Grün ist Leben

Eine Studie der ETH Zürich weist einen sympathischen Weg aus der Klimakrise. Mal schauen, ob die Staaten sich darauf einigen können.


Bild von Johannes Plenio auf Pixabay

Als Kind lebte ich inmitten einer Baumschule. Also einer richtigen Baumschule, nicht in einer reinen Verkaufsstätte für Pflanzen, sondern in einem Betrieb, der Pflanzen vermehrte, veredelte, aufzog und dann erst verkaufte. Bei all diesen Tätigkeiten war ich in meiner Freizeit gerne dabei. Wenn ich nun erzähle, dass ich auf dem Rücken unseres Ackerpferde Fritzchen den ganzen Tag vor dem Pflug her ritt, dann erkennen Sie, wie lange das schon her ist – und wie alt ich nun geworden hin. Wir hatten natürlich auch einen Traktor, aber Fritzchen achtete stets daraus, nicht auf die jungen Pflanzen zu treten. Okay, manchmal aß er auch ein paar Blätter, aber es war dann mein Job, ihn zur Ordnung zu rufen.

Im Laufe ihres Lebens haben mein Großvater, der den Betrieb vor dem Krieg gegründet hatte und mein Vater hunderttausende Bäume und Sträucher aufgezogen und verkauft. Eine schöne, aber auch knochenharte Arbeit. Und eine Saisonarbeit. Wenn man in der Verkaufs- und Pflanzsaison nicht genug eingenommen hatte, konnte es im Winter ganz schön brenzlig werden. Und obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, wurde nie auch nur ein einziger Arbeiter in der Winterzeit entlassen, obwohl es außer ein paar Aufräumarbeiten nicht viel zu tun gab. Das war eine Frage der Ehre.

Warum erzähle ich Ihnen das? Nun, ich erzähle hier eigentlich immer nur Sachen, die mich selbst interessieren und bewegen. Und wenn ich durch meine Heimatstadt gehe, dann sehe ich überall die Bäume und Sträucher, die ich schon im ihrem Babyalter in unserem Betrieb gesehen habe. Ich schätze mal, dass mindestens jeder dritte Baum in Euskirchen und Umgebung, der älter als 30 Jahre ist, aus dieser Produktion stand und bei manchen erinnere ich mich sogar noch, wie er gepflanzt wurde.

Bäume sind Leben

Mein verwunschener Garten besteht auch heute noch zum großen Teil aus Pflanzen, die für den Verkauf nicht schön genug waren und auch heute noch bekomme ich innerlich Wutanfälle, wenn Menschen lebende Pflanzen wegschmeißen, weil sie nicht mehr schön sind.

Lange bevor die Partei der Grünen gegründet wurde, hatte ich einen Aufkleber des Bundes Deutscher Baumschulen auf meiner Tasche. „Grün ist Leben“. Ein Slogan, den der BdB auch heute noch verwendet und der heute noch wichtiger und richtiger ist als damals.

Von ein paar Idioten abgesehen, weiß heute jeder Mensch, wie wichtig es ist, etwas gegen die überbordenden C02- Emissionen zu tun. Das muss auf der einen Seite durch eine Abkehr von der Verbrennung fossiler Brennstoffe geschehen; auf der anderen Seite kann man aber auch dafür sorgen, dass das in der Luft befindliche CO2 aus dieser herauszunehmen.

Das geht zum Beispiel mit Filteranlagen, die gleichzeitig Brennstoff produzieren, es geht aber auch viel einfacher, mit Bäumen.

Ein gewaltiges Projekt

Die ETH Zürich hat errechnet, dass man mit einer ganz massiven Aufforstung das Potenzial habe, zwei Drittel der bislang von Menschen verursachten klimaschädlichen CO2-Emissionen wieder aufzunehmen. Okay, da geht es nicht um ein paar Bäumchen in Ihrem Garten, sondern um ein gewaltiges Projekt.

Die Neubepflanzung müsste 900 Millionen Hektar zusätzlichen Wald umfassen, also eine Fläche die etwa 25 mal so groß ist wie Deutschland. Das ist also kein Programm, das ein Land alleine stemmen könnte, aber es ist auch kein Programm, das nicht zu schaffen wäre, wenn man denn will.

Die Forscher stellten fest, dass besonders viele und geeignete Flächen sich dafür in Russland, den USA, Kanada, Australien, Brasilien und China befinden. Ganz vorne liegt Russland mit 151, die USA mit 103, Kanada mit 78,4 , Australien mit 58 , Brasilien mit 49,7 und China mit 40,2 Millionen Hektar. Diese neuen Wälder könnten, wenn sie herangewachsen sind, 205 Milliarden Tonnen Kohlenstoff speichern. Das ist eine ganz schöne Menge. Etwa zwei Drittel der Menge, die seit der industriellen Revolution durch uns Menschen in die Luft gejagt wurden.

Und nun sollte es nicht jahrelange Diskussionen und ewiges Rumgelaber geben, sondern eine ziemlich zügige Umsetzung dieser Idee, denn ETH-Professor Tom Crowther, Mitautor der Studie und Gründer des Crowther Lab, sagt dazu:

Wir alle wussten, dass die Aufforstung der Wälder einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten könnte, aber bislang war unklar, wie groß der Effekt wäre. Unsere Studie zeigt deutlich, dass Flächen zu bewalden derzeit die beste verfügbare Lösung gegen den Klimawandel ist. Allerdings müssen wir schnell handeln, denn es wird Jahrzehnte dauern, bis die Wälder reifen und ihr Potenzial als natürliche CO2-Speicher ausschöpfen.»

Gleichzeitig muss es ebenso schnell realisiert werden, dass das irrsinnige Abholzen der großen Wälder, insbesondere der Regenwälder, gestoppt wird. Bäume, die bereits ausgewachsen sind und riesige Mengen CO2 aufnehmen können zu erhalten, ist mindestens genauso wichtig wie das Anpflanzen neuer Wälder.

Investition für die Menschheit

Ja, das kostet Geld. Aber es ist eine Investition für die Menschheit. Und vielleicht wäre es auch eine Aufgabe, die da sie nur mit internationaler Zusammenarbeit gelingen kann, nicht nur ein Klima-, sondern auch ein Friedensprojekt werden könnte.

Vielleicht schafft die Menschheit es ja doch noch in die Pötte zu kommen. Es wäre sehr traurig, wenn diese Studie jetzt nur einmal eine Runde durch die Medien dreht und dann wieder in der Schublade landet. Aber ich bin mir eigentlich ganz sicher, dass die wunderbare Greta Thunberg und all die Millionen Schüler auf der Welt dafür sorgen, dass das nicht geschehen wird. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass sich viele Freiwillige finden, die beim Aufforsten dabei sein würden. In der Zwischenzeit können Sie ja schon mal ein paar neue Bäume pflanzen. Oder auch verhindern, dass Bäume sinnlos gefällt werden. Der Hambacher Forst ist zwar nur ein kleines Wäldchen, aber auch er besteht aus Bäumen die CO2 aus der Luft nehmen. Auch wenn Sie damit nicht alleine die Welt retten, jeder Baum ist ein Zeichen von Hoffnung und Zuversicht. Helfen wir den Bäumen, so helfen wir uns selbst.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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