Der Fall Mazraoui

Fußball gehört sicherlich nicht zu den moralisch saubersten Dingen, die es auf der Welt gibt. Schwalben, nachtreten, bis hin zu handfesten Tätlichkeiten sind auf den Plätzen in allen Ligen zu finden, der schlechte Ton gegenüber den Schiedsrichtern gehört zum guten Ton. Eine Kolumne von Christian Unger


Bild von Photoholiday auf Pixabay

Der Fall Mazraoui ist nur auf den ersten Blick geklärt – letztlich bleiben viele Fragen, die ich nur in eine Richtung beantworten kann. Und sie zeigen die ganze Verdorbenheit dieses Profisports.

Für alle, die es nicht komplett mitbekommen haben, hier noch mal eine kurze Zusammenfassung, was passiert ist:

• Die islamistische Terrororganisation Hamas, deren oberstes Ziel die Vernichtung des Staates Israel und alles jüdischen Lebens ist, hat einen massiven Terrorangriff auf Israel durchgeführt. Dabei starben ca. 1.400 Menschen, fast alles Zivilsten und sehr viele Kinder. Babys wurden enthauptet, kleine Kinder mit ihren Müttern bei lebendigem Leib verbrannt. Wer dazu Bild- und Videobelege möchte, kann sie auf Seiten der Terroristen finden – wem sein Seelenheil und seine psychische Gesundheit lieb sind, sollte es nicht tun. Außerdem wurden 200 Personen, auch hier fast alles Zivilisten und viele Kinder, die jüngsten erst wenige Monate alt, entführt.

• Israel hat mit einem massiven militärischen Schlag auf die Hamas in Gaza geantwortet. Dabei sind mit Sicherheit auch unschuldige Zivilisten gestorben, da dies in einem Krieg leider nicht immer mit absoluter Sicherheit zu vermeiden ist. Dabei faken und erfindet die Hamas natürlich die Opferzahlen – so berichtet sie von einem israelischen Angriff auf ein Krankenhaus mit fast 500 Toten, welchen aber weder Israel zu verantworten hat, noch es 500 Tote gab noch überhaupt ein Krankenhaus getroffen wurde.

• Wie immer gibt es auch in den westlichen Ländern Menschen, die sich mit der Hamas solidarisieren und jede Propaganda verbreiten. Da sind dann die üblichen Verdächtigen, die niemanden überraschen: Die, die auch Russland toll finden – also links- wie rechtsextreme Freunde von „starken Männern“ an der Spitze eines Staates und Hass auf westliche Demokratien. Und natürlich radikale Muslime. Darunter waren auch einige Profifußballer wie Noussair Mazraoui, Rechtsverteidiger des FC Bayern München.

Pflicht

Dabei kann man nun sicherlich unterschiedlicher Meinung sein, was Israel und Israels Antwort auf diesen Terrorangriff anbetrifft. Das es eine Antwort geben muss, ist im Angesicht von 200 entführten Kindern, Frauen und Männern aber überhaupt nicht zu bezweifeln. Jeder Staat ist verpflichtet, seine Bevölkerung zu schützen und aus der Geiselnahme zu befreien. Das einer Bodenoffensive Luftschläge vorausgehen, ist militärisch notwendig. In Anbetracht von 1400 Toten, bestialisch niedergemetzelt, viele vorher vergewaltigt und gefoltert, ist für mich eine militärische Antwort trotz der leider zu erwartenden zivilen Opfern alternativlos. Nur so lassen sich zukünftige Angriffe verhindern.
Wenn man hingegen der Meinung ist, dass die Freilassung der Geiseln auf diplomatischem Weg besser ist und es wegen der zivilen Opfern keinen Militärschlag geben darf, ist das grundsätzlich auch nicht zu beanstanden.

Da geht aber beispielsweise ein Noussair Mazraoui weit darüber hinaus. Er schrieb unter anderem in den sozialen Medien:

Gott, hilf unseren unterdrückten palästinensischen Brüdern in Palästina, damit sie den Sieg erringen.“

Dazu postete er eine palästinensische Flagge. Die 1.400 ermordeten und 200 entführten mehrheitlich israelischen Staatsbürgern erwähnte er nicht.

Natürlich hat der FC Bayern als Weltkonzern eine große PR-Abteilung mit einiger Expertise. Und diese ist in der Analyse um so erstaunlicher. Dort heißt es unter anderem in einer Stellungnahme:

Noussair Mazraoui hat uns glaubwürdig versichert, dass er als friedliebender Mensch Terror und Krieg entschieden ablehnt. Er bedauert es, wenn seine Posts zu Irritationen geführt haben,

 

sagt Jan-Christian Dreesen, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern, und erklärt:

Der FC Bayern verurteilt den Angriff der Hamas auf Israel.“ – „Darüber hinaus“, erklärt Noussair Mazraoui, „verurteile ich jede Art des Terrorismus und jede Terrororganisation.”

Beim schnellen Lesen könnte man nun auf die Idee kommen, dass der Rechtsverteidiger des FC Bayern, Noussair Mazraoui, den Angriff der Hamas auf israelische Kinder, Frauen und Männer verurteilt haben würde. Genau das hat er aber nicht gemacht. Wem das nicht aufgefallen ist:

Als erstes kommt der Spieler zu Wort: Er sei ein friedliebender Mensch und lehnt Terror und Krieg ab. Aha.

Als nächstes kommen wir dann aber ganz explizit zum Terrorangriff auf die israelische Zivilbevölkerung. Plötzlich äußert sich aber nicht mehr der Spieler. Nicht Noussair Mazraoui, der angeblich so friedliebende Mensch, lehnte diesen Terrorangriff ab. Sondern plötzlich ist es nur noch der FC Bayern München.

Danach wird dann erklärt: Sowohl Spieler als auch der FC Bayern lehnen Terrororganisationen natürlich ab. Plötzlich ist Mazraoui also wieder mit dabei. Nur wird diesmal wieder kein Wort über die Hamas gesagt. An anderer Stelle ist das ebenso: Auch bei der Unterstützung der teilweise bereits angegriffenen jüdischen Gemeinden ist der FC Bayern dabei, nur der Spieler will da in der selben Stellungnahme wohl nicht miterwähnt werden. So friedliebend scheint er dann eben doch nicht zu sein, um Molotowcocktails auf Synagogen abzulehnen.

Zufall?

Bei einem Verein mit über 1.000 Mitarbeitern, deren Presseabteilung vermutlich mehr Angestellte hat als manch anderer Profiverein insgesamt?
Kommen wir doch einmal zu Mazraouis ursprünglichen Post zurück, den ich hier gerne noch mal zitiere:

Gott, hilf unseren unterdrückten palästinensischen Brüdern in Palästina, damit sie den Sieg erringen.“

Jetzt könnte man natürlich die Frage stellen: Welche Brüder meint er? Und vor allem: Was ist mit einem Sieg gemeint? Wie soll der denn errungen werden? Es ist Krieg und wer in einem Krieg von Sieg spricht, meint einen militärischen Sieg. Was ein militärischer Sieg der Hamas bedeutet, muss ich wohl niemanden erklären: Das oberste Ziel der Hamas ist die Vernichtung Israels und alles jüdischen Lebens. Sollte die Hamas gewinnen, wäre es nicht nur mit Israel vorbei, sondern auch die Bewohner Israels würden mehrheitlich ermordet oder wenigstens vertrieben werden. Will das also der „friedliebende“ Mensch Mazraoui?
Aber lehnte der Spieler nicht zumindest Terrorismus allgemein ab und damit auch die Hamas?

Nein, eben nicht! Wie wir gesehen haben, sprach an dieser Stelle plötzlich nur noch der FC Bayern München. Selbstverständlich sieht sich die Hamas nicht als Terrororganisation. Sie beschreibt sich selbst als „eine palästinensische, islamische, nationale Befreiungs- und Widerstandsbewegung“. Nachdem sie über ihre Kanäle zahlreiche Videos verbreitete, wie sie auf bestialische Art Zivilisten abschlachtete, erklärte der Pressesprecher der Hamas wenige Tage später, dass man natürlich überhaupt keine Zivilisten angegriffen habe. Und ja, scheinbar gibt es Idioten, die das tatsächlich glauben.

In der radikalen islamistischen Szene sind Angriffe auf jüdische und/oder israelische Zivilisten kein Terrorismus. Sondern sie alle sind legitime Ziele. So wie es einst Adolf Eichmann, SS-Offizier und im Reichssicherheitshauptamt zentral für die „Judenfrage“ verantwortlich, auch einst gesagt hatte: Man müsse die Kinder beseitigen, denn sie wären es, die ihre Eltern rächen. Wenn man die Kinder beseitige, sei das Problem weg. Genau hinter dieser Idee steckt auch die Hamas.
Fassen wir die Aussagen des Noussair Mazraoui also zusammen:
• Er will einen Sieg der „palästinensischen Brüder“ im Krieg mit Israel
• Er lehnt Terrorismus ab
• Wenn es um den expliziten Terrorangriff der Hamas gegen israelische Zivilisten oder die Unterstützung jüdischer Gemeinden geht, ist er in der selben Presseerklärung aber still

Liest man das in Kombination mit dem, dass radikale Islamisten die Hamas nicht als Terrororganisation sehen, sondern als „Widerstandsgruppe“, die legitim das jüdische Leben auslöschen wolle, lässt sich nur ein Schluss ziehen:

Der Rechtsverteidiger des FC Bayern München gehört zu diesen radikalen Islamisten, die die Hamas nicht als Terrororganisation sehen und er damit den Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten nicht verurteilt. Damit ist auch klar, was er nach einem Sieg der Hamas möchte.

Wenn dem nicht so ist, muss er und der FC Bayern sich halt erklären: Warum lehnt der Spieler den Angriff der Hamas auf Zivilisten in der Stellungnahme nicht ab, sondern da steht spricht plötzlich nur der FC Bayern? Welchen Sieg wünscht der Spieler welchen „palästinensischen Brüdern“? Von Zufall oder Versehen kann man beim Weltkonzern FC Bayern nicht ausgehen. Und man kann nicht davon ausgehen, dass das bei Bayern niemanden aufgefallen ist. Statt dessen scheint man mit dem Islamisten und Terroristenfreund in den eigenen Reihen keine allzu großen Probleme zu haben.

Während sich viele Vereine das „Nie wieder“ auf die Fahnen geschrieben haben, nachdem sie vor 90 Jahren die Juden aus den Vereinen getrieben haben, scheinen bei einigen Vereinen wie dem FSV Mainz 05 auch Taten zu folgen: Anwar El Ghazi, der mit einer ähnlichen Propaganda wie der Bayernspieler aufgefallen ist und sportlich sehr wichtig wäre, wurde von Mainz freigestellt.

Bei Bayern scheint das „Nie wieder!“ nur eine nichtverpflichtende Phrase zu sein. Statt dessen scheint man „Uns egal! Hauptsache wir gewinnen die Champions League!“ als Vereinsräson ausgegeben worden zu sein. Damit zeigen die Bayern einmal mehr, dass sie die viel beklagte Verdorbenheit im Profifußball nicht nur perfekt beherrschen – inzwischen haben sie diese Verdorbenheit auf ein neues, unfassbares Maß gehoben.

Update:

Seit dem Schreiben dieses Beitrags hat sich auch der Mainzer Profi Anwar El Ghazi geäußert. Dieser wurde beim 1. FSV Mainz 05 freigestellt, nach dem er u.a. folgendes geäußert hatte:

From the river to the sea – Palestine will be free

Dieses gilt als Code in der islamistischen Szene und wurde vielfach – auch in der deutschen – Presse als solches benannt. Es soll bedeuten, dass sich Palästina vom Fluß Jordan bis zum Mittelmeer ausdehnen solle – was die Auslöschung des Staates Israel bedeutet und ebenso beinhaltet, dass dort alles jüdisches Leben ausgelöscht werden soll.
Diesen Post hat er später gelöscht und sich nun erneut öffentlich auf Instagram geäußert. Dort sagte er u.a.:

Ich verurteile die Tötung aller unschuldigen Zivilisten in Palästina und Israel.

Danach sagte er, dass

meine bisherigen Äußerungen in den sozialen Medien missverstanden wurden“. (sic!)

Hier ist ebenso erstaunlich, was exakt gesagt wurde und was nicht. Zwar stehen hinter dieser Äußerung keine millionenschwere Presseabteilung wie beim FC Bayern München. Aber wie jeder Fußballprofi ist auch El Ghazi ein Medienprofi: Regelmäßig werden zigtausende bis zehntausende Euro ausgegeben, damit Fußballprofis lernen, wie sie vor der Kamera nicht die Wahrheit sagen, ohne dabei zu lügen. Das Fußballer wie früher ein Mario Basler frei Schnauze reden können, ist schon lange vorbei – und auch wenn einiges, was Basler sagte, sicherlich keinen Preis verdient hat, nervt das weichgespülte Gelaber der heutigen Profis zahlreiche Fußballfans.

Auch El Ghazi nannte die Hamas nicht mit einem Wort. Auch El Ghazi äußerte sich nicht zu dem Terroranschlag der Hamas, bei dem 1.400 Personen ermordet und weit über 200 entführt worden, darunter fast alles Zivilisten und viele Kinder – die jetzt als menschliche Schutzschilde von der Hamas missbraucht werden. Stattdessen spricht er von „unschuldigen Zivilisten“, so als ob es auch „schuldige Zivilisten“ geben könnte. Schuldige Zivilisten sind aus der Sicht von Islamisten übrigens alle Israelis – was eben auch bedeutet, dass die Hamas bei ihrem Terrorangriff nicht nur Juden ermordete, sondern auch zahlreiche Araber. Warum benennt El Ghazi also die Hamas und ihren Angriff nicht?
Stattdessen spricht er nun davon, dass er missverstanden wurde. Quasi so, als ob man seinen weit bekannten und eindeutigen Islamistenspruch irgendwie anders verstehen müsste. Wie man seine Äußerungen denn genau verstehen könnte, sagt er aber auch nicht – und entschuldigt sich nicht mal. Schuld, dass man glaubt, er wolle Israel auslöschen, sei also nicht er, sondern alle anderen. Man müsse ihn halt nur richtig verstehen. Zum Existenzrecht Israels hat er sich dann übrigens auch nicht bekannt.
I

nsgesamt ist die Äußerung von El Ghazi damit genauso halbgar wie von Mazraoui. Beide wollen sich weder zum Existenzrecht Israels bekennen, noch eindeutig den Terrorangriff der Hamas verurteilen – dabei ist es ja durchaus möglich, dabei auch zu sagen, dass man die zivilen Opfer bei den Palästinensern bedauert und deshalb gegen die militärische Antwort der Israelis ist. Aber das ist eben nicht die wahre Meinung der beiden Spieler – beide haben perfekt gelernt, nicht die Wahrheit zu sagen, ohne dabei zu lügen.

Es bleibt zu hoffen, dass Mainz 05 im Gegensatz zu Bayern München standhaft bleibt und mit El Ghazi nichts mehr zu tun haben will.

Christian Unger

Christian Unger, Baujahr 1984, ist nach Ausbildung und Studium inzwischen im Bankensektor tätig. Seine persönlichen Leidenschaften liegen in ganz anderen Bereichen, beispielsweise in den Bereichen der Wissenschaftsethik, moderne Mythen und Legenden vom Vampir bis zum LSD bei Aufziehbildern sowie aktuelle Fakenews. Als Kolumnist und Autor war der liberale Überzeugungstäter unter anderem beim "jung&liberal", der Huffington Post und bei Mimikama e.V. (Zuerst denken - dann klicken) tätig. Politisch beschäftigt er sich vornehmlich mit der Innen- und Justizpolitik, Digitales und Bildung.

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