Hassbus

Während in Chemnitz noch der rechte Mob die Straßen unsicher machte, hinter Menschen herjagte, die ihm nicht deutsch genug aussahen, sogar bereits wieder den Besitzer eines jüdischen Restaurants angriff und das Lokal vandalierte, wurde er gewiß gewienert, poliert und auf Vordermann gebracht – denn schmuddelig soll er bestimmt nicht durch seine Zielstädte rollen, der Bus des Hasses und der Zwietracht von „Citizen GO“ und der „Demo“, die sich fälschlicherweise für „Alle“ schimpft, tatsächlich aber nur wenige Auserwählte meint.


Das orangefarbene Gefährt agitourt vom 8. Bis zum 15. 9. durch deutsche Städte und die, gegen die agitiert wird, nennen ihn zu Recht Bus des Hasses.

„Ehe bleibt Ehe. Jungs sind Jungs. Mädchen sind Mädchen.“

Vor genau einem Jahr versuchten fundamentalistische Katholiken und Evangelikale damit ein letztes Aufgebot gegen die „Ehe für Alle“. Die autoritäre Aufschrift des Busses, der wegen seiner orange bemalten Scheiben keine Einsichten zuläßt, lautete:  „Ehe bleibt Ehe. Jungs sind Jungs. Mädchen sind Mädchen.“ Punktum!

Das wirkte wie das zornige Aufstampfen eines zurückgebliebenen Schülers, der auch nach der x-ten Nachhilfestunde, den Stoff nicht kapiert.   Die diesjährige Wiederholung mutet an, als bestehe ein Spätpubertierender noch immer auf der Geschichte vom Christkind. In diesem Fall paßt wohl eher die Legende vom Klapperstorch. Wie auch immer – die Reaktion auf die zerstörten Kinderträume ist höchst aggressiv.

Noch immer agitieren die „Demo für Alle“ und Citizen GO mit schlichten Lügen-, Halbwahrheiten und haltlosem Unsinn gegen einen offenen Unterricht an deutschen Schulen, in dem man basierend auf neuen Bildungsplänen dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung trägt, nicht mehr überkommene Rollenbilder predigt und andere als die bisher als diktatorische Norm geltende Heterosexualität gleichberechtigt behandelt.

Die Busbetreiber schwadronieren. Dieser Unterricht bedeute eine Bedrohung für Kinder, sei womöglich sexuell übergriffig und könne sie in ihrer Sexualität beeinflussen, meint natürlich verderben.

Zombewahn

Fanatischer als im vergangenen Jahr wird sogar die uralte Lüge vom Zusammengang von Homosexualität und Pädophilie im schmutzigen Munde geführt. Der Kampf gegen Homo- und Transsexualität, dazu sollen in einem Aufwasch unter dem Stichwort „Gender“ noch weitere Themen, vom Feminismus über Abtreibung, Verhütung, sogar Ehescheidung etc. geschliffen werden – findet auf mehreren Ebenen statt. Hier wagt sich, nicht zufällig 50 Jahre nach der sexuellen Revolution, ein Zombiewahn des reaktionären Christentums aus der Deckung, ein frömmelnder Ladenhüter, der als homosexuelle Weltverschwörung  unter die Leute gebracht wird:  die Paulinische Sexualphobie. Sie ist eine schäbige Mischung der kleinlichen Mißachtung anderer und schäbigstem Neid.  Was ich nicht haben kann, sollst Du erst Recht nicht haben. Aus der Verweigerung und dem Vorenthalten der Sexualität entstehen natürlich Frustration und Aggression.

Diese Aggression wird verdreht zum göttlichen Willen: Gott will nur, was er versteht und gönnt; heterosexuelle Männer und Frauen zwecks fortwährender Zeugung neuer Gläubiger. Sex ist nur zum Kinderzeugen da –  und wird damit zu einem Mittel des Be- Herrschens.

 

Die weltumspannende Homolobby

Eine der niederträchtigsten Gallionsfiguren dieser antisexuellen Bewegung, Gabriele Kuby, predigt seit rund zehn Jahren, die europäische Kultur, sei durch die „totale Sexualisierung der Gesellschaft“ bedroht. Seit der Französischen Revolution sieht Kuby eine Abwärtsspirale, die nun ihren Tiefstpunkt beim Gewähren von gleichen Rechten für Homosexuelle gefunden habe und unter dem Stichwort „Gender“ nun alle überkommenen Rollenbilder sprengen wolle. Der Untergang des Abendlandes – mal wieder; Herr Spengler konnte sich wohl nicht denken, daß der über die Geschlechtsorgane in Gang gesetzt werden sollte. Oder – um es ganz aktuell zuzuspitzen: „Die Mutter aller Probleme ist die Gleichberechtigung der Homosexuellen!“ – Da kann auch die CSU zustimmen und zwar in Gestalt der Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, die am vergangenen Wochenende zum Start der Bustour in Regensburg erschien und in die Hetzposaune stieß und forderte, Homosexuelle sollten „unter der Bettdecke bleiben!“ – Womit sie Menschen schlicht auf Sex reduzierte und forderte: Bleibt in den Schatten, im Untergrund, stört unsere Kreise nicht mit Euren Unausprechlichkeiten –  Ihr sollt Euch verstecken und letztlich schämen. Wir werden den Teufel tun, Frau Thurn und Taxis, Adel ist abgeschafft. Und ich werde ebenfalls den Teufel tun, Sie Durchlaucht zu nennen, wie Sie das so gerne wünschen – und damit klar bezeugen, daß Sie sich für was Gottgegeben-Besseres halten…

Gabriele Kuby wird nicht müde zu betonen, daß die „weltumspannende Homolobby“ (ein infamer Trumm wie die „Jüdische Weltverschwörung“) es vor allem „auf die Kinder“ abgesehen habe. Das wolle man erreichen durch das Abschaffen der Geschlechter, der gottgegebenen Zweigeschlechtlichkeit und damit der göttlichen Ordnung, die gleichzeitig auch die natürliche Norm sei.

Der halbwegs geistig Gesunde faßt sich an den Kopf – aber in einem haben Frau Kuby und ihre Spießgesellen Recht: wer die Sexualität der Menschen normiert, der hat noch mehr als deren physische Organe in den Pranken. Es geht um Macht: Darum sind ja auch die Anhänger von Citizen GO und der „Demo für Alle“, so scharf auf das Tema Sexualität, – um im Bild zu bleiben.

In vorderster Front werden diese Angriffe gegen Homosexuelle und Transmenschen geführt. Beide Gruppen  – den Transmenschen erst vor wenigen Monaten – nahm die Weltgesundheitsorganisation das Stigma der „Krankheit“. Endlich ist es eine schlichte Tatsache, daß es Menschen gibt, die anders empfinden als die Mehrheit, die deshalb aber nicht schlechter oder minderwertiger sind und deren Gefühle und  Begehren respektiert als Menschenrecht werden sollen und die nicht mehr fürchten müssen als Kranke oder Kriminelle gequält zu werden. Also verlangen sie folgerichtig nach der rechtlichen Gleichstellung auch eine gesellschaftliche.  Diese menschenrechtliche Gleichstellung mit allen Mitteln zu verhindern, ist aber das Ziel des Busses von Citizen GO.

Wer verhindern will, daß Kinder und Jugendliche in der Schule von Menschen erfahren, die nicht-heterosexuell genormt leben, ihnen im Unterricht womöglich begegnet oder feststellt, sie sitzen neben mir in der Bank oder wohnen in der Nachbarschaft, der wird gebeutelt von bibbernder Angst oder vibrierendem Haß. Unverhohlen lassen die Gegner der Gleichstellung durchblicken, daß sie fürchten, durch einen offenen Umgang miteinander, könnten ihre Kinder homosexuell werden. Das ist nicht weniger  primitiv und grausam wie Behauptung von Rassisten, der Umgang mit Menschen anderer  Hautfarbe würde abfärben. Zuende gedacht führt die Absonderung von Homo- oder Transsexuellen zu einer neuen Art der Apartheit – und der liegt immer zugrunde ein wackliges Konstrukt von der Minderwertigkeit einer Menschengruppe.

Nun wissen wir längst, daß man nicht zum Homosexuellen „verführt“ werden kann. Wir wissen auch, daß Homosexualität nichts mit Pädophilie zu tun hat.  Aber so lange diese Herrschaften der „Demo für Alle“ diesen menschenverachtenden Unsinn als  ihre Meinung bezeichnen (darum nennen sie ihr Unternehmen auch „Bus der Meinungsfreiheit – jaja, die Homos gefährden die Meinungsfreiheit und sind schuld an allen Übeln), fordern sie im Kern   die Ungleichbehandlung von Menschen, sie fordern daß es Menschen zweiter Klasse nach ihrem Gutdünken geben möge.

Träume von der unveränderlichen Standesgesellschaft

Das ist die wirkliche Brisanz der Forderungen des Citizen GO Busses. So wie randalierenden Rassisten in Chemnitz, die ja auch im Anderen, dem Flüchtling, den Menschen mit anderer Hautfarbe oder anderer Religion, eine Bedrohung sehen, benehmen sich auch die Anhänger von Citizen GO. Leute, die sich selbst als besser, berechtigter, als Menschen erster Klasse sehen, die andere aussperren, wegdrängen oder gar verfolgen wollen verhöhnen Demokratie und Menschenrechten. In noch tieferen Schichten der Menschenverachtung geht es letztlich genau darum: um Hierarchie und Ungleichheit – auch das ein Grund, weshalb sic soviele Adlige, Befürworter einer unveränderlichen Standesgesellschaft unter den Homohassern finden.

Rußland ist zwar de iure noch nicht wieder eine Klassengesellschaft, aber de facto schon; damit das Volk nicht merkt, daß es von skrupellosen Oligarchen ausgeplündert wird, wirft man ihnen eine Menschengruppe zum Abreagieren der Frustrationen vor: die Homosexuellen.

Nicht umsonst loben Homohasser das Putin-Rußland, in denen Homosexuelle bereits wieder an die gesellschaftlichen Ränder gedrängt werden, durch Gesetze, die ihnen verbieten Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit auszutauschen wie Heterosexuelle. Durch andere Gesetze werden sie, um sich überhaupt treffen zu können, wieder in den Schmuddeluntergrund gedrängt. Die Polizei schaut weg, wenn Homosexuelle wie Freiwild durch die Straßen gejagt, verprügelt oder wie einst erpreßt werden. Und die Bevölkerung knurrt zustimmend: Geschieht ihnen recht! Sie sind unrussisch!

Träumen die Anhänger der „Demo für Alle“ von solchen Zuständen? Rücksichtnahme, Anerkennung sind ihnen völlig gleichgültig. Sie genießen Niedertracht und Spott, so wie Birgit Kelle, die schon bei einigen Veranstaltungen der „Deo für Alle“ als sogenannte Fachfrau für „Genderthemen“ auftrat. Als im Frühsommer die WHO endlich „Transsexualität“ von der Liste der Krankheiten strich, twitterte sie infam: „Krankheiten werden nicht mehr von den doofen Fachleuten und Medizinern definiert, sondern von  Aktivisten und persönlich Betroffenen!“

Ich will mich gar nicht mehr mit dieser dummen Dreistigkeit aufhalten – Kelle verfolgt damit eine Taktik, die z.B. Gabriele Kuby & Co. schon seit längerem eingeschlagen haben: sie insinuieren, es sei der Druck von Lobbyverbändern gewesen, der die WHO bereits dazu gebracht habe Homosexualität vor rund 20 Jahren von dieser Liste zu streichen. Und damit wird ja auch klammheimlich angedeutet, große, internationale Organisationen seien von Homosexuellen unterwandert, natürlich mit dem Ziel alles zu homosexualisieren.

Die immer noch starrsinnig aufrecht gehaltene Behauptung, Homo- und Transsexuelle seien krank, erlaubt, zuende gedacht, auch die „Behandlung“. die in Deutschland noch immer nicht verboten ist, obwohl man längst weiß, daß eine solche Behandlung nicht nur keine Wirkung zeigt, sondern übelste Folgen – bis zum Selbstmord. Aber das löst für Homofeinde auf gewisse Weise auch ihr Problem.

Ein genaueres Auffächern von Strategien und Motivationen dieser Homo- und Transfeinde – muß ich mir für eine umfangreichere Arbeit aufsparen. Sie haben jedoch politische Absichten, die weit über das Verdrängen von betroffenen Menschen hinausgehen – mal ganz abgesehen davon, was ihre Haltung unmittelbar an Vernichtung und Zerstörung vor allem bei  jungen Menschen bedeutet,  die jene vorgeben schützen zu wollen.

Zu diesen politischen Plänen will ich hier aber nicht schweigen:

 

Motivationen, Absichten und Hintergründe

Die „Demo für Alle“ ist ein Aktionsbündnis von reaktionären Katholiken und Evangelikalen, obskuren aristokratischen Interessenverbänden wie der „Gesellschaft für Tradition, Familie und Privateigentum“ des Mathias von Gersdorff und politisch äußerst rechts stehenden Organisationen. Gegründet wurde die „Demo“ nach dem Vorbild der militant homofeindlichen französischen Bewegung „manif pour tous“ – die allerdings selbst mit Massendemonstrationen keines ihrer Ziele erreicht hat. Gelenkt wird das Projekt von Hedwig von Beverfoerde, einer erzkatholischen Aktivistin.  Zu Beginn, im Jahr 2014, geschah die Organisation aus dem Berliner Büro der führenden AfD-Politikerin Beatrix von Storch. Beverfoerde trat 2016 der CDU aus, weil sie ihr zu liberal geworden war; seitdem bekundet sie auf ihren Twitter- und Facebookseiten des Öfteren große Zustimmung zur Politik der AfD. Sie ist Mitglied weiterer vor allem katholischer Verbände und über die Initiative Familienschutz  wiederum Teil der Zivilen Koalition, einem verzweigten rechten Politnetzwerk des Ehepaars von Storch.

Mit „Citizen GO“ ist die „Demo für Alle“ Teil eines bisher im Verborgenen agierenden reaktionären internationalen Netzwerkes, „Agenda Europe“. Entstanden 2014 als Zusammenschluß aus fast zwei Dutzend fundamentalistischen vor allem katholischen Organisationen. Deren Ziel heißt „Restoring the Natural Order“. Dabei geht man nicht zimperlich vor.

Nach einer vom Europäischen Parlament herausgegebenen Dokumentation zur „Agenda Europe“ wird besorgniserregend aggressive Lobbyarbeit bei der EU und in europäischen Staaten betrieben:  zuvörderst gegen die Gleichstellung von Homo- und Transsexuellen, gegen Frauenrechte, Abtreibung, Ehescheidung etc. – eines der erklärten Endziele ist ausdrücklich in einer Art Gründungsdokument der Agenda festgeschrieben: die Rekriminalisierung der Homosexualität. Daß auch wieder der alttestamentarisch klingende und gezielt stigmatisierende Begriff der „Sodomie“ eingeführt werden soll, ist dabei eine schäbige Fußnote.

Die offenbar nicht unerhebliche Finanzierung von „Citizen CO“ ist undurchsichtig. Über den  Bus, der im letzten Jahr durch Deutschland tourte hieß es, das Projekt erfahre Unterstützung von einem russischen Oligarchen.

Tatsächlich gibt es eine ganz Busflotte des Hasses in verschiedenen Ländern, in corporate Identity gestaltet: sie tourte bereits in der bekannten antihomosexuellen Absicht durch zahlreiche ehemaligen Ostblockstaaten, auch durch Spanien und sogar durch Staaten der USA. Im vergangenen Jahr flog sogar ein leuchtend orange lackiert wie die Busflotte ein Flugzeug mit dem Transparent „Sie sind hinter unseren Kindern her!“ über spanische Urlaubsstrände.

„Citizen GO“ wurde als Projekt einer anderen reaktionären Initiative, HazteOir gegründet; die Betreiber behaupten sie hätten in rund 50 Ländern Millionen von Anhängern unter anderem auch in Südamerika, den USA, Polen, dem bereits „illiberalen“ Ungarn  und sogar im Nahen Osten. Propagiert wird eine streng katholisch-patriarchale Standesgesellschaft.

US-amerikanische Menschenrechtsorganisationen bezeichnen „Citizen GO“ als LGBTIQ-feindlich, militanten Gegner der Abtreibung, Vorkämpfer für ein reaktionäres Geschlechterbild und rassistisch (“White Supremacist“).

Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, daß sowohl „Citizen GO“ als auch „HazteOir“ angeführt werden von dem Madrider Rechtsanwalt , Ignacio Arsuaga von dem es heißt, er sei der Urenkel des Diktators Francisco General Franco.

Der Bus, der in diesen Tagen durch Deutsche Städte tourt, ist also nicht bloß ein Vehikel ewig gestriger Frömmler. Mit der gleichen Strategie, mit der es der AfD gelungen ist, nahezu den gesamten politischen Diskurs zu vergiften und beherrschen und damit Menschenverachtung salonfähig zu machen, arbeiten auch Hedwig Beverfoerde, ihre „Demo für Alle“ und „Citizen GO. „Endziel“ ist die Verächtlichmachung von Nicht-Heterosexuellen Menschen, ihre Ächtung und erneute Kriminalisierung. Oder humanistisch gesprochen: bewußt ausgeübte Mißachtung, Verletzung, Grausamkeit und Leid.

 

 P.S.

Es ist mir daher völlig unverständlich, weshalb die Organisation „Enough is Enough“, die für sich reklamiert für LGBTIQ-Rechte zu kämpfen, bewußt darauf verzichtet am Endpunkt der Tour in Berlin, eine größere Demonstration gegen Schwulenfeindlichkeit und Unmenschlichkeit zu organisieren. Angeblich will man dem Bus keine unverdiente Aufmerksamkeit schenken; diese Hintergründe und internationalen  Verbindungen und Absichten der „Demo für Alle“ und von „Citizen GO“ zu kennen und ihre Verbindungen zu extremen Rechten, Parteien, Organisationen und Personen sollte beunruhigen.

 

http://www.theolivepress.es/spain-news/2017/03/10/chelsea-clinton-condemns-hazte-oir-anti-transgender-bus-heading-malaga/

https://web.facebook.com/demofueralle/posts/2007580029461019

https://www.opendemocracy.net/5050/lara-whyte/the-rise-of-citizengo

Agenda europe:

https://www.epfweb.org/sites/epfweb.org/files/rtno_epf_boohttps://www.epfweb.org/sites/epfweb.org/files/rtno_epf_book_lores.pdfk_lores.pdf

 

 

 

Private Fußnote:

Hedwig von Beverfoerde spielt boshaft über Bande….

Vor genau einem Jahr, als der Bus des Hasses der „Demo für Alle“ und von „Citizen GO“ zum ersten Mal durch Deutschand tourte, schrieb ich diesen resignierenden Text; bis heute konnte ich nichts daran ändern…er gilt nach wie vor…

 

„Hedwig von Beverfoerde, Führerin der „Demo für Alle“, hat es nicht selbst gesagt, sie spielt über Bande und zitiert auf Facebook aus einem Artikel der Kolumnistin Tamara Wernlis von der „Basler Zeitung“, der auf dem rechten Blog „Achse des Guten“ wiederholt wurde, aber das Zitat entlarvt die ganze Boshaftigkeit der LGBTI-Gegner, die sich benehmen, als ginge es um Menschenrechte für Primaten.

In typisch rechter Wortklitterung werden im Artikel von Tamara Wernlis Forderungen nach gleichen Rechten und schon nach menschlichem Anstand denunziert als despotische Erhebung von LGBTI-Menschen über die „Mehrheit“ der Heterosexuellen. Es geht dabei um mehr als den zerstörerischen Kampf der Reaktionäre gegen die gescholtene „Political Correctness“.

Hedwig von Beverfoerde zitiert den Kernsatz des Artikels und macht sich mit ihm gemein – und das in jeder Hinsicht. Während sie und die Autorin Wernlis vorgeben, es ginge ihnen um das Recht zur freien Meinungsäußerung, gar die Bedrohung der Demokratie und die Gefährdung der „Mehrheit“, enthüllen beide, die eine, die ihn ausgebrütet hat und die andere die ihn füttert, völlig schamlos ihre Menschenverachtung mit eben diesem Satz:

 

„Das Problem sind jene LGBT-Aktivisten, denen alltägliches aneinander vorbei- oder zusammenleben nicht genügt, die nach anhaltender universaler Umarmung verlangen und mit einem abstrusen Forderungskatalog das aktive Mittun der gesamten Gesellschaft erzwingen wollen.“ https://www.achgut.com/artikel/transphobisches_stueck_scheisse

Beverfoerde wie Wernlis insinuieren, sie würden bald per Gesetz gezwungen „Ihre moralischen Werte aufzugeben“… Was speziell Beverfoerde damit meint, hat sie schon im vorigen Jahr klar gemacht, als sie auf ihrer Webseite „Demo für Alle“ postete: „Toleranz – Duldung eines Übels!“

Immer wieder höre ich die naive Floskel, gleiche Rechte für Alle z.B. durch den Zugang zur Ehe für Alle, nähmen doch niemandem etwas weg. Das stimmt nicht! Beverfoerde macht ganz klar: solche Rechte nähmen ihr etwas weg: nämlich die Definitionshoheit über richtige und falsche Sexualität und Gefühle, über richtiges und falsches Leben. Sie und ihresgleichen brauchen LGBTI-Menschen, um sich selbst aufzuwerten, indem sie eine bestimmte Gruppe abwerten. Darum kämpft sie mit ihrer tatsächlich nicht homophoben sondern offen hassenden Organisation gegen LGBTI-Menschen und ihre InteressenvertrerInnen.

Gleiche Rechte für Alle – nichts mehr aber auch nichts weniger – fordern die gescholtenen Organisationen und die betroffenen Menschen hoffen diese Rechte würden sie endlich legal und menschlich gleich stellen. Es muß für eine Adlige wie Beverfoerde ohnehin schon schwer sein zu akzeptieren, wenn nach dem demokratischen Grundgesetz alle Bürger die gleichen Rechte haben, aber für eine reaktionäre Katholikin noch viel kränkender, wenn sie nicht mehr behaupten darf, sie sei gottgelittener weil heterosexuell. Nichts anderes heißt ihr „Toleranz – Duldung eines Übels“: ich bin mehr wert als Ihr!

Beverfoerde will auch weiterhin Menschen zweiter Klasse. Darum kämpft sie verbissen nicht nur gegen die „Ehe für Alle“ und gegen die Aufklärung über die gleichen Lebensrechte für LGBTI-Menschen in der Schule, sondern sie bemüht sich wie so viele andere Feinde der LGBTI-Menschen darum, diese als krank und unnatürlich darzustellen. Das würde ihr durch gleiche Rechte erschwert. Die „Ehe für Alle“ ist ein Schritt diese Abwertung nach Jahrtausendenden der Dummheit, Rohheit und des Hasses zu beenden. Es wird Generationen dauern.

Denn worauf dieser Kampf gegen LGBTI-Menschen, der sich gesellschaftlich gibt, tatsächlich abzielt, ist die langsame Zermürbung und seelische Vernichtung. Was bedeutet die ungeheuerlich aufgebauschte zynische Formel von der „universalen Umarmung“, die man nicht zu leisten bereit ist, sonst?

Ich will gar nicht von Frau Beverfoerde oder Frau Wernlis umarmt werden – die sollen umarmen, wen sie lieber herzen möchten; ich fürchtete ihre Dolche im Rücken und vor allem in ihren Augen. Aber ich bin schon ganz froh, daß sie offen sagen, was sie wollen.

Wir müssen erkennen, was solche Aussagen tatsächlich bedeuten – und zwar im Menschlichen. Die Damen geben sich quasi-tolerant und großzügig, aber ihre verlogene Toleranz ist am Ende vernichtend.

Das Persönliche ist politisch – darum will ich das aus eigenem Erleben klarstellen:

Nach Jahre langen zermürbenden Kämpfen, immer neuen, aber vergeblichen Versuchen zum einem Modus Vivendi einer Einigung mit meinen Eltern über den Umgang mit ihrem homosexuellen Sohn, kam es vermeintlich zu etwas, was wie ein Waffenstillstand aussah. Nach monatelangem Schweigen meines Vaters, der mit mir nicht mehr reden oder mir die Hand reichen wollte, nach Ekelanfällen meiner Mutter, die nicht fähig war, mich zu berühren – sie hatte das ganz deutlich gesagt: ich kann dich nicht mehr anfassen…. Nach Attacken selbst auf meine Trauer und Erinnerungen über meine verstorbene Großmutter – wir hatten einander sehr geliebt – die in dem Satz gipfelten: „würde deine Oma noch leben, würde sie dich auch nicht lieben so wie du bist!“…

Nach apodiktischen Bemerkungen, die mich als Vernichter der Menschheit bezeichneten (wie soll ein 16jähriger, der solcherart bedrängt wird, das anders verstehen?): „Wenn alle so wären wie du, dann würde die Menschheit aussterben!“….

Nach Beschuldigungen, die mich für den dysfunktionalen Zustand der Familie und ihrer Mitglieder brandmarkten: „Du bist schuld, daß unsere Familie am Abgrund steht und deine Mutter an so schlimmen Krankheiten leidet!“…

Nach enthüllenden Anklagen, die mich als Urgrund allen Übels von Beginn an ausguckten: „Noch als Du im Kindergarten warst, wußte ich, daß Du so werden würdest, nur um mich  zu verletzen und die Familie zu zerstören“…. (was „so“ bedeutete wurde niemals ausgesprochen, es war das Unwort schlechthin und verurteilte mich zum Unwert)…

…kam es nach Acht Jahren solch dahingeschleppten Lebens – ich war 24 –  zum großzügigen „Nachgeben“ meiner Eltern, denn das war es schon für sie, als ich noch einmal um eine Aussprache bat: „Also gut, lebe Dein Leben, aber behellige uns niemals mit „dieser Sache“. Damit meinten sie mein „unnatürliches, schädliches, krankes Leben, das ansteckt, krank macht, Ekel erzeugt – sie meinten „das Übel!“   Und schließlich waren sie sich ihrer eigenen Richtigkeit so sicher, das „Übel“ war ich – und sie gaben mir mit auf den Lebensweg: „So einer wie Du wird niemals glücklich und geliebt werden.“ – Sie tarnten diese Vernichtung als Sorge –  tatsächlich war das natürlich eine Drohung, aber vor allem ein mißgünstiger, vielleicht auch triumphaler Wunsch. Ich habe den Wunsch meiner Eltern als gehorsamer Sohn erfüllt.

Alles, wirklich alles, was in ihrem Leben schief lief, sie nicht zufriedenstellte, was sie unglücklich machte, konnte so mir in die Schuhe geschoben werden. Heute weiß ich, daß sie mich unbedingt brauchten, um nicht ihr Unbehagen aneinander und ihr Überkreuzsein mit der Welt bearbeiten zu müssen. Ich war ihr klassischer Sündenbock… und wollte doch ihr Sohn sein – aber sie konnten mich nur als Geschwür in ihrem Leben betrachten, von dem sie unter tränenreichem Pathos behaupteten, sie liebten es.

Ich konnte mich dieser „Liebe“ nur entziehen, indem ich mich ihnen entzog. Zwanzig Jahre gab es nur noch von Scham- und Schuldgefühlen – auf beiden Seiten-  gemarterten zufälligen Kontakt. Bis zu ihrem Tod hat vor allem meine Mutter nicht verstanden, weshalb ich die Begegnung mit ihr mied: um mich und letztlich auch sie zu schonen. An dieser nie behandelten Wunde starb sie, nicht an dem diagnostizierten Herzinfarkt, mit gerade mal 64 Jahren.

Ich zweifele nicht, daß viele LGBTI-Menschen an ähnlichen Konflikten leiden. Dabei geht es nicht einmal um die von Beverfoerde geschmähte „Toleranz“ – es geht um die von Wernlis, ihrer Souffleuse der Boshaftigkeit, noch weitaus geschmähtere Umarmung, um die verweigerte Liebe. Und es geht um die Macht, die man ausübt, wenn man Liebe verweigert…aber behauptet, es gäbe sie. Das ist eine unter Umständen tödliche Macht, wie ich am Beispiel meiner Mutter erkannt habe, die letztlich daran gestorben ist.

Natürlich weiß ich, daß man Liebe nicht erzwingen kann, weder emotional, noch –  da haben die Homohasser sogar recht – durch Gesetze. Aber sie müssen aufhören, ihren Haß zu verbrämen als Zuneigung. Sie sollen endlich aufhören, uns  in die Schatten und ins Zwielicht zu drängen, wohin ich mich, weil ich die Kraft nicht hatte, mich wirklich von den Eltern zu lösen, zu lange aufhielt…ich habe ihnen schließlich doch geglaubt Meine Eltern wollten mich aber nicht ziehen lassen, sie brauchten den gefallenen Sohn immer wieder und weiter, um ihr emotionales Elend zu rechtfertigen. So wie Beverfoerde und Co. auch sich selbst rechtfertigen und als die besseren Menschen bezeichnen wollen, indem sie auf andere mit dem Finger zeigen, auf sie spucken – und sie wollen das in Ewigkeit so weiter treiben. Das ist das Moment des tiefsten, unreifsten und irrationalsten Hasses ihrer Bewegung.

Ihre gönnerhafte Haltung – siehe Frau Wernlis – mit ihrer Erwähnung des gnädigen „Aneinander Vorbeilebens“ – bedeutet letztendlich: bleibt ihr da unten, unter unseren Sohlen, in den Schatten, im Halbdunkel der Kriminalität, der Klappen und der schmutzigen Sexualität – das ist alles, was sie sich überhaupt zur Homosexualität vorstellen wollen und können. Liebe, Zuneigung, Fröhlichkeit, Miteinander, aber auch Trauer, Schmerzen und Verletzungen werden uns nicht zugestanden.

Das meint „Das Private ist politisch“ – wehe es sagt noch ein LGBTI-Mensch: was ich im Bett mache, geht nur mich was an, um sich damit den Feinden zu fügen… Es geht verdammt nochmal am wenigsten ums Bett: Wenn wir unser Leben und Lieben, unsere Fröhlichkeit und Trauer wie die Heterosexuellen in den Alltag aller tragen, würden unsere Gefühle, eben unsere Leben,, nach und nach über Generationen und Jahrzehnte vielleicht endlich selbstverständlich – übrigens auch für uns – und wir würden uns weniger selbst verachten und selbst hassen. Zu was für grotesken Verzerrungen der eingeimpfte Selbsthaß führt, sieht man im Augenblick an Personen wie Alice Weidel, Mirko Welsch oder vor allen David Berger – die in anderen Homosexuellen ganz verborgen und verkleidet sich selbst hassen wie die Pest.

So wie die falsche und gönnerhafte Toleranz, die man zum Beispiel Schwarzen in den USA entgegenbrachte, zu einer grotesken Figur wie dem „Onkel Tom“ hat,   führt die „Duldung des homosexuellen Übels“ á la Beverfoerde eben auch zu Zerrfiguren des homosexuellen Selbsthasses.

Diese Zerrfiguren sind Spiegelbilder der angeblichen Normalität: der verwachsene Mensch sieht im Zerrspiegel halbwegs „normal“ (was immer das auch ist) aus. Deshalb brauchen Leute wie Beverfoerde die Homosexuellen auch als Lebensversicherung – will heißen Lebensbestätigung – sie sind lebensnotwendige Zerrspiegel für ihre Buckel des Hasses; im Spiegel sehen sie dann wieder formschön aus, ihre eigenen Buckel. .

Aber jetzt – da es endlich die „Ehe für Alle“ gibt – die eben nur ein erster Schritt ist zur Selbstverständlichkeit – müssen wir ihnen aktiv verweigern, sie weiter zu spiegeln. Kein Mensch, kein Gesetz, fordert von ihnen uns zu lieben und zu umarmen. Aber wir werden für sie nicht mehr jene Zerrspiegel sein.

Sie sollen uns unsere Liebe und unsre Umarmungen lassen….sie sagen das täten sie – nein, sie setzen sie herab, sie erklären sie und damit uns für minderwertig. Aber DAS ist es, was sie nicht mehr dürfen und was wir ihnen verweigern müssen!

Da spiele ich nicht mehr über Bande, sondern fordere den klaren und eindeutigen (Vor)-Stoß ins Schwarze Loch ihrer Menschenverachtung. Die Zeiten der Zweite-Klasse-Menschen müssen vorbei sein!“

Wie weit wir noch zu gehen haben, zeigte mir ein nicht mal unflätiger, aber tödlicher Kommentar auf einen meiner Artikel zu Thema „Eheöffnung!“: „Jetzt ist aber genug. Ihr könnt froh sein, daß ihr nicht mehr umgebracht werdet. Mehr gibt es nicht!“.

 

 

 

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