Locker machen?
Die Coronaeinschränkungen sollen weitestgehend ab dem 20.3.2022 fallen. Eine gute Idee? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz
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Das deutsche Volk sehnt sich nach Befreiung. Corona hängt uns allen zum Halse raus. Wir wollen wieder unbeschwert in die Öffentlichkeit, wir wollen wieder feiern, zu Konzerten gehen und das Leben genießen. Ja, ich auch. Der von der Bevölkerung ausgehende Druck auf die Politik wird stärker und wie es scheint, haben sich die Politiker mehr oder weniger kampflos ergeben.
Bei manchen Gesundheitsämtern hatte man schon länger den Eindruck, dass sie vor der Pandemie kapituliert hatten. Echte engmaschige Kontrollen waren Fehlanzeige, eine Nachverfolgung der Infektionsketten mittlerweile praktisch unmöglich. Und so fühlt es sich an, als seien alle Bemühungen der letzten Jahre für den Arsch gewesen. Und dann muss man natürlich unbedingt an Karneval sogenannte Feierzonen einrichten. Warum nennt man die nicht gleich Hotspots?
Einsam sterben
Zwei Jahre habe ich mich massiv eingeschränkt. Meine Mutter starb in dieser Zeit. Nicht an Corona, aber unter den Bedingungen von Corona. Um überhaupt zum Krankenhaus fahren zu dürfen, benötigte ich eine Bescheinigung des Krankenhauses, um nicht von der Polizei von der Straße gefischt zu werden. Eine halbe Stunde am Tag durften meine Schwester und ich die arme sterbende Frau besuchen. Es gab ein farbiges Armbändchen, dass den Zeitraum markierte. Wenn die halbe Stunde rum war, mussten wir die Station verlassen. „Loss mich nit em Stich!“ waren die letzten Worte, die ich am Nachmittag vor ihrem Tod hörte. Und ja, es fühlte sich so grausam an, die arme Frau alleine ihrem Tod zu überlassen. Und da lagen die Inzidenzen irgendwo bei 35.
Es steigt
Gestern lag die Inzidenz im Kreis Euskirchen bei 2238. Immerhin rund 900 mehr als die Bundesinzidenz. Platz 2 in NRW. Aber Platz 1 schaffen wir auch noch, ischwör. Warum das hier bei uns besonders schlimm ist, weiß ich nicht. Aber es scheint auch keinen mehr groß zu kümmern. Corona, na und, ist wohl das neue Motto. Und obwohl der Bundesgesundheitsminister aus meiner Sicht völlig zu Recht davor warnt, dass uns da noch Übles droht, stehen die Zeichen auf „Freedom-Day“. Dabei wäre jetzt der richtige Zeitpunkt und vielleicht die letzte Möglichkeit, die Weichen dafür zu stellen, dass uns im nächsten Herbst und Winter, womöglich noch in kalten Wohnungen, nicht ein Covid-Tsunami überschwemmt.
Irre Kommentare
Wenn ich mir Kommentare im Hinblick auf die Pressekonferenz Lauterbachs und Wielers am 11.3.2022 ansehe, habe ich das Gefühl in einem Volk von Ignoranten aufzuhalten. Jaja, Omikron ist weniger tödlich als Delta, deshalb dürfen die Inzidenzen alleine nicht verglichen werden. Aber zum einen gibt es bereits eine wesentlich ansteckendere Omikon-Variante und zum anderen sind auch bereits Mischungen von Delta und Omikron nachgewiesen, die nun nicht zwingend so wenig ansteckend wie Delta und so verglechsweise harmlos wie Omikron sind. Das kann auch genau umgekehrt kommen. Ein Virus mit der Ansteckungsgefahr von Omikron und der tödlichen Wirkung von Delta. Ist aber egal, weil jeder, der seine Skepsis bezüglich großflächiger Lockerung äußert, mittlerweile von den selbsternannten Freedom-Helden niedergemacht wird.
„Wioletta E.:
Ich glaube nix mehr und ehrlich , diese ständige Panikmache… interessiert mich nicht mehr… Wir müssen damit leben..keine Maßnahmen haben was gebracht…also lass uns in Ruhe mit euren Mist…
Aha, keine Maßnahmen haben was gebracht? Interessant. Wo wären wir wohl ohne Impfung, Masken, Händedesinfektion und Kontaktbeschränkungen?
Auch originell:
„Stefanie Silvia A.:
Klar durch die wo sich ständig den Mist spritzen lassen . Die sind es doch wo ständig mit Corona ausfallen diese 2-3-4 geimpften . Und das sind die wo diese politische Pandemie am laufen halten . Grad die mit dem mNRA Mist geimpften . Hört auf die Leute für blöd verkaufen zu wollen
Die wo, die wo, die wo. Eine politische Pandemie? Und die Toten wurden alle vom Geheimdienst getötet oder was? Oder gibt es die gar nicht?
„Peggy D.:
Die steigen doch nur wieder weil Herr Lauterbach nicht mehr im Mittelpunkt steht er sollte sich schämen. Die Impfung schützt nicht und trotzdem will er alles durchsetzen. Es geht nicht um die Gesundheit sondern nur ums Geld für die eigene Tasche.
Merke. Wenn ein Politiker nicht mehr im Mittelpunkt steht, steigen die Infektionszahlen. Wenn er sich schämt, gehen die wieder runter? Was nun Lauterbach für Geld für die eigene Tasche bekommt, weiß nur Frau Peggy.
Und Liehn O. will gleich drastische Maßnahmen, nicht etwas gegen das Virus, sondern gegen Lauterbach und Wieler.
„Liehn O.
Mir steigen die Hare zu Berg nicht die Infektionen, wen ich die zwei nur höre und sehe. Einsperren wäre das richtige.
Hare Krishna? Wie viele Rechtschreibfehler kann man in einem Satz eigentlich machen? Und was mag das für eine seltsame Krankheit sein, bei dem sich die Haare aufrichten, wenn man einen Politiker und einen Virologen sieht? Vielleicht gibt’s da was von Rational-Pharm?
Ein origineller Beitrag zur Senkung der Infektionen:
„Ivonne A.
Hört auf zu testen
Ja, da sinken die Infektionszahlen natürlich sofort. Und hört auf, die Intensivstationen zu entlasten. Jeder Tote entlastet die Rentenkasse, ist gut für das Bestattungswesen und schafft den dringend benötigten Wohnraum?
„Gino P-
Geht alle beide in den Keller und schließt euch ein es will keiner mehr wissen was ihr Labbert da kommt sowieso nur mist raus es geht doch nur damit ihr euch die Taschen voll machen könnt mit dem geld vom Volk
Keine Macht den Doofen
Das sind nur ein paar, eher noch die harmloseren, der Kommentare. Die Erwartung, der Herr werde Hirn vom Himmel werfen, habe ich lange schon aufgegeben. Der wirft nichts. Der stoppt auch weder KZ noch Kriege. Der guckt sich das alles nur an. Hat ja auch alle Ewigkeit Zeit. Und die durchgeknallte Menschheit wie eine Netflix-Serie zu bingen, ist bestimmt ganz unterhaltsam, Die Erwartung, dass die verantwortlichen Politiker ihrer Verantwortung gerecht werden und sich nicht von derartigem geistigen Müll zu voreiligen Lockerungen treiben zu lassen, habe ich aber noch nicht ganz aufgegeben. Keine Macht den Doofen!
Falls doch die gewünschte Freiheit kommen sollte, hoffe ich darauf, dass mein Superman-Anitkörpertiter von 11800 bau/ml mich noch eine Weile vor größerer Unbill schützen mag und dass das Virus in erster Linie diejenigen erwischen mag, die es für eine Erfindung der Politik halten. Vielleicht räumt es auch einfach mal ein paar besonders Dumme weg. Da hätte ich dann auch nichts gegen. Bis dahin trage ich, wie jeder echte Superheld meine Maske und halte mich fern von dem Corona-Kryptonit. Versuchen Sie gesund zu bleiben. Bis nächste Woche.