Bauer sucht Stau

Ab Montag wollen die Bauern und einige andere Unzufriedene das Land lahmlegen. Ein Grund zur Aufregung? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von Insa Osterhagen auf Pixabay

Ab dem 8.1.2024, also ab Montag, wird gestreikt, protestiert und demonstriert. Neben den Bauern will die GDL das Land lahmlegen, die Ärzte sind womöglich mit weiteren Praxisschließungen dabei und auch Handwerker sind aufgerufen, mal die Arbeit niederzulegen. Klingt nach Generalstreik, ist es aber nicht, auch wenn es sich so anfühlen könnte.

Das Demonstrationsrecht ist ein Grundrecht und es kommt nicht darauf an, ob die Demonstranten für irgendetwas Sinnvolles auf die Straße gehen. Wenn die Bauern nicht von ihren heiß geliebten Subventionen lassen wollen, dann ist das ja verständlich. Subvention ist bei Bauern ja nun seit Jahrzehnten ein unabänderliches Grundrecht. Wusstemalwiederkeiner.

Lerne klagen ohne zu leiden

Und weil das so ist, darf man das auch niemals ändern. Mein Großvater, der als Gartenmeister ebenso wie mein Vater zwar zur Landwirtschaft zählte, aber kein Bauer genannt werden wollte, fuhr seinen alten 180er Benz selbstverständlich mit Agrardiesel und wenn der gerade nicht da war, auch schon mal mit Heizöl. Irgendein Unrechtsbewusstsein? Fehlanzeige. Falls das noch jemanden anzeigen mag: der ist schon Jahrzehnt tot. Aber er sagte immer, für einen Landwirt sei nicht wichtig, zu leiden ohne zu klagen, sondern im Gegenteil immer zu klagen ohne zu leiden. Das wird dem Bauern mit der Bäuerinnenmilch weitergegeben.

Wer als Politiker nicht gelernt hat, dass es wenig Freude macht, sich mit der Bauernschaft anzulegen, der läuft Gefahr, Mist vor die Tür gekippt zu bekommen.

Merkel muss weg!

Das sieht nun auch die Ampel. Der Versuch zurückzurudern, um die Bauern zu beruhigen und vom Trecker zu holen, scheint schon gescheitert. Denn, wenn Bauer mal ehrlich ist, es geht schon gar nicht mehr um die Belastungen durch den Wegfall von Subventionen, es geht mittlerweile darum, die Regierung vom Feld zu verjagen. Flankiert von Trittbrettfahrern geht es um nicht weniger als „Merkel muss weg“. Also ich dachte zwar die wäre weg, aber es gab tatsächlich so ein Pappschild auf einer Demo. Richtig muss es jetzt heißen, „die Ampel muss weg“.

Auch wenn ich da ganz anderer Meinung bin, darf man auch unter diesem Motto demonstrieren. Ist alles vom Demonstrationsrecht gedeckt.

Nicht gedeckt ist allerdings das Blockieren einer Fähre. Das werden die Helden der Feldarbeit auch noch zu spüren bekommen, denn die Staatsanwaltschaft hat bereits Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Sankt Subventius

Irgendwie ist es schon lustig, dass die Bauern glauben, es sei geradezu ihre heilige Pflicht den Segen des Sankt Subventius zu fordern, gleichzeitig aber über diese Klimaaktivisten zu wettern, die ihnen den Weg zum Acker versperren.

Auch wenn es für die Legalität der Demos völlig egal ist, aus welchem Grund demonstriert wird, so darf man doch durchaus feststellen, dass die Bauern aus egoistischen finanziellen Motiven die Straßen blockieren, während die sogenannten Klimakleber dies tun, um künftigen Generationen noch ein gesundes Leben auf dem Planeten zu ermöglichen.

Hauptempfänger der Subventionen sind ja auch nicht die putzigen Kleinbauern aus „Bauer sucht Frau“, sondern die Agrarkonzerne, denen es allerdings gelingt, die Kleinbauern für ihre Interessen einzuspannen, bevor sie ihnen dann die Höfe abkaufen

Mich stören die Bauernproteste nicht. Was mich stört, ist die Gefahr, die aus dem Größenwahn entsteht, mit Gewalt oder Androhung von Gewalt eine Regierung zum Rücktritt zu zwingen. Demokratie hat ihre Spielregeln und wer die nicht einhalten will und meint, am Ende bestimme der, der den dicksten Traktor hat, will keine Demokratie. Das hatten wir schon mal und es ist nichts Gutes dabei herausgekommen.

Dass ein Bundespräsident sich zu aktuellen Themen äußert, ist in der Vergangenheit recht selten vorgekommen. Dass Steinmeier dies jetzt getan hat, zeigt, wie ernst die Lage ist.

P.S.:

Wer es mit seinem Trecker zu doll treibt, könnte später keinen Trecker mehr haben.

§ 74
Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) 1Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. 2Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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