Eine irre Woche

Trump wird erneut gewählt, Scholz entlässt Lindner, das 1,5-Grad Ziel wird gerissen, der Hund kotzt auf den Teppich, und der Wasserkocher geht kaputt. Eine krasse Woche. Und trotzdem … Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von Alana Jordan auf Pixabay

Angesichts der globalen Herausforderungen und Krisen, die unsere Welt derzeit erschüttern – Kriege in der Ukraine und in Nahost, US-Wahlen, Klimawandel, politische Spannungen in ganz Europa, wirtschaftliche Unsicherheiten und soziale Ungerechtigkeiten, das Ende der Ampelregierung – scheint es manchmal schwierig, nicht von Angst, Wut und Stress überwältigt zu werden.

Nun muss ich zugeben, dass ich zwar kein Fan von Donald Trump bin, aber immerhin haben wir den schon einmal überlebt. Dass er mit seinen permanenten Lügen über alles und jeden das amerikansiche Volk gespalten hat, ist nicht beruhigend; es ist aber nun für mich persönlich auich kein Grund, den Untergang zu erwarten. Demokratie beinhaltet stets das Risiko, dass der Wähler sich für einen Verbrecher entscheidet. Wer wüsste das besser als das deutsche Volk.

Dasselbe gilt für die Entfernung des mittleren Lichts aus der Ampel. Wer mit der FDP koaliert, weiß, dass die irgendwann einen Vorwand sucht, um sich wieder zu verpissen, um möglichst bald in anderer Kombination wieder aufzutauchen. Ja, blöder Zeitpunkt, um die Regierung zu kippen, aber bitte, was soll’s? Ob wir nun im Dezember, Januar oder März wählen, macht den Bock nicht fett. Und was dann kommt, kann man nur ahnen. Ob ein Merz das besser macht, ich weiß es nicht – glaube es allerdings auch nicht. Allein, ich kann es nicht ändern.

Schlimmer ist da schon, dass die Erderwärmung schneller fortschreitet, aks man gedacht hat. Da besteht dringender Handlungsbedarf. Ich kann allerdings nicht umhin, zu erkennen, dass das offenbar weltweit eher wenige Menschen interessiert. Die anderen gieren immer noch nach mehr, mehr, mehr.

Et es wie et es

Aber genau in solchen Zeiten ist es entscheidend, selbst die innere Gelassenheit zu bewahren. Ich kommentierte die Trumpwahl bei Facebook mit einem Artikel des kölschen Grundgesetzes, „et es wie et es“. Dafür wurde ich gerüffelt, weil das eine Platitüde sei. Ich sehe das anders.

Gelassenheit ist nicht nur eine Quelle persönlichen Wohlbefindens, sondern auch eine wichtige Voraussetzung dafür, klug und verantwortungsvoll auf die Herausforderungen der Zeit zu reagieren. Und dazu ist erst einmal erforderlich, festzustellen was gerade ist.

In dieser Kolume will ich daher ein paar Strategien beleuchten, die helfen können, angesichts weltweiter Krisen gleichwohl gelassen zu bleiben und dadurch einen positiven Beitrag für sich selbst und für die Gesellschaft zu leisten.

Den Fokus auf das eigene Handeln lenken

Ein erster Schritt zur Gelassenheit besteht darin, die Unterscheidung zwischen dem, was man kontrollieren kann, und dem, was außerhalb der eigenen Kontrolle liegt, klar zu machen. In einer Welt, in der uns ständig Nachrichten über Katastrophen und Krisen erreichen, kann ein Gefühl der Hilflosigkeit aufkommen. Statt sich jedoch in Sorgen über Dinge zu verlieren, die man nicht beeinflussen kann, ist es sinnvoll, sich auf das eigene Handeln zu konzentrieren. Die Hundekotze kann ich wegwischen, den Trump nicht.

Jeder kann in seinem Alltag kleine Veränderungen vornehmen, die dann im Großen einen Unterschied machen können – sei es durch nachhaltigen Konsum, ehrenamtliches Engagement oder die Unterstützung von Initiativen, die positive gesellschaftliche Veränderungen vorantreiben. Dieser Fokus hilft nicht nur, die eigene Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen, sondern gibt auch das Gefühl, einen Beitrag zur Verbesserung der Welt zu leisten, anstatt passiv die globalen Krisen hinzunehmen oder nur noch zu meckern.

Achtsamkeit und Akzeptanz kultivieren

Die Praxis der Achtsamkeit kann eine weitere wertvolle Methode sein, um gelassen zu bleiben. Achtsamkeit bedeutet, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, ohne ihn zu bewerten oder verändern zu wollen. Besonders in Krisenzeiten tendieren wir dazu, gedanklich in die Zukunft abzudriften und uns über Dinge Sorgen zu machen, die möglicherweise eintreten könnten. Ungelegt Eier auszubrüten ist ein gerne gepflegtes Hobby. Durch Achtsamkeit lernen wir, den Fokus auf den jetzigen Augenblick zu richten und dabei zu erkennen, dass die meisten unserer Sorgen sich auf ungewisse, potenzielle Ereignisse beziehen, die oft nie eintreffen. Das bedeutet aber nicht, dass konkrete Gefahren, wie z.B. der Klimawandel, verharmlost werden sollten.

Denn mit der Achtsamkeit geht die Akzeptanz der Realität einher – nicht im Sinne einer Resignation, sondern als ein Annehmen dessen, was gerade ist. Akzeptanz ermöglicht es uns, die Welt so zu sehen, wie sie ist, und auf dieser Grundlage klare und ruhige Entscheidungen zu treffen. Indem wir lernen, dass wir bestimmte Dinge nicht ändern können, wächst die Gelassenheit, und wir werden fähig, konstruktiv zu handeln, anstatt uns in Stress und Angst zu verlieren. Das hilft nämlich keinem.

Den eigenen Medienkonsum bewusst gestalten

Die ständige Flut an Krisenmeldungen kann das Gefühl der Überforderung verstärken. Es ist leicht, in eine Art „Doomscrolling“ zu verfallen – den unaufhörlichen Konsum negativer Nachrichten, der die eigene Gelassenheit und das emotionale Gleichgewicht untergräbt. Hier ist es hilfreich, den Medienkonsum bewusst zu gestalten: Statt wahllos alle Nachrichten zu verfolgen, kann man gezielt ausgewählte, seriöse Informationsquellen nutzen und feste Zeiten für die Informationsaufnahme festlegen. Ich habe in der letzten Woche nur wenige Nachrichtensendungen verfolgt – der übliche Laber ging mir einfach auf den Geist und langweilte mich – und bin stattdessen häufiger mit meinem Hund Chico spazieren gewesen. Chico ist ein Berner Sennenhund und ein leuchtendes Beispiel für gesunde Gelassenheit. Das hindert ihn aber nicht daran, unser Grundstück zu verteidigen. Er muss dafür keinen großen Zirkus machen, weil er sich seiner Stärke und der Kraft seines Kiefers bewusst ist.

Ein weiteres hilfreiches Mittel ist der bewusste Konsum von konstruktiven oder positiven Nachrichten, die von Fortschritten und Erfolgen berichten. Es gibt immer wieder gute Beispiele für Lösungen und Menschen, die einen positiven Unterschied machen. Solche Meldungen können das Vertrauen in die Menschheit stärken und daran erinnern, dass es auch viele Kräfte gibt, die konstruktiv und lösungsorientiert arbeiten.

Aber auch ein schönes Konzert oder meinetwegen auch ein paar Schlager zu hören oder einen guten, wahlweise kitschigen Film zu schauen , kann recht hilfreich sein.

Gemeinschaft und soziale Unterstützung suchen

Krisenzeiten können zeigen, wie wichtig soziale Bindungen und Netzwerke sind. Ein starkes familiäres Umfeld bietet emotionale Unterstützung und schafft einen Raum für Austausch und Solidarität. Der Kontakt zu Familie, Freunden oder Menschen mit ähnlichen Werten und Überzeugungen gibt Halt und zeigt, dass man mit den eigenen Sorgen nicht allein ist. In schwierigen Zeiten kann gemeinsames Handeln eine Quelle der Kraft sein und das Gefühl von Ohnmacht verringern. Ein paar Stunden mit den Enkelinnen spielen, strengt zwar den Opa an, macht aber auch glücklich. Ein paar Stunden mit meinem Freund Wolfgang Kaffee trinken stabilisiert ebenso.

Darüber hinaus hilft es, durch den Austausch mit anderen unterschiedliche Perspektiven kennenzulernen und eine positive Sichtweise aufrechtzuerhalten. Oft kommen in Gesprächen nicht nur Sorgen, sondern auch Lösungsansätze und Hoffnung zum Vorschein. Soziale Unterstützung ist daher nicht nur eine Quelle des Trostes, sondern auch der Inspiration und Motivation, aktiv zu bleiben und gemeinsam positive Veränderungen herbeizuführen. Das sollte man aber nur versuchen, wenn man gerade Bock drauf hat.

Sich auf eigene Werte und Sinnquellen besinnen

Ein letzter wichtiger Aspekt, um Gelassenheit in Krisenzeiten zu bewahren, liegt in der Reflexion über die eigenen Werte und Sinnquellen. Die Herausforderungen der Gegenwart können manchmal dazu führen, dass man den Sinn im eigenen Handeln infrage stellt. Doch wer sich regelmäßig mit der Frage auseinandersetzt, welche Werte und Ziele ihn oder sie im Leben leiten, gewinnt Klarheit und Stabilität, die auch anhält.

Wenn man weiß, was einem wirklich wichtig ist, kann man auch in schwierigen Zeiten an diesen Werten festhalten und sein Handeln danach ausrichten. Viele Menschen finden gerade in Krisen einen tieferen Sinn darin, sich für eine bessere Welt einzusetzen oder etwas beizutragen, das über den eigenen Vorteil hinausgeht. Okay, von Menschen wie Trump kann man das nicht erwarten, aber es gibt ja noch andere. Dies kann ein starker Anker sein, der in turbulenten Zeiten Halt gibt.

Gelassenheit angesichts weltweiter Krisen zu bewahren, ist zwar nicht immer eine einfache Aufgabe und erfordert kontinuierliche Arbeit an der eigenen mentalen Haltung. Durch den Fokus auf das eigene Handeln, die Praxis der Achtsamkeit, einen bewussteren Medienkonsum oder auch Nichtkonsum, die Unterstützung durch soziale Bindungen und die Orientierung an eigenen Werten lässt sich jedoch eine Resilienz entwickeln, die dabei hilft, ruhig und konstruktiv mit den Herausforderungen der Zeit umzugehen. Gelassenheit bedeutet dabei nicht, die Krisen zu ignorieren und den Kopf in den Sand zu stecken, sondern sich ihnen vielmehr mit einem klaren Kopf zu stellen und die eigene Energie in die Gestaltung einer besseren Zukunft zu lenken.

Genießen Sie das Wochenende und verzweifeln Sie nicht. Das Leben geht weiter.Der neue Wasserkocher steht schon in der Küche.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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