Die Raser und der Mord
Am 18. Juni 2020 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) über die Revisionen der beiden Angeklagten im Berliner Raserfall. Dazu ein paar Überlegungen unseres Kolumnisten Heinrich Schmitz.
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Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Kann jemand,der an einem irrwitzigen Straßenrennen durch die Berliner Innenstadt mit einem anderen Fahrzeug kollidiert und dadurch dessen Fahrer tötet, als Mörder verurteilt werden? Der BGH meint: ja. Jedenfalls bezüglich desjenigen, der den Zusammenstoß – von Unfall möchte ich hier nicht gerne reden – selbst unmittelbar verursacht hat. Und so ist das Urteil des LG Berlin gegen den Raser rechtskräftig geworden.
Mag sein, dass da noch eine Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Auslegung des Mordparagrafen 211 StGB folgen wird, aber das ändert zunächst einmal nichts an der Rechtskraft. Der ordentliche Rechtsweg ist für diesen Täter mit der Entscheidung abgeschlossen. Das gilt allerdings nur für den und nicht für den anderen Raser, der ebenfalls wegen Mittäterschaft vom LG Berlin verurteilt worden war. Für den gibt es eine neue Verhandlung.
Irritationen
Das scheint einige Kommentatoren zu irritieren.
So schrieb z.B. der Kommentator des Tagesspiegels, Jost Müller-Neuhof:
Die enge gesetzliche Mord-Schablone, reserviert für die schlimmste vorsätzliche Untat, passte von Anfang an schlecht auf diesen Fall. Sie wurde, auf öffentlichen Druck, passend gemacht. Gerechter wäre, wenn beide Mörder wären oder keiner.
Nun kann man dazu feststellen, dass die Frage, ob der andere Täter ebenfalls noch wegen Mordes verurteilt wird, offen ist. Es ist mit dem BGH-Urteil ja nicht gesagt, dass das nicht noch passieren kann. Es ist bisher nur gesagt, dass die letzte Urteilsbegründung des LG Berlin diesen Schuldspruch nicht trägt.
Leider ist der Volltext der Entscheidung noch nicht verfügbar, weshalb eine echte Urteilsanalyse also noch gar nicht stattfinden kann, sodass alle Kommentatoren nur mit der Presseerklärung arbeiten können. Und da heißt es:
Auf die Revision des Mitangeklagten, dessen Fahrzeug nicht mit dem des Unfallopfers kollidierte, hat der Senat das Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft, insgesamt aufgehoben. Die Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes konnte keinen Bestand haben, weil die Beweiswürdigung des Landgerichts die Feststellung eines gemeinsamen, auf die Tötung eines Menschen gerichteten Tatentschlusses nicht trägt. Das Landgericht hat sich lediglich mit dem Vorsatz betreffend einen durch den Mitangeklagten selbst verursachten Unfall auseinandergesetzt. Nicht belegt ist die mittäterschaftliche Zurechnung der Tat des Unfallverursachers. Dass die Angeklagten – wie das Landgericht gemeint hat – während des Zufahrens auf die Kreuzung den auf das Straßenrennen ausgerichteten Tatplan konkludent auf die gemeinsame Tötung eines anderen Menschen erweiterten, liegt angesichts ihrer Fokussierung auf das Rennen auch fern.
Es geht also hier um eine Vorsatzproblematik. Das LG Berlin hatte sich nur mit dem Vorsatz „betreffend einen durch den Mitangeklagten selbst verursachten Unfall auseinandergesetzt“.
Auf ein Neues
Für die Feststellung einer Mittäterschaft müsste sich der Vorsatz aber eben auch auf einen durch den Unfallfahrer verursachten tödlichen Zusammenstoß beziehen. Dazu hat das LG Berlin wohl bisher keine ausreichenden Feststellungen getroffen, und deshalb muss es nun zum dritten Mal in die Beweisaufnahme einsteigen. Kann also durchaus sein, dass auch der zweite Angeklagte mit einer Verurteilung als Mörder aus der Sache herauskommt. Es kann aber auch sein, dass sein Vorsatz sich eben nur auf sein eigenes Verhalten bezogen hat, und er deshalb „nur“ wegen versuchten Mordes verurteilt wird.
Bei dem „Haupttäter“ hat das LG – nun vom BGH bestätigt – einen sogenannten bedingten Vorsatz (dolus eventualis) angenommen. Das bedeutet, dass der Täter den Tod des späteren Opfers zwar nicht positiv gewollt, diesen aber billigend in Kauf genommen hat.
Das Landgericht hat maßgeblich aus der außergewöhnlichen Gefährlichkeit des Fahrverhaltens des Angeklagten und der damit einhergehenden und von ihm erkannten Unfallträchtigkeit auf die billigende Inkaufnahme eines schweren Verkehrsunfalls mit tödlichen Folgen für den Unfallgegner und damit auf ein bedingt vorsätzliches Handeln dieses Angeklagten geschlossen. Es ist dabei den hohen Anforderungen an die Prüfung der vorsatzkritischen Aspekte gerecht geworden, die dieser Fall in besonderem Maße aufwarf. Die Strafkammer hat insoweit insbesondere bedacht, dass schon wegen der mit einem Unfall verbundenen Eigengefährdung des Angeklagten das Tatbild von einem typischen vorsätzlichen Tötungsdelikt abwich. Auch mit dem Handlungsmotiv des Angeklagten, den Rennsieg davonzutragen, der durch einen Unfall zwangsläufig vereitelt würde, hat es sich ausreichend auseinandergesetzt.
Bei Prüfung der Eigengefahr als vorsatzkritischen Umstand hat das Landgericht zu Recht nur auf das tatsächlich eingetretene Unfallgeschehen abgestellt. Es hat tragfähig begründet, dass der Angeklagte diesen Unfallhergang als möglich erkannte, die hiervon ausgehende Gefahr für sich selbst aber als gering einschätzte und hinnahm. Der Senat hat unter diesen Umständen die Erörterung der Frage, ob dem Angeklagten, als er den Entschluss fasste, das Rennen trotz der erkannten Unfallgefahr fortzusetzen, auch andere Unfallszenarien mit einem möglicherweise für ihn höheren Gefahrenpotential vor Augen standen, für entbehrlich erachtet.
Auch dem Handlungsmotiv des Angeklagten, das Rennen zu gewinnen, hat das Landgericht mit tragfähiger Begründung keine vorsatzausschließende Bedeutung beigemessen. Es hat belegt, dass der Angeklagte erkannte, das Rennen nur bei maximaler Risikosteigerung auch für Dritte unter Zurückstellung aller Bedenken gewinnen zu können, und ihm deshalb die Folgen des bewusst hochriskanten Fahrverhaltens gleichgültig waren.
Auf Deutsch bedeutet das: Wegen der irrwitzigen und brandgefährlichen Fahrweise des Angeklagten ist das Landgericht zu dem Schluss gekommen, dass der Fahrer einen tödlichen Zusammenstoß mit einem anderen Verkehrsteilnehmer durchaus für möglich gehalten hat, dieser ihm aber, trotz der Gefährdung seines eigenen Lebens – die er wegen seiner Protzkarre und seinen tollen Airbags eher gering einschätzte – in Kauf nahm und dabei auch, um das Scheißrennen zu gewinnen, bereit war, über Leichen zu gehen. Kann man durchaus so unterschreiben.
Unweigerlich Lebenslang?
Die Verurteilung wegen Mordes führt aber zunächst unweigerlich zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Der § 211 StGB sieht keine andere, kürzere Strafe vor. Es gibt keinen Strafrahmen, sondern nur ein Lebenslang für alle Mörder.
Und da könnte durchaus ein Ansatz für eine Verfassungsbeschwerde liegen. Ist es denn wirklich eine gerechte Strafe, wenn jemand, der bei einem illegalen Straßenrennen den Tod eines gänzlich unbekannten Menschen „lediglich“ in Kauf nimmt, genauso bestraft wird wie jemand, der mit voller Absicht einer Person auflauert und sie heimtückisch, grausam oder aus rassistischen Motiven umbringt? Müsste es da nicht, wenn man beides schon als Mord einstuft, eine Differenzierungsmöglichkeit bei der Höhe der Strafe geben? Einen Strafrahmen?
Dass hier eine Verurteilung als Mörder – und nicht etwa „nur“ wegen Totschlags – erfolgte, hängt mit der seltsamen Systematik der Tötungsdelikte zusammen. Wer einen Menschen tötet, ist grundsätzlich zunächst einmal wegen eines Totschlags dran. Zum Mord wird die Tötung eines Menschen erst, wenn zu der reinen Tötung besondere Umstände, die sogenannten Mordmerkmale hinzutreten.
§ 211
Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Sie sehen, es gibt Mordmerkmale, die auf die Motivation des Täters abzielen, also Mordlust, Habgier, Verdeckungsabsicht etc. und solche, die auf die Begehungsart abstellen, also heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln.
Kommt zu einer Tötung auch nur ein solches Mordmerkmal hinzu, dann wird der Totschlag zum Mord.
Heimtückisch/niedrige Beweggründe
Im Raserfall akzeptierte der BGH die vom LG festgestellten Mordmerkmale „heimtückisch“ und „sonst aus niedrigen Beweggründen“, lehnt aber das Merkmal „mit gemeingefährlichen Mitteln“ für das Auto als Tatwaffe ab. Und so sitzt man dann in der Mordfalle, die nur eine einzige Strafe kennt: die lebenslange Freiheitsstrafe.
Nun empfinde ich zwar nicht die geringste Sympathie mit Rasern, die das Leben anderer Verkehrsteilnehmer rücksichtslos gefährden, indem sie sich über alle Verkehrsregeln hinwegsetzen, gleichwohl stört es mein Gerechtigkeitsempfinden, wenn so jemand dieselbe Strafe erhält, wie jemand, der eine Bombe in einer Menschenmenge zündet. Da ist irgendetwas schief. Das ist einfach nicht dasselbe Unrecht und deshalb dürfte es auch nicht dieselbe Strafe dafür geben.
Die Systematik der Tötungsdelikte ist in der Rechtswissenschaft schon lange umstritten, insbesondere auch wegen des systemwidrigen Wortlautes. Bei allen anderen Delikten wird man wegen eines bestimmten Verhaltens, also z.B. wegen Raubes bestraft.
§ 249 Raub. (1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
Hingegen wird man bei den Tötungsdelikten nicht wegen Mordes oder Totschlages, sondern „als Mörder“ oder „als Totschläger“ bestraft. Die Tat wird praktisch zu einer Eigenschaft der Person.
Tatbestand und Rechtsfolge
Jedes „anständige“ Gesetz besteht aus zwei Bestandteilen. Tatbestand und Rechtsfolge. Das ist das erste, was meine Rechtskundeschüler lernen. Im Tatbestand steht drin, was man nicht tun darf, und in der Rechtsfolge, was für eine Strafe bei einem Verstoß gegen diesen Tatbestand vorgesehen ist. Also ein klares Wenn/Dann.
Und beim Mord? Kommt erst mal eine einzige, drakonische lebenslange Strafe im Zusammenhang mit einem fiesen Wort: Mörder.
Im ursprünglichen Gesetzestext des StGB von 1871 stand nämlich im Prinzip noch das, was man für einen anständigen Mordtatbestand hielt:
§. 211
Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft.
Und auch der Totschlag war nahe an der Rechtskundeschüler-Definition:
§. 212
Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung nicht mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Todtschlages mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.
Sie erkennen: klare Tatbestände, klare Rechtsfolgen. Die Tat wird als Mord oder als Totschlag bezeichnet. Der Täter wird „wegen Mordes“ oder „wegen Todtschlages“ verurteilt, nicht „als Mörder“. Schöne klare Gesetze, wie es sich gehört.
Dann kam Freisler
Aber dann kamen die Nazis. Die Änderung des Mordparagraphen erfolgte nach 70 Jahren, ohne dass es dafür eines anderen Grundes bedurft hätte, als Menschen bewusst zu entmenschlichen. Zur Zeit der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz. Zu der Zeit, als es nicht mehr darum ging, Taten gerecht abzuurteilen, sondern Menschen zu verurteilen, Menschen um jeden Preis zu vernichten. Ob nun die genaue Formulierung des Mordparagrafen vom „Scharfrichter des Bösen“, Roland Freisler, unmittelbar, oder – wie der Strafrechtler Rubach aus Augsburg meint – von „Schmidt-Leichner, einem glänzenden Juristen, der nach dem Krieg ein ebenso glänzender Strafverteidiger wurde“, stammt, ist dabei herzlich nebensächlich.
Tatsache ist, dass der geifernde Robenmörder Freisler genau das tat, was dieser Wortlaut provoziert, Menschen von Menschen, die eine Straftat begangen haben, in etwas anderes, nämlich in Mörder, zu verwandeln. Rund 2.600 Menschen schickte alleine Freisler per Urteil in den Tod. Dabei half ihm insbesondere das Tatbestandsmerkmal „niedrige Beweggründe“, dass dieser Mörder in Robe beliebig auslegen konnte. Freisler wollte gar keine festgelegten Tatbestandsmerkmale, sondern den Tätertypen „Mörder“.
Der Gesetzgeber hat ihn nicht durch Zusammensetzung von Tatbestandsmerkmalen konstruiert. Er hat ihn ganz einfach hingestellt. Damit der Richter ihn ansehen und sagen kann: Das Subjekt verdient den Strang.“ Zitat Freisler
Nach den Nazis konnte die bundesdeutsche Justiz sich dann mit diesen irrwitzigen „Mordmerkmalen“ herumschlagen. Der Gesetzgeber beließ es bei dem Naziparagraphen.
Und hat damit auch das Problem, dass es für den „Mörder“ nur eine Einheitstrafe gibt, also keine Möglichkeit, das Lebenslang zu unterschreiten, und somit alles über einen Kamm geschoren werden muss.
Gesetzlichkeitsprinzipien
Ein weiteres Problem besteht aus meiner Sicht im Gesetzlichkeitsprinzip, das in Art. 103 II GG, § 1 StGB und Art. 7 I EMRK verankert ist. Dort heißt es:
Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
Das Prinzip hat vier Grundausprägungen:
1. Das Analogieverbot (nulla poena sine lege stricta)
2. Das Schriftlichkeitsgebot (nulla poena sine lege scripta)
3. Das Rückwirkungsverbot (nulla poena sine lege praevia)
4. Der Bestimmtheitsgrundsatz (nulla poena sine lege certa)
Insbesondere der Bestimmtheitsgrundsatz macht mir im Zusammenhang mit dem Mordparagrafen Bauchschmerzen. Der Bestimmtheitsgrundsatz hat zum Ziel, dass der Bürger erkennen kann, wann er sich außerhalb des Erlaubten bewegt. Gleichzeitig soll er aber auch vor Willkür bei richterlichem Handeln geschützt werden. Und so sind Generalklauseln zwar nicht generell unzulässig, die einzelnen Tatbestandsmerkmale müssen aber so klar beschrieben sein, dass man ihren Sinn durch Auslegung erfassen kann. Bei den niedrigen Beweggründen ist das eher schwierig. Denn es gab seit Bestehen der Bundesrepublik noch nie eine Verurteilung wegen Mordes im Zusammenhang mit einem illegalen Autorennen. Wenn mir vor diesem Fall jemand gesagt hätte, dass es zu so einer Verurteilung kommen würde, hätte ich nur ungläubig geschaut, und so wird es vielen anderen wohl auch gegangen sein. War das vor der Tat hinreichend präzise bestimmt?
Rechtsfolgenlösung
Nun hat zwar die Rechtsprechung – nicht etwa der Gesetzgeber – mit der sogenannten Rechtsfolgenlösung bereits eine Art Notlösung für Fälle, in denen die lebenslange Freiheitsstrafe unangemessen erscheint, „ erfunden“ , die ist aber dogmatisch alles andere als sauber oder befriedigend.
Auf Grund der Wertvorstellungen der Verfassung und des sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesverfassungsgericht eine Regelungslücke festgestellt, die zwar nicht als ursprüngliche »planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes« (vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz S. 39; Engisch, Einführung in das juristische Denken 7. Aufl. S. 141; Krey JZ 1978, 361, 364/365; Larenz, Festschrift für Heinrich Henkel S. 31, 40) angesehen werden kann (aA Geilen JR 1980, 309, 314), die aber einer solchen Unvollständigkeit auf Grund eines Wandels der Rechtsordnung gleichzuachten ist (vgl. Engisch aaO S. 145; Larenz aaO S. 41). Die Behebung dieser Lücke hat das Bundesverfassungsgericht dem Bundesgerichtshof überlassen. Dem Großen Senat für Strafsachen ist es nicht verwehrt, sie dadurch zu schließen, daß er in Heimtückefällen auf der Rechtsfolgenseite des Mordes (§ 211 Abs. 1 StGB) an die Stelle lebenslanger Freiheitsstrafe den Strafrahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB treten läßt, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die das Ausmaß der Täterschuld erheblich mindern (vgl. BVerfGE 34, 269, 290).“ https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=19.05.1981&Aktenzeichen=GSSt%201%2F81
Meine Oma hätte gesagt, da haben die aber gefuttelt. Danach tritt an die Stelle lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe von drei bis fünfzehn Jahren (§§ 49 I Nr. 1, 38 II StGB). Blöderweise greift aber auch das nur in reinen Heimtückefällen, obwohl es natürlich auch andere Fälle gibt, bei denen das Lebenslang als zu harte Strafe angesehen wird.
Vielleicht sollte der Gesetzgeber sich ja doch einmal ein Herz fassen und sich der Reform und Modernisierung des Rechts der Tötungsdelikte widmen. Über die Vorschläge einer Expertenkommission hatte ich bereits 2015 geschrieben. Der damalige Justizminister Maas wollte eine Reform anstoßen. Beim Wollen ist es dann auch geblieben, wie so vieles bei Maas. Vorschläge gab es genug. Man muss sie nur mal anpacken.