Senkt den Lion Rampant

zum Tode von Sean Connery
von Wolfgang Brosche


Bild von Françoise GISBERT auf Pixabay

Der Macho schlechthin ist tot….wer außer ihm hatte denn schon pussy galore? Also – pardon – Mädchenmösen die Menge – und blieb wie er in „Goldfinger“ (1964) bewies, ein unschlagbarer Gentleman, nicht wahr, Odd Job? Du mußtest vor ihm auf der/dem Hut sein!

Also auch die Unsterblichen sterben – ich hab gut reden, denn ich höre vom Tode Sean Connerys selbst in nichtbesten Zustand nach Infarkt und Schlag

Heinerich, der Wagen bricht –
Nein Herr, der Wagen nicht,
es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen…

…und so geht`mir im Krankenhaus, angesichts dieser Nachricht und hoffe, meine unintakte Seite wieder zu beleben… aber was ist das alles gegen die Kinomomente, die wir Sir Sean zu verdanken hatten?

Eigentlich mag ich ja keine Machos, außer, sie schmeißen mich über die Bettkante und zeigen mir, was ihre Harke ist…aber das hätte James Bond nie mit Miss Monepenny gemacht, und wenn er noch soviele Pennies für ihre frivolen Gedanken gegeben hätte.

Nur wenige Schauspieler sind für immer mit einer Rolle verbunden: Boris Karloff bleibt auf alle Zeit das Frankensteinmonster, Marlene Dietrich Lolalola auf dem Faß in Straps, Vivian Leigh in den Baumwollfeldern von Tara als „Tomorrow is another day“-Scarlett O`Hara und ein anderer Macho, auf dessen Schultern Connery stand, aber nicht lange – Humphrey Bogart -, bleibt für immer Phillipp Marlowe, auch wenn Jack Nicholson in „Chinatown“ es noch so grimassenscheidend probierte ihn zu kopieren.

Was ist das, was haben diese großen Sterne geschaffen? Ihr Körper und ihre Attitüde verschmolzen im Licht des Kinos zu unseren sichtbaren Wünschen und Sehnsüchten und wurden in ihnen sichtbar. Welches Mädchen wollte nicht wie Scarlett in jenem unschicklich grünen Ballkleid von Clark Gable herumgeschwenkt werden, wer wäre nicht gerne eine Motte im Zwielicht der Netztrümpfe Marlenes verbrannt? Wer wäre nicht gerne von des Baron Frankensteins Ungeheuer unsittlich berührt worden – und wer, Männer, jetzt seid keine Pussies – vom Agenten ihrer Majestät umworben , um sich womöglich einen undercut einzufangen? Frau Lenya, treten Sie vor!

Lotte, die Brecht-Kommunistin, wußte, was sie tat, als sie ihre Rolle in „Liebesgrüße aus Moskau“ annahm – die lesbische Spionagemajorin Rosa Klebb…sie wußte, daß moskauer Kommunisten zu allerlei fähig sind, wie zur Zeit die Putinspätkommunisten auch wieder unter Beweis stellen, ob mit vergifteten Nadeln in Pumps oder Giftinjektionen auf Putinkritiker…

Zwischen solch möderischen Enqueten bewegt sich mit traumgewandlerischer Sicherheit Sean-James Bond-Connery. Aber es sind luzide Träume, er weiß, daß am Ende: „the lady followed him!“ wie die letzte Gesangszeile von Connerys einzigem Western lautet – sie folgte ihm auch im Tod, die Heroine – und da diese Heroinen Brigitte Bardot und Audrey Hepburn ließen, konnte das seine Glaubwürigkeit nur steigern.

Connery konnte also vieles: Tragödie, zynischen Western und eben immer wieder Bond, wie keiner vor oder nach ihm.
Er ist der Held dieser Kapitalismusoperetten, der baritonale Tenor von Intrigen, Rankünen und Gewalt umflort, der sowohl aus „Apfelblüten“ einen Kranz niederlegen kann wie in „Man lebt nur zweimal“, aber auch den trumpistischen Multimillionär Blofeld wie alle anderen Schurken eiskalt abserviert im Schlammbad in „Thunderball“.

Connerys Stärke: selbst die absurdesten Situationen nehmen wir ihm ab – was dann nach ihm kam? Decken wir flamboyant den Mantel des Schweigens drüber. Wie könnte man ihn mit seinen Nachfolgern vergleichen. Er bleibt für immer der erste und einzig glaubwürdige Supermann: denn wer konnte wie er Ursula Andress anhimmeln und Gerd Fröbe aus seiner Cessna werfen, ohne mit der Wimper zu zucken.

Jaja, ich weiß – Connery hat noch viel mehr und viele schönere Filme gedreht als seine sechs Bonds – sechs plus einen, wenn man den selbstproduzierten „sag niemals nie“ dazurechnet… da ist Hitchcocks fataler „Marnie“, wo er den Retter einer frigiden Ehefrau spielt oder „Zardoz“, wo er das glattgekämmte Toupet, das er – the „sexiest man alive“ vom ersten Bond an tragen mußte gegen eine Zottelperücke vertauscht…oder da ist der gnadenlose Psychothriller, in der er einen Pädophilen überführen muß…immer spielt Connery auch das Absurdeste mit ehrlichstem Realismus – und das in einer Zeit, den 60ern und 70ern in der das Absurde en vogue war, in einem Beckett hätt´ich ihn gern gesehen, in der er seine Männlichkeit hätte zügeln müssen…. – ist ja James Bond selbst die absurde Mißgeburt des Ostwest-Konfliktes , eine riesig aufgeblasener Homunkulus von kapitalistischen Träumen und kommunisticher Reaktion – ja – da ist schon absurd: kommunistische Reaktion…aber all das fand eben in diesem Körper statt: Kraft und Wut, Aubruch, Eleganz und Zärtlichkeit, rohe Sexualität, Augenaufschlag und Schmeichelei und so vieles mehr, wofür wir ihn lieben. Er war eben ein diviner Star – es gibt deren nicht mehr.

Sean Connery ist am 31. Oktober gestorben. Senkt die Fahnen vor ihm, er war unvergleichlich und unerreicht – aber senkt die schottische Königsflagge, den Lion Rampant! Die einzig steht ihm zu!

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