Die polnische Neuauflage der sowjetischen Kampagne gegen den „Kosmopolitismus“?

Als die Führung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) vor fünfzig Jahren auf die Studentendemonstrationen in Warschau mit der Entfesselung einer antijüdischen Kampagne reagierte, verschlug dies denjenigen Teilen der polnischen Linken, die sich dem internationalistischen Credo des Marxismus verpflichtet fühlten, einfach den Atem. Warum lehnten sich die polnischen Kommunisten nun an ein Vokabular an, das bis dahin in erster Linie die rechten Gruppierungen, in erster Linie die polnischen Nationaldemokraten benutzten? Zum 50. Jahrestag der polnischen „Märzereignisse“ von 1968.


Die gesamte ideologische Wertehierarchie der polnischen Linken wurde durch den Schock von 1968 zutiefst erschüttert. Diese geriet in eine beispiellose Identitätskrise, die mehrere Jahre dauern sollte. Dennoch stellten die Vorgänge vom März 1968 bekanntlich nichts Neues in der Geschichte des Kommunismus dar. Die antikosmopolitische Kampagne in der stalinistischen Sowjetunion der ausgehenden vierziger und der beginnenden fünfziger Jahre weist verblüffende Ähnlichkeiten mit dem antijüdischen Feldzug der PVAP vom Frühjahr 1968 auf, sie lässt sich als der wichtigste Vorläufer der polnischen „Märzereignisse“ bezeichnen.
Auf die Ursachen und die Folgen der antijüdischen Kampagne in der spätstalinistischen Sowjetunion möchte ich hier nicht eingehen. Sie wurden bereits in meiner Kolumne vom 19. 12. 2017 dargestellt.

Zwanzig Jahre später – im März 1968 – sollten sich aber in Polen vergleichbare Entwicklungen wiederholen. Auch diese Vorgänge konsternierten und verblüfften die Weltöffentlichkeit in einem ähnlichen Maße wie dies Ende der 1940er Jahre mit der antikosmopolitischen Kampagne der sowjetischen Stalinisten der Fall gewesen war. Dies umso mehr, als polnische Kommunisten Mitte der 1950er Jahre zu den Vorkämpfern des antistalinistischen Aufruhrs im gesamten Ostblock zählten. Nur von den ungarischen Reformern um Imre Nagy wurden sie 1956 auf diesem Gebiet übertroffen. Aber gerade in den Entwicklungen vom Jahre 1956, im sogenannten polnischen „Oktober“, lagen die Wurzeln der Märzereignisse von 1968.

Die Entmachtung der polnischen Reformer

Die rebellierende Gesellschaft hatte der Parteiführung im Oktober 1956 zwei Versprechen entlockt – Abkehr vom stalinistischen Terror und weitgehende politische Demokratisierung. Ende der fünfziger Jahre wurde aber bereits klar, dass das Regime nicht bereit war, das zweite Versprechen einzulösen. Nun musste die polnische Gesellschaft, ähnlich wie die sowjetische unmittelbar nach der Bezwingung des Dritten Reiches, eine außerordentliche Enttäuschung verkraften. Das Regime suchte jetzt krampfhaft nach einer neuen Legitimitätsbasis, nachdem diejenige vom Oktober 1956 weitgehend ausgehöhlt worden war. Parteiführer, die sich an das Demokratieversprechen vom Jahre 1956 geklammert hatten, wurden nach und nach entmachtet. Der Prozess der Entmachtung der Reformer wurde 1963 praktisch abgeschlossen.

Damals verlor Roman Zambrowski – der ehemalige Gralshüter des Stalinismus, der sich aber nach 1956 zu einem Verfechter der Reform verwandelt hatte – seinen Sitz im Politbüro. Die Leichtigkeit, mit der die bewahrenden Kräfte innerhalb der Partei ihre liberalen Kontrahenten entmachten konnten, führte zur Steigerung der Aggressivität der Sieger. Sie wollten sich mit der bloßen Bewahrung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse nicht mehr begnügen und suchten die bereits weitgehend entpolitisierte Gesellschaft durch neue „Visionen“ aufzurütteln, um sie emotional an das Regime binden zu können. Dies sollte dem Regime, das sich von den Ideen des „Oktobers 1956“ – seinem eigentlichen Ursprung – weitgehend entfernt hatte, eine neue Legitimationsbasis verschaffen. Die Sackgasse, in welche die Partei nun geriet, gab dem nationalistischen Flügel innerhalb der PVAP, den sogenannten „echten Polen“, in erster Linie dem sog. „Partisanenflügel“ (kommunistische Untergrundkämpfer gegen die deutsche Besatzung) unter dem Innenminister Mieczysław Moczar, eine Chance stärker in den Vordergrund zu treten. Mit Hilfe eines populistischen, chauvinistisch-antisemitischen Programms versuchten diese Kräfte, die Popularität der Partei innerhalb der Bevölkerung wiederherzustellen. Der polnische Kommunismus schien sich nun seines internationalistischen Ursprungs und Charakters zu entledigen und tiefere Wurzeln im nationalen Boden zu schlagen.

Die Suche des Regimes nach einer neuen Legitimitätsbasis

Die Vertreter des liberalen Flügels der Partei, die den Kommunismus als eine universalistische Lehre auffassten, wurden als „vaterlandslose Gesellen“ diffamiert. Das Streben nach mehr innerparteilicher und innenpolitischer Demokratie galt in den Augen der „nationalen“ Fraktion als „unpolnisch“. Die Tatsache, dass eine Reihe prominenter Reformer jüdischer Herkunft war, lieferte den „Partisanen“ eine zusätzliche Erklärung für deren „unpatriotisches“ Verhalten. Es sei nämlich „ethnisch bedingt“. Die Juden seien von Natur aus kosmopolitisch gesinnt, behaupteten die „Nationalisten“, und es falle ihnen schwer, sich in das Wesen des Polentums einzufühlen. Aber das Sündenregister der Reformkommunisten erschöpfte sich nicht nur darin, dass einige von ihnen jüdischer Herkunft waren. Man warf vielen von ihnen auch ihre stalinistische Vergangenheit vor. In der Tat hatten sich einige Wortführer der Reform – z.B. Roman Zambrowski – führend am stalinistischen Terrorregime beteiligt. Später schworen sie, aus welchen Gründen auch immer, ihrem früheren Ideal ab, dennoch galt ihre antistalinistische Wende den nationalgesinnten Dogmatikern in der PVAP als ein äußerst raffiniertes taktisches Manöver. Die ehemaligen Stalinisten hätten eingesehen, dass ihre Herrschaft im Lande mit Hilfe terroristischer Methoden nicht mehr zu sichern sei, deshalb hätten sie ein weiches Regiment zu errichten versucht. Das reformkommunistische Konzept bezeichneten also die „Partisanen“ und ihre Gesinnungsgenossen als eine Art „jüdisch-stalinistische Intrige“, die den Interessen Polens keineswegs entspreche.

Der aufgestaute Zorn der Regimekritiker

Die kritische polnische Linke nahm die Abkehr des Regimes von seinem Demokratieversprechen vom Oktober 1956 bis 1968 im Wesentlichen widerstandslos hin. Der aufgestaute Zorn der Regimekritiker musste sich beinahe zwangsläufig irgendwann auch offen entladen. Der „März“ 1968 war also seit vielen Jahren fällig. Dass die Explosion sich ausgerechnet 1968 ereignete, war nicht zuletzt mit der Atmosphäre dieses Jahres verknüpft, die an den „Völkerfrühling“ von 1848 erinnerte – Studentenrevolten im Westen, Reformen in Prag. Die Demonstrationen der Warschauer Studenten anlässlich der Absetzung des Theaterstücks „Die Ahnenfeier“ des polnischen Nationaldichters Adam Mickiewicz stellten also im damaligen europäischen Umfeld nichts Ungewöhnliches dar. Ungewöhnlich war indes die Brutalität, mit der die Machthaber gegen diesen harmlosen Protest vorgegangen waren, den sie als Einleitung zum Staatsstreich hochstilisierten. „Im Grunde drohten uns im März der Ausbruch einer Gegenrevolution und Blutvergießen“, so der Ministerpräsident Józef Cyrankiewicz auf einer Politbürositzung vom 08.04.1968. Als geistige Urheber dieser „Gegenrevolution“ galten der Warschauer Führung die kurz zuvor entmachteten Parteifunktionäre jüdischer Herkunft, in erster Linie Roman Zambrowski, der solche aus der Sicht des Politbüros ketzerischen Thesen vertrat wie: „Wir brauchen die Demokratie, denn nur die Demokratie kann uns retten“. Mit solchen Parolen, so die Führung der PVAP, hätten die entmachteten jüdischen Funktionäre die Jugend, vor allem ihre eigenen Kinder vergiftet, die nach Ansicht der Parteiführung zu den wichtigsten Anführern dieser Gegenrevolution zählten. Dazu das Politbüromitglied Ignacy Loga Sowiński auf der bereits erwähnten Politbürositzung vom 08.04.1968: „Einige Söhne der aus der Partei hinausgeworfenen Genossen sagten, im Kampfe könne sogar der Teufel ein Verbündeter sein und beriefen sich dabei auf Lenin.“

Die Dämonisierung der Opposition

So wurde den Kindern der jüdischen Parteifunktionäre der PVAP eine ebenso dämonische Rolle zugewiesen, wie seinerzeit der Gruppe der „antipatriotischen Theaterkritiker“ in der antikosmopolitischen Kampagne der spätstalinistischen Sowjetunion. Sie versinnbildlichten für die Parteipropagandisten den Feind an sich. In Wirklichkeit wollten aber die ¬beiden stagnierenden Regime einen ganz anderen Feind treffen, der für sie keine imaginäre, sondern eine tatsächliche Gefahr darstellte – dies war sowohl in der sowjetischen Nachkriegsgesellschaft als auch in der polnischen Gesellschaft nach dem „Oktober 1956“ das tief verankerte Streben nach einer Demokratisierung des jeweiligen herrschenden Systems.
Auf der Politbürositzung vom April 1968 gab der Parteichef Władysław Gomułka offen zu, dass nicht der Zionismus, sondern der „Revisionismus“ bzw. Reformkommunismus der Hauptfeind der Partei sei: „Die größte Gefahr, die uns bedrohte und bedroht, ist der Revisionismus […] Der Zionismus wird uns niemals bedrohen, nicht diese Ideologie stellte für uns eine Gefahr dar.“

Dennoch neigte die Parteipropaganda bis Mitte 1968 eher dazu, die beiden Begriffe miteinander zu vermischen. Es genügte nämlich, den Begriff „Revisionismus“ mit dem Beiwort „jüdisch“ oder „zionistisch“ zu versehen, um ihn zusätzlich zu diskreditieren.
In den sechziger Jahren erlebte das kommunistische Polen einen Prozess, der in der Sowjetunion bereits in den dreißiger, vor allem aber zu Beginn der vierziger Jahre – nach dem Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges – stattgefunden hatte. Die herrschende Partei, die zunächst den revolutionären Bruch mit der eigenen nationalen Tradition verkörpert hatte, sehnte sich nun nach der Wiederherstellung der geschichtlichen Kontinuität, nach einer tieferen Verankerung in der geschichtlichen Überlieferung des eigenen Landes. Dieser Aussöhnung der ursprünglich internationalistisch-universalistischen, mit anderen Worten „kosmopolitischen“ Partei mit der eigenen Nation standen die Juden, und zwar in Polen ähnlich wie seinerzeit in der stalinistischen Sowjetunion, im Wege. Sie waren in doppelter Hinsicht verdächtig – einerseits als Weltbürger, andererseits als „bürgerliche Nationalisten“, d.h. als Anhänger des Staates Israel. Sowohl in Moskau als auch in Warschau bezichtigte man die Juden einer doppelten Loyalität.

Die Eigendynamik der „antizionistischen Kampagne“

Einige Wochen nach ihrem Beginn drohte aber die antizionistische Kampagne der Kontrolle der polnischen Führung zu entgleiten. Bereits bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Beginn der Märzdemonstrationen – am 19.03.1968 – versuchte Gomułka, die antijüdischen Aussagen, die in seiner Rede enthalten waren, zu relativieren: „Es wäre […] ein Missverständnis, wenn jemand im Zionismus eine Gefahr für den Sozialismus sähe.“ Auf diese beschwichtigenden Töne reagierten viele anwesende Parteifunktionäre mit Unmutsäußerungen. Der dosierte Antizionismus, für den Gomułka wie auch viele andere Parteiführer plädierten, fand in den Augen des nationalistischen Flügels der PVAP, vor allem in den Augen der „Partisanen“ um Mieczysław Moczar, kein Verständnis. Sie wollten nun ihren antijüdischen Ressentiments, die sie jahrelang aus ideologischen Gründen nicht offen äußern durften, freien Lauf lassen. Diese Form der Kritik an den Juden, die die Juden nicht wegen ihrer Anschauungen, sondern wegen ihrer Herkunft ablehnte, bereitete der Parteiführung Sorgen. Ihr Bekenntnis zu einem chauvinistisch-antisemitischen Programm war immer mit einem „aber“ versehen. Sie konnte sich nicht vorbehaltlos mit dem Antisemitismus identifizieren, denn dies hätte für ihr ideologisches Selbstverständnis gefährliche Folgen haben können. Da den kommunistischen Regimen in der Regel die demokratische Legitimation fehlte, legitimierten sie ihre Herrschaft ausschließlich ideologisch. Sie fühlten sich nicht der Bevölkerungsmehrheit, sondern der Geschichte und der „alleingültigen“ marxistischen Interpretation der geschichtlichen Vorgänge verpflichtet. Eine gänzliche Abkehr von den marxistischen, d.h. internationalistischen Grundsätzen hätte für ihren Machterhalt äußerst gefährliche Folgen haben können. Nicht zuletzt diese Überlegungen standen wohl dem am 24. Juni 1968 erfolgten Beschluss der Parteiführung zugrunde, die antizionistische Kampagne einzustellen. Die neuen Zensurvorschriften lauteten:

Bei der Erörterung der Hintergründe der Märzereignisse soll die jüdische Herkunft der Anstifter nicht herausgestellt werden … Bei der Erörterung von Kaderwechseln sollen Formulierungen vermieden werden, die die jüdische Abstammung der betreffenden Personen unterstreichen. Bei Gerichts¬ver¬handlungen soll die jüdische Abstammung von Angeklagten nicht unterstrichen werden.

Man darf nicht vergessen, dass Gomułkas Einstellung zu den Juden sich von derjenigen Stalins grundlegend unterschied. Innerhalb seiner eigenen Partei vertrat Stalin besonders radikale antijüdische Positionen und spornte seine zögernden Ge¬fährten zu einem entschlosseneren Vorgehen gegen die Juden an. Gomułka hingegen vertrat auf diesem Gebiet eher einen „zentristischen“ Kurs und versuchte die radikal antisemitischen Tendenzen in der Partei, „die Geister, die er gerufen hatte“, einzudämmen. Dies fiel allerdings der Gomułka-Riege keineswegs leicht. Gomułkas engster Gefährte, Zenon Kliszko, sagte im April 1968: „Diese Welle überschwemmt uns, wir haben sie selbst nicht mehr unter Kontrolle.“

Trotz ihrer Versuche, dem radikalen antijüdischen Kurs in der Partei Einhalt zu gebieten, plädierten indes auch die „Zentristen“ um Gomułka für eine weitgehende Säuberung des Parteiapparats und der staatlichen Einrichtungen und Behörden nach „ethnischem Prinzip“. So beklagte sich Kliszko auf der Politbüro-Sitzung vom 8. April 1968 über die „jüdische Dominanz“ an der Warschauer Universität: An einigen Fakultäten seien mehr als 50% der „wissenschaftlichen Kader“ jüdischer Herkunft. Diese Argumentation ist den Klagen mancher Funktionäre in der spätstalinistischen Sowjetunion über die „jüdische Dominanz“ in vielen sowjetischen Institutionen zum Verwechseln ähnlich. So kann man zwischen dem „dosierten“ Antisemitismus Gomułkas und der immer radikaler werdenden Judenfeindschaft Stalins durchaus Gemeinsamkeiten finden – beide erzielten „überwältigende Erfolge“ im Kampfe gegen die angebliche „jüdische Dominanz“ in den beiden Regimen und veränderten grundlegend den Charakter der jeweiligen herrschenden Partei.

Reaktionen der polnischen Katholiken auf die „Märzereignisse“

Wie reagierte die katholische Öffentlichkeit des Landes auf die „antizionistische“ Kampagne des Regimes. Da es sich bei den Ereignissen von 1968 in erster Linie um einen Konflikt innerhalb des linken Lagers handelte, war bei den Katholiken durchaus die Tendenz vorhanden, bei diesem Konflikt neutral zu bleiben. Und es entsprach den Absichten der Machthaber, die scheinbar unüberbrückbare Kluft zwischen den beiden regimekritischen Lagern zu „verewigen“. Dennoch ging diese Rechnung des Regimes nicht auf. Es fanden sich im Milieu der polnischen Katholiken doch Kräfte, die unmittelbar nach den Märzereignissen sich bereit erklärten, die angeblich „fremde“ Sache zu ihrer eigenen zu machen. In erster Linie handelte es sich hier um den Abgeordnetenzirkel „Znak“ im polnischen Parlament, der mit der katholischen Zeitschrift „Tygodnik Powszechny“ (Allgemeines Wochenblatt) eng verbunden war. Bei den Znak-Abgeordneten, die seit 1957 unabhängige katholische Kreise des Landes im polnischen Parlament (Sejm) vertraten, handelte es sich um eine sehr kleine Gruppe. Ihre Mitgliederzahl schwankte zwischen 5 und 11 Abgeordneten von insgesamt etwa 460. Dennoch hatte das polnische Parlament aufgrund der Anwesenheit des „Znak“ nicht mehr den marionettenhaften Charakter, wie ihn die Parlamente in anderen kommunistischen Ländern vor der Gorbatschowschen Perestroika hatten (dies galt bis 1976, als es der Regierung gelang, die unabhängigen „Znak“-Abgeordneten durch regierungstreue zu ersetzen). In manchen Krisensituationen erhoben die Znak-Abgeordneten deutlich ihre kritische Stimme und bereiteten dadurch dem Regime wiederholt Unannehmlichkeiten. Zu den spektakulärsten Widerstandsakten der „Znak“-Gruppe gehörte die Sejm-Debatte, die sie mit ihrer Interpellation vom 11. März 1968 auslösten und in der sie das brutale Vorgehen der Miliz gegen die protestierenden Studenten kritisierten. Als die einzigen unabhängigen Vertreter der polnischen Öffentlichkeit innerhalb der Staatsorgane fühlten sich die Znak-Abgeordneten der Allgemeinheit als solcher verpflichtet. Die Tatsache, dass die von der Miliz geschlagenen Studenten nicht unter der katholischen Flagge marschierten, hielten sie für unerheblich. Diese Solidarisierung der unabhängigen Katholiken mit ihren ideologischen Kontrahenten sollte weitreichende Folgen haben. Die wichtigste Trennungslinie im Lande sollte von nun an anders verlaufen als bisher – nicht zwischen Marxisten und Katholiken, sondern zwischen autoritären und antiautoritären Kräften.

Leonid Luks

Der Prof. em. für Mittel- und Osteuropäische Zeitgeschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt wurde 1947 in Sverdlovsk (heute Ekaterinburg) geboren. Er studierte in Jerusalem und München. Von 1989 bis 1995 war er stellvertretender Leiter der Osteuropa-Redaktion der Deutschen Welle und zugleich Privatdozent und apl. Professor an der Universität Köln. Bis 2012 war er Inhaber des Lehrstuhls für Mittel- und Osteuropäische Zeitgeschichte an der KU Eichstätt-Ingolstadt. Er ist Geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte.

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