen den Stamm der Ndebele gesehen haben. Deren politischer Führer, Joshua Nkomo, war ein politischer Gegner des Regierungschefs sowie ein ernsthafter Rivale im Kampf um die Macht. Wie man heute weiß, sollen auf Geheiß Mugabes damals schätzungsweise 20.000 Ndebele getötet worden sein. Aderlass und Terror waren jedenfalls so groß, dass sich Nkomo 1987 Mugabe unterwarf und fortan keine entscheidende Rolle mehr spielte. Im gleichen Jahr noch ließ der Despot die Verfassung zu seinen Gunsten ändern und zog auch öffentlich spürbar die Zügel an. Wer Augen hatte zu sehen und Ohren zu hören, der konnte wissen, dass Mugabe kein Säulenheiliger der Entkolonialisierung, sondern im besten aller Fälle ein eiskalter Autokrat war. Seine Fans in Deutschland wollten die Entpuppung des von ihnen Verehrten aber nicht wahrhaben bzw. wahrnehmen. Während man Diktatoren gleicher Güteklasse, wie etwa den chilenischen Putschisten Pinochet oder haitianischen Voodoo-Fan Jean-Claude Duvallier, zu recht ächtete, wurden Mugabes Untaten bis in die 90er Jahre noch allzu oft verdrängt.
Mit dem Niedergang von Simbabwes Wirtschaft ging der Herrscher immer mehr dazu über, die Weißen zu Sündenböcken zu machen. Statt weiter auf Landreformen zu setzen, wurden die Farmen nun gewaltsam übernommen und ihre einstigen Besitzer nicht selten getötet oder mit Gewalt zur Ausreise getrieben. Auch verkündete „Comrade Bob“ mittlerweile offen, dass Weiße keine Unternehmen besitzen dürften. Noch kleingeistiger wirkte Simbabwes Staatschef auf die Welt als Nelson Mandela in Südafrika aus der Haft entlassen wurde und bald darauf als Präsident echte Aussöhnung zwischen schwarz und weiß nicht nur einforderte, sondern diese auch aktiv vorlebte. Die Macht gab Mandela übrigens nach nur einer Wahlperiode freiwillig ab.
Dramatischer wirtschaftlicher Niedergang
In Simbabwe dagegen übergab Mugabes Regime die frei gewordenen landwirtschaftlichen Flächen nicht etwa an schwarze Landarbeiter, die etwas von der Sache verstanden hätten, sondern an Genossen aus der Regierungspartei oder Familienangehörige führender Kader. Ungleichverteilung und Großgrundbesitz blieben. Profitiert hatten davon aber fast ausschließlich ahnungslose und korrupte Eliten, für die diese neugewonnenen Latifundien mehr Prestigeobjekte denn wirtschaftliche Betätigungsfelder waren.
Auch sonst zog unter Mugabe und Genossen immer mehr der Schlendrian in Afrikas einstiger Vorzeigewirtschaft ein. Binnen weniger Jahre fehlten Millionen Tonnen an Getreide, die Produktion des Hauptexportartikels Tabak fiel um 75 Prozent. Auch die Lebensqualität verschlechterte sich dramatisch. Betrug die Sterberate im Zeitraum zwischen 1970 und 1975 noch 14,4 je tausend Einwohner, so schoss sie auf 27 je tausend Einwohner im Zeitraum von 2000 bis 2005 hoch. Die Lebenserwartung der Frauen fiel dagegen in den Vergleichsjahren von 53 auf 33 Jahren, bei den Männern sank sie von 50 auf 34 Jahre.
Greis will noch mit 99 Jahren regieren
Angesichts dieser – auch für afrikanische Verhältnisse dramatischen Zahlen – hat Simbabwe in den Mugabe-Jahren einen unvergleichlichen wirtschaftlichen und moralischen Niedergang erlebt. Das Land im südwestlichen Afrika ist zum Gewaltlabor und Armenhaus verkommen. Ein derart erfolgloser, ja zynischer Politiker hätte Protestsongs verdient und keine wohlfeilen Pophymnen.
Einsicht und Besserung indes sind vom senilen Machthaber auch jetzt nicht zu erwarten. Im Gegenteil, in seiner Geburtstagsrede kündigte der Greis an, 2018 noch einmal für eine fünfjährige Amtszeit zu kandieren. An deren Ende wäre er 99 Jahre alt! Es sieht so aus, als würde die Passion Simbabwes andauern. Die Lobhudelei, die man lange aus Teilen des Westens vernahm, die indes ist verstummt.
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