Die scharlachrote Königin – Eine Kolumne für Scarlett Johansson

Die Schauspielerin Scarlett Johansson kennt nahezu jedermann. Als Musikerin hingegen ist sie nicht ganz so vielen Leuten ein Begriff. Doch es lohnt sich.


„Gonna fly up to the sky
To the scarlet thing in you“ (Peter Murphy)

Die Schauspielerin Scarlett Johansson kennt nahezu jedermann. Als Musikerin hingegen ist sie nicht ganz so vielen Leuten ein Begriff. Doch es lohnt sich. Sie gehört nicht zu jenen gelangweilten Ikonen, die zum Zeitvertreib etwas belanglosen Tüdelkram trällern, um selbigen hernach als großen Wurf zu verkaufen. Im Gegenteil: Wie nahezu alles in ihrem Leben macht sie auch die Musik entweder ganz oder gar nicht. Halbe Sachen sind ihr fremd. Ein gerüttelt Maß Talent und hohes Einfühlungsvermögen für Lieder kommen hinzu.

Beide Faktoren führen zu einer stilistisch bemerkenswerten Bandbreite. Ob Indierock, Elektronik, Pop, oder angedeuteten Chanson: Alles steht ihr gut zu Gesicht. Vielseitigkeit und Tiefe der Darbietung bescheren ihr eine Traumliste an Kollabo-Partnern. Allesamt von jener Sorte die man nur mit Qualität ködern kann; nicht etwa per Hollywood-Scheckbuch. So produzierte David Bowie ihr ein Projekt, in dem sie Tom Waits‘ Stücke sehr individuell interpretierte. Der Thin White Duke ließ es sich nicht nehmen, auf zwei Tracks mit zu singen. Die verschrobenen Rauhbeine The Jesus And Mary Chain nahmen mit Scarlett einen Benefizsong auf. Und mit Massive Attacks Robert Del Naja veröffentlichte sie eine charismatische Variante von George Gerschwins „Summertime“.

Trotz aller großen Namen: Am meisten sticht ihre musikalische Partnerschaft mit dem nicht ganz so bekannten, aber hochwertigen Singer/Songwriter Pete Yorn heraus. Schon zu Zeiten ihrer filmischen Woody Allen-Phase zwischen „Scoop“ (2006) und „Vicky Cristina Barcelona“ (2008) arbeiteten beide an Duetten, die 2009 auf dem Album „Break Up“ erschienen. Besonders Yorn ging es darum, eine Atmosphäre zu schaffen, die angenehm an laszive Paare wie Serge Gainsbourg/Brigitte Bardot erinnert.

Eine Dekade später setzt das Duo mit dem taufrischen Minialbum „Apart“ den eingeschlagenen Weg fort. Es lohnt sich für den Hörer aus zwei Gründen. Zum einen spürt man in jeder Sekunde die kreative Inspiration und Leidenschaft, mit der sie sich gegenseitig anstecken. Zum Anderen bringt die mittlerweile auch musikalisch gereifte Johansson sich weit mehr ein als ehedem. Man hört hier eine selbstbewusste Frau, nicht länger ein Mädchen. Die perfekte Ergänzung fördert diese charmante, hochsympathische Perle zu Tage.

Wer bislang lediglich ihre deutsche Synchronstimme kennt, darf sich auf ein kaminzimmerwarmes, tiefes, sehr sinnliches Timbre freuen. Johansson weiß um die erotisierende Wirkung ihrer Stimme und versteht diese effektiv ein zu setzen. Zwei melodische Anwärter auf den Titel „Sommersong des Jahres“ stechen heraus. „Tomorow“ lebt in der Strophe von Scarletts leicht rauchigem Vortrag, dessen Klangfarbe so scharlachrot erblüht wie es ihr Name suggeriert. Als absoluter Bringer und höchst angenehmer Ohrwurm flirren daneben die „Bad Dreams“ aus den Boxen. Spätestens beim Refrain hängt man längst angefixt an der Plattennadel.

„ We will always have bad dreams.
We will always have bad dreams.
We will always have bad dreams….“

Photo: Scarlett Johansson & Pete Yorn by Daniel Wright

Ulf Kubanke

Ehemaliger Anwalt; nun Publizist, Gesprächspartner und Biograph; u.a. für Deutschlands größtes Online-Musikmagazin laut.de.

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