Justizminister Buschmann – Eine gute Wahl

Der neue Bundesjustizminister wird Marco Buschmann. Eine gute Wahl meint unser Kolumnist Heinrich Schmitz.


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Als Jurist interessiert mich immer besonders, wer Justizminister wird. Das ist ein in der Öffentlichkeit häufig unterschätztes Ressort, aber es ist ein sehr Wichtiges. Was man als Justizminister insbesondere für Bürger- und Minderheitenrechte bewegen kann, hat eindrucksvoll Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bewiesen. Solche Justizminister mit einem ausgeprägten Rückgrat sind eher selten, aber umso wichtiger.

Nun wird es also Marco Buschmann, den ich seit ein paar Jahren zu meinen Facebookkontakten (das heißt da: Freunde) zähle und von dem ich mir einiges erwarte.

Bonn

Buschmann hat in Bonn Jura studiert. Er saß also, wenn auch wesentlich später, in denselben Hörsälen, in denen auch ich hören durfte und hat zwangsläufig eine Portion rheinischen Liberalismus geatmet. Er war auch Rechtsanwalt, was ja schon mal nichts Schlechtes ist. Anders als ein Pädagoge im Landwirtschaftsministerium hat der also schon einmal Ahnung von dem, was sein Ministerium ausmacht. Und er war von 2014 bis 2017 Bundesgeschäftsführer der FDP, was erhebliche Führungs- und Organisationsqualitäten verlangt, was auch für seine Tätigkeit als erster parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion gilt.

Was aber für mich persönlich interessanter ist und mich durchaus hoffnungsfroh stimmt, ist seine in der Vergangenheit gezeigte Haltung zu einzelnen politischen Themen.

Buschmann war – und ist hoffentlich noch – gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung und gegen Netzsperren. Dass das immer noch so ist, zeigt ein Tweet vom 25.11.2021

Heute vor zwei Jahren starb mein Freund und Kollege Jimmy Schulz. Mit ihm gemeinsam habe ich viele Jahre gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung und für ein Recht auf Verschlüsselung gekämpft. Ihm hätte der #Koalitionsvertrag sicher gefallen. Jimmy, Du fehlst!

Ich würde mich freuen, wenn Marco Buschmann sich als ähnlich mutiger Streiter für die Bürger- und Freiheitsrechte erweisen wird, wie dies Menschen wie SLS oder auch Gerhart Baum waren, die ich zu meinen persönlichen Vorbildern zähle.

Wir sehen, dass der Rechtsstaat und die Weltoffenheit unseres Landes wanken. Vieles, das vor kurzem noch selbstverständlich war, steht wieder zur Disposition. Wir fordern einen Rechtsstaat, der Freiheit und Sicherheit so ausbalanciert, dass er konkreten Gefahren entschieden entgegentritt, ohne aber die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu verletzen. Das bedeutet beispielsweise mehr Polizei anstatt anlassloser Überwachung der Allgemeinheit. https://mbuschmann.abgeordnete.fdpbt.de/

Auch hier kann ich nur ein dickes Ausrufezeichen hinter diese Aussage machen.

Schutz der Bürgerrechte

Nun soll man den Tag nicht vor dem Abend loben, aber ich bin mir jetzt schon sicher, dass es eine weitere Einschränkung von Bürgerrechten und einen weiteren Ausbau von übergriffigen Ermittlungsmitteln für Ermittlungsbehörden und Geheimdienste mit Buschmann nicht – oder nur über dessen Leiche – geben wird.

Auch wenn ich ansonsten mit der neuen, eher neoliberalen Politik der Lindner FDP fremdele – dass mal wieder ein Liberaler und dann auch noch dieser Liberale Bundesjustizminister wird, stimmt mich, trotz der ansonsten trüben Coronastimmung froh.

Lieber Marco Buschmann, ich gratuliere zum Ministeramt und wünsche alles Gute und eine glückliche Hand für die Zukunft. Lassen Sie sich nicht von angeblichen Zwängen verbiegen. Von der Sorte hatten wir nämlich schon zu viele. Schützen Sie unsere wunderbare Verfassung, stärken Sie die Rechte von Beschuldigten und Verteidigern, schauen Sie sich einmal ganz genau die Regeln des Maßregelvollzugs und auch des Betreuungsrechts an. Es gibt immer noch Ecken unseres Rechtssystems, bei dem die Grundrechte von Betroffenen mit Füßen getreten werden und kaum eine Hoffnung besteht, ihnen aus dieser Situation heraus zu helfen. Ich kann Ihnen das gerne mal näher erläutern und auch vor Ort zeigen.  Da wäre jede Menge Luft nach oben.

Wenn Sie, wie es anklang, den Strafprozess beschleunigen wollen – was besonders bei Haftsachen dringend erforderlich ist –, dann achten Sie darauf, dass das nicht zulasten der Betroffenen und der Qualität der Verfahren geht. Sie können in Ihrem neuen Amt viel bewirken, wenn Sie den dazu erforderlich Mut auch zu unpopulären Entscheidungen haben. Und ich bin mir ziemlich sicher, den haben Sie.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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