Köln: Das Fukushima der Flüchtlingspolitik
Die Katastrophe von Köln kann zum Fukushima der Flüchtlingspolitik werden. Aber was würde ein radikales Umdenken in der Flüchtlingspolitik wirklich bedeuten?
Als vor fast fünf Jahren ein Erdbeben und ein Tsunami im japanischen Kernkraftwerk Fukushima eine Nuklearkatastrophe auslösten, kam es innerhalb von nur drei Tagen zu einem radikalen Kurswechsel in der deutschen Energiepolitik. Bis zum 11.03.2011 galt die Atomenergie als wichtiger Bestandteil der Energieversorgung in Deutschland – genehmigte Laufzeiten wurden sogar verlängert. Schon am 14.03.2011 jedoch war alles anders: 8 Kernkraftwerke wurden vorübergehend stillgelegt, für die gerade wenige Monate zuvor noch Laufzeitverlängerungen genehmigt worden waren, der Atomausstieg bis 2022 war drei Monate später beschlossene Sache. Eine politische Wende, die Anfang 2011 nicht denkbar gewesen war.
Die Katastrophe von Köln
Was in der Nacht vom 31.12. zum 01.01. in Köln geschehen ist, hat das Potenzial, zu einer ebenso radikalen Wende in der Flüchtlingspolitik zu führen. Es ist bedenklich, dass die Kanzlerin, die im März 2011 Sätze wie „Wir haben eine völlig neue Lage“ und „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“ sprach, nun schwer verständlich und umständlich darüber räsoniert, „ob wir, was Ausreisenotwendigkeiten anbelangt … schon alles getan haben, was notwendig ist, um hier auch klare Zeichen zu setzen an diejenigen, die nicht gewillt sind, unsere Rechtsordnung einzuhalten“.
Es hilft in diesem Moment überhaupt nicht weiter, darauf hinzuweisen, dass die meisten Flüchtlinge keine Sexualstraftäter sind – in den meisten Kernkraftwerken finden auch keine ernsthaften Unfälle statt und trotzdem werden sie abgeschaltet. Ja natürlich, Menschen darf man nicht mit Maschinen vergleichen. Aber Köln zeigt, es ist mit der Einreise von hunderttausenden Flüchtlingen ein Risiko für die Stabilität und Zuverlässigkeit unserer sozialen Ordnung entstanden, das wir nicht hinnehmen können. Da hilft es weder, darauf hinzuweisen, dass die Gefahr nur von einem geringen Prozentsatz der Asylbewerber ausgeht, noch, darüber zu spekulieren, wie sich deutsche Männer in einer ähnlichen Situation verhalten würden.
Kein „Plan B“
Vielleicht ist Merkel deshalb derzeit viel zögerlicher als vor fünf Jahren mit der Energiewende, weil sie keine Alternative zu ihrer aktuellen Flüchtlingspolitik sieht. Und in der Tat: Migrationsbewegungen lassen sich nicht einfach abschalten wie Kraftwerke. Deshalb bleibt es auch dumm, über eine „Obergrenze für Flüchtlinge“ zu reden. Wie viele Flüchtlinge nach Deutschland unterwegs sind, entscheidet sich nicht in Deutschland, sondern in den Herkunftsländern. Mit dieser Zahl muss Deutschland umgehen, egal, ob die Menschen ins Land gelassen werden, oder ob man sie an den Grenzen zurückweist.
Trotzdem gibt es Optionen für eine radikale Wende. Nennen wir sie beim Namen:
Intervention und Internierung
Wenn die Situation in einem Land dazu führt, dass hunderttausende seiner Bürger fliehen, dann hat das Land, in dem sie Zuflucht suchen, das Recht, in diesem Land politisch zu intervenieren. Das gilt für die Balkanstaaten genauso wie für die Bürgerkriegsländer Syrien und Afghanistan – auch wenn die Mittel der Intervention andere sein werden. Wir müssen bereit sein, die Regierungen der Heimatländer der Flüchtlinge so unter Druck zu setzen, dass in diesen Ländern die Fluchtgründe entfallen. Wir müssen die Kräfte unterstützen, die die politische Situation in diesen Ländern ändern wollen, damit die Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive sehen.
Diejenigen hingegen, die sich weiterhin auf den Weg nach Europa, insbesondere nach Deutschland machen, müssen zwar versorgt werden, dürfen aber nicht sofort mit allen Freiheiten ausgestattet werden, die uns selbst so lieb und selbstverständlich sind. Die Katastrophe von Köln zeigt: Auch wenn es uns schwerfällt, wir können nicht jeden, der zu uns kommt, mit Taschengeld ausstatten und frei herumlaufen lassen. Auch wenn die meisten von ihnen keinem etwas zu leide tun würden: Das Risiko, das von den übrigen ausgeht, ist derzeit einfach zu groß. Also brauchen wie schnell effektive Einrichtungen, in denen die Ankommenden versorgt und untergebracht werden. Nennen wir diese Einrichtungen ruhig Internierungslager. In diesen Einrichtungen müssen die ankommenden Personen geprüft werden, und diejenigen, für die eine Integration in unsere Gesellschaft in Frage kommt, müssen dort geschult und vorbereitet werden, bevor sie in kleinen Gruppen dezentral in den Alltag unserer Gesellschaft eingeführt werden.
Das wird teuer, und es bleibt eine Herausforderung mit vielen Unwägbarkeiten. Aber der Spagat zwischen humanitärer Flüchtlingshilfe und Sicherung unserer friedlichen Gesellschaft, die wir in Jahrzehnten aufgebaut haben, sollte es uns wert sein. „Wir können das schaffen, und wir schaffen das“ hat Angela Merkel gesagt. Wenn wir nach der Kölner Katastrophe Mut zum radikalen Umdenken haben, kann sie am Ende Recht behalten.
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