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Donald Trump behauptet, in Springfield würden Hunde und Katzen von Ausländern gegessen. Völlig gaga. Aber warum glauben Menschen so einen Unfug? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von Susann Mielke auf Pixabay

Warum halten sich selbst die schwachsinnigsten Verschwörungstheorie so hartnäckig?

Die Erde ist Scheibe eine, die Mondlandung war ein Schwindel, und die Eliten bestimmen die Welt und damit heimlich unser aller Schicksal. Verschwörungstheorien sind nicht neu – sie sind so alt wie die Menschheit selbst. Doch warum halten sie sich so hartnäckig? Verschwörungstheorien sind seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil der menschlichen Gesellschaft. Von der Vorstellung geheimer Eliten, die die Welt regieren bis hin zu komplexen Narrativen über wissenschaftliche oder historische Ereignisse — Verschwörungstheorien tauchen in den unterschiedlichsten Bereichen auf. Trotz umfassender Aufklärung und wissenschaftlicher Erkenntnisse halten sich viele dieser Theorien hartnäckig und finden immer wieder neue Anhänger. Die Gründe hierfür sind vielfältig und betreffen sowohl psychologische Mechanismen als auch soziale, politische und technologische Entwicklungen.

Psychologische Bedürfnisse und kognitive Verzerrungen

Einer der Hauptgründe, warum Verschwörungstheorien so beständig sind, liegt in grundlegenden psychologischen Bedürfnissen des Menschen: Menschen suchen nach Erklärungen, die Sinn und Struktur in eine oft komplexe und unsichere Welt bringen. Verschwörungstheorien bieten scheinbar einfache Erklärungen für komplizierte Phänomene und bieten eine klare Unterscheidung zwischen Gut und Böse, Tätern und Opfern.

Kognitive Verzerrungen wie der Bestätigungsfehler („confirmation bias“) verstärken diese Tendenz: Menschen neigen dazu, Informationen selektiv wahrzunehmen und bevorzugen solche, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen. Wer an eine Verschwörungstheorie glaubt, wird eher nach Nachrichten oder Beweisen suchen, die diese Theorie stützen, während widersprechende Informationen abgelehnt oder ignoriert werden. Dies führt zu einer selbsterhaltenden Dynamik, bei der Verschwörungstheorien sich trotz gegenteiliger Beweise weiter verfestigen.

Gefühl von Kontrolle und Sicherheit

In unsicheren Zeiten oder Krisensituationen neigen Menschen dazu, verstärkt nach Erklärungen zu suchen, die ihnen ein Gefühl von Kontrolle und Sicherheit vermitteln. Verschwörungstheorien können diese Funktion erfüllen, indem sie eine klar erkennbare Ursache für negative Ereignisse liefern. Während Zufälle und komplexe Zusammenhänge oft schwer zu verstehen sind, bietet die Vorstellung einer geplanten Verschwörung eine scheinbare Gewissheit. Dies wurde beispielsweise während der COVID-19-Pandemie deutlich, als zahlreiche Verschwörungstheorien über den Ursprung des Virus, seine Verbreitung und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie aufkamen. Die halten sich bis heute.

Als ich vor ein paar Tagen auf Facebook mitteilte, dass ich kürzlich erneut an Corona erkrankt war, kamen gleich ein paar Impfgegenr aus den Löchern und wiesen mich darauf hin, daas die Erkrankung durch die Impfung käme. Davon sind die auch nicht abzubringen. Mittlerweile ist es mir auch zu mühsam, einen Impfgegner zu überzeugen. Klappt eh nicht.

Der Glaube an eine Verschwörung vermittelt das wohlige  Gefühl, etwas Geheimes zu wissen, das der breiten Öffentlichkeit verborgen bleibt. Dieses „geheime Wissen“ kann das Selbstwertgefühl stärken und ein Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen schaffen, die „den wahren Plan“ angeblich nicht erkennen.

Soziale Dynamiken und Gruppenbildung

Verschwörungstheorien bieten auch einen starken sozialen Zusammenhalt. In Zeiten wachsender gesellschaftlicher Fragmentierung und Entfremdung bieten sie eine Möglichkeit, sich einer Gruppe anzuschließen, die sich als im Besitz der „Wahrheit“ sieht. In diesen Gruppen entsteht eine starke Identität, die durch den gemeinsamen Glauben an die Verschwörung gestärkt wird. Außenseiter, die die Verschwörungstheorie ablehnen, werden oft als Teil des feindlichen „Systems“ oder als „Schlafschafe“ betrachtet, was den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe weiter fördert.

Zusätzlich spielen auch soziale Medien eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Verstärkung von Verschwörungstheorien. Plattformen wie Facebook, YouTube und X erlauben es, Informationen schnell und weit zu verbreiten. Diese Plattformen begünstigen oft extreme und emotionale Inhalte, da sie mehr Aufmerksamkeit erregen und viral gehen. Durch Algorithmen, die Inhalte nach der Wahrscheinlichkeit ihres Engagements empfehlen, werden Nutzer immer tiefer in eine Echokammer gezogen, in der nur noch Informationen erscheinen, die ihre Überzeugungen bestätigen.

Misstrauen gegenüber Autoritäten

Ein weiterer zentraler Faktor für die Hartnäckigkeit von Verschwörungstheorien ist das wachsende Misstrauen gegenüber Institutionen und Autoritäten. In vielen Gesellschaften hat sich in den letzten Jahrzehnten ein tiefes Misstrauen gegenüber Regierungen, Wissenschaftlern, den „Staats“-Medien und anderen Institutionen  wie der Justiz entwickelt. Skandale, Fehlentscheidungen und Desinformation haben das Vertrauen in diese Autoritäten untergraben. Verschwörungstheorien blühen besonders in Zeiten, in denen das Vertrauen in offizielle Erklärungen schwach ist.

Politische Eliten oder wirtschaftliche Interessen, die sich oft als intransparent oder unzugänglich darstellen, tragen ebenfalls dazu bei. In vielen Verschwörungstheorien wird davon ausgegangen, dass eine kleine Gruppe von mächtigen (häufig jüdischen) Individuen oder Organisationen im Geheimen das Weltgeschehen kontrolliert. Diese Theorien spielen auf reale Probleme an, wie die Konzentration von Macht und Reichtum, und nutzen diese, um eine scheinbare Logik für ihre Behauptungen zu konstruieren. Dass sie dabei blanken Antisemitismus darstellen, wird wohl vielen Nachplapperern gar nicht bewusst oder aber völlig egal sein.

Desinformation und Propaganda

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Hartnäckigkeit von Verschwörungstheorien ist die gezielte Verbreitung von Desinformation und Propaganda. In vielen Fällen werden Verschwörungstheorien bewusst von Akteuren verbreitet, die politische, wirtschaftliche oder ideologische Ziele verfolgen. Regierungen, politische Gruppen oder Unternehmen nutzen Verschwörungstheorien, um von eigenen Missständen abzulenken, das Vertrauen in den Gegner zu untergraben oder bestimmte Bevölkerungsgruppen zu manipulieren.

Das Internet hat diese Dynamik noch verstärkt, da es die Möglichkeit bietet, gezielt falsche oder irreführende Informationen zu verbreiten. Früher saß der Depp nur an der Theke, um dort seine braunen Wahrheiten zu verbreiten und damit zwei oder drei andere Idioten zu beeindrucken. Heute könne Trolle, automatisierte Bots und andere Akteure  gezielte Desinformation effizient und anonym streuen, was Korrektur und Aufklärung erheblich erschwert.

In Springfield, wo etwa 15.000 Haitianer leben, hat Trumps dreckige Wahlkampfbehauptung bereits für eine Bombendrohung gegen  das Rathaus geführt. Die Bevölkerung hat Angst. Aber das wird den lügenden Präsidentschaftskandidaten und seine Anhänger nicht stören. Im Gegenteil. Das hat er eingepreist.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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