Mythos, Macht, Moneten

Am 17. Dezember kommt „The force awakens“, der neuste Streifen aus der Star Wars-Reihe in die Kinos. Während Fans auf die Forstsetzung des Kults warten, verteufeln Skeptiker den Kommerz. Dabei vergessen die Kritiker: Star Wars mag Kommerz sein, aber perfekt gemachter. Zudem hat Regisseur Abrams bewiesen, Mythen pflegen und weiterentwickeln zu können.


Für viele Filmexperten hat J. J. Abrams den schwersten Job der Welt. Entweder rückt er in den Olymp der Hollywood-Götter auf – oder er wird zur Hassfigur für Millionen Science Fiction Fans. Entschieden wird sein Schicksal an den Kinokassen und in den Feuilltons der großen Zeitungen und Filmzeitschriften. Nicht nur dort erwartet man mit Spannung „Das Erwachen der Macht“ am 17. Dezember (im englischen Original: „The force awakens“). Nicht nur bei eingefleischten Freunden der Reihe heißt es: Die siebte Verfilmung von Star Wars ist der meist herbei gesehnte Blockbuster des 21. Jahrhunderts. Eine Nummer kleiner geht wohl nicht.

Nach dem sich Star Wars-Erfinder George Lucas aus dem Sternenkriegsgeschäft zurückgezogen hat und sein Filmimperium 2012 an den Disney-Konzern versilbern konnte, zeichnet nun erstmals Abrams für den Space-Kult verantwortlich.

Abrams hat schon Star Trek erfolgreich verjüngt

Einen besseren Thronerben als den New Yorker hätte sich Lucas kaum wünschen können. Als Produzent und Drehbuchautor hatte der Serien wie „Lost“ oder „Fringe“ erfunden, von deren Genialität die meisten seiner mediokren deutschen Kollegen nicht mal zu träumen im Stande sind. Als Regisseur belebte er dann die als Tom-Cruise-One-Man-Show belächelte Mission-Impossible-Reihe wieder. Vor allem aber gab er „Star Trek“ (hierzulande auch als „Raumschiff Enterprise“ bekannt) ein neues junges Gesicht. Wenn man jemandem zutrauen kann, den dicksten Brocken der Sci-Fi-Welt zu stemmen, dann sicher Abrams.

Allerdings ist Star Wars nicht nur Film, sondern Kult der extremsten Form. Für Hardcore-Fans sogar eine Art Religion – mit Meister Yoda als Ersatzgott für filmaffine Atheisten. Misslingt Abrams sein Remake, dann ist das für diese nicht einfach schlechte Kunst, sondern Blasphemie.

Mythische Figuren und einzigartige Effekte

Bei stärker in der realen Welt verorteten Zeitgenossen löst Star Wars zumindest nostalgische Gefühle aus. Wer in den 70er Jahren seine Kinoinitalisierung erlebte, für den waren die Abenteuer von Luke Skywalker & Co. ein Erweckungserlebnis, ein Quantensprung in fremde Galaxien. Nie zuvor gesehene Actionszenen, halbwegs realistische Schlachten von Raumkreuzern im Weltall, Laserschwert-Gefechte zwischen Jedi und Sith. Lucas ließ Phantasie scheinbar Wirklichkeit werden. Dazu mythische Figuren wie der maskierte Bösewicht Darth Vader oder Weltraumsamurai Yoda. Bildzauber und Märchenkunst zugleich!

Nie zu vor hat ein Film das moderne Blockbuster-Kino derart revolutioniert, wie der 1977 gestartete erste Streifen „Eine neue Hoffnung“. Nur drei Jahre später setzte Lucas mit „Das Imperium schlägt zurück“ noch einen drauf. Die Zweitauflage wurde von der Zeitschrift Empire zum besten Film aller Zeiten gewählt. Ein Urteil, das nicht nur Fans teilen.

„Dunkle Bedrohung“ ist unterbewertet

Dass ein Mythos ein gewaltiger Rucksack sein kann, musste Lucas selbst erfahren, als er den Kult 1999 – nach 16 Jahren Pause – wiederbelebte. Zwar spielte das Prequel „Die dunkle Bedrohung“ weltweit rund 924 Millionen Dollar ein, ohne Inflationsbereinigung war er finanziell – man höre und staune – der erfolgreichste Film der bisher gezeigten Star Wars-Folgen. Fans und Kritiker waren allerdings geteilter Meinung.

Roger Ebert lieferte in der Chicago Sun Times vielleicht die realisitischste Einschätzung zum 1999er Remake: „Wenn es sich um den ersten Star-Wars-Film handeln würde, so würde man ,Die dunkle Bedrohung‘ als visionären Durchbruch feiern“, so der Kritiker. Weiterhin fügte er hinzu: „Wie schnell wir uns doch an Wunder gewöhnen!“ Und Wunder, das weiß Abrams, kann auch er jetzt eher nicht vollbringen.

Disney setzt auf Marketing pur

Aber es ist nicht nur die Last des Kults, die der aktuellen Fortsetzung zu schaffen macht. Schwerer noch dürfte die Last des Kommerz wiegen. Der neue Rechteinhaber der erfolgreichsten Filmfranchise aller Zeiten, das Disney-Imperium, gibt dem Marketing-Affen so richtig Zucker. Tassen, Sammelbilder, Kleidung, Spielfiguren – es gibt nichts, worauf der Micky-Mouse-Konzern nicht die Konterfeis von Darth Vader, Han Solo oder dem neuen Superschurken Kylo Ren drucken lässt. Und billig, das versteht sich von selbst, ist das Weltall-Merchandising auf keinen Fall. Sci-Fi freundliche Eltern können da vor Weihnachten ganz schön für ihre Sprösslinge in die Tasche greifen – und sich dann selbst am meisten über das Weltraum-Spielzeug freuen.

Von den Lichtspielhäusern verlangt der Unterhaltungsriese aus Florida statt dem bislang üblichen Anteil von 47,7 Prozent vom Umsatz sage und schreibe 53 Prozent der Einnahmen. Es gibt kleine Kinos, dieser ob dieser Zahlen auf eine Star Wars Aufführung verzichten. Geht bei soviel Mammon der Zauber nicht völlig verloren?

Mindestens solider Blockbuster

Ohne den Film zu kennen, extreme Geheimniskrämerei ist Teil von Disneys` Strategie, kann man an dieser Stelle schon Entwarnung geben. Ehrgeiz, Kreativität und Referenzen von Abrams sprechen, ebenso wie die Fragemente, die man aus Foren und Trailern aufschnappen konnte, zumindest dafür, dasss „The force awakens“ mindestens sehr solides Action-Kino bietet. In der Liga von aktuellen Blockbustern wie „Die Tribute von Panem“, „Divergent“ oder dem neusten Bond-Streifen kann Star Wars VII auf jeden Fall mitspielen.

Mit Auftritten von Heroen aus den Anfängen von Star Wars, wie etwa „Han Solo“ Harrison Ford, Zottelwesen Chewbacca oder Carrie Fisher aka Prinzessin Leia, will Abrams zudem für Herzerwärmen bei Anhängern der ersten Stunden sorgen. Dazu könnten junge, interessante Schauspieler wie die Britin Daisy Ridley einen ähnlichen Durchbruch feiern, wie einst eben Ford in seiner Paraderolle. Auch fehlt ein „Abtörner“ wie der glupschaugige Jar Jar Binks, der in „Die dunkle Bedrohung“ ganz allein einen Großteil der Fans gegen den Film aufbrachte.

Kommerz-Kritik ist besonders dann nicht ernst zu nehmen, wenn sie von hiesigen Sauertöpfen, die ansonsten dem hohlen Götzen deutscher Fernsehunterhaltung, dem Tatort, huldigen, kommt. Selten wurde ein Pferd dermaßen zu Tode geritten, wie die in gefühlt hundert Ermittlerteams ausfransende Kriminalreihe mit dem angeblich so hohen Anspruch.  Dagegen sind Lucas & Co. mit Star Wars beinahe schon homöopathisch sparsam umgegangen.

Pferd nicht zu Tode reiten

Die Macht sollte also mit Abrams und seinem Sternenkrieg-Sequel sein. Wenn man aber hört, dass Disney nun noch weitere Ableger und Spin-Offs von Star Wars plant, dürften die Fans aber doch stutzig werden. Das wäre wirklich eine ,Tatortisierung‘. Irgendwann kann man aber selbst das gesundeste Pferd zu Tode reiten.

Andreas Kern

Der Diplom-Volkswirt und Journalist arbeitet seit mehreren Jahren in verschiedenen Funktionen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Kern war unter anderem persönlicher Referent eines Ministers, Büroleiter des Präsidenten des Landtages von Sachsen-Anhalt sowie stellvertretender Pressesprecher des Landtages. Er hat nach einer journalistischen Ausbildung bei einer Tageszeitung im Rhein-Main-Gebiet als Wirtschaftsredakteur gearbeitet . Aufgrund familiärer Beziehungen hat er Politik und Gesellschaft Lateinamerikas besonders im Blick. Kern reist gerne auf eigene Faust durch Südamerika, Großbritannien und Südosteuropa.

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