Literaturpreis, Steuer, PDS!
Kunst ist Glücksspiel. Kolumnist Sören Heim gewinnt einen Preis und fragt sich, ob er den versteuern muss. Außerdem macht er sich Gedanken um all die Kleinselbstständigen, für die es nicht mal eine Künstlersozialkasse gibt.
So. Nun bekomme ich auch mal so nen Literaturpreise, bei dem es neben dem warmen Händedruck auch ein paar Hunderter auf die Kralle gibt: „Kann man sich Wein von kaufen“. Schon klar, wir Dichter saufen halt alle. OK, zugegeben, manchmal iss was dran. Für glückliche Autoren, die mit ihrer Tätigkeit überhaupt soviel verdienen, dass sie Einkommenssteuer zahlen, stellt sich im Anschluss an die Feier nun die spannende Frage: Muss ich den Gewinn eigentlich versteuern? Antwort: Kommt drauf an.
Leistung erbracht oder nur gelebt?
Und zwar, vereinfacht gesagt, ob „die Preisverleihung wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts hat„. Der aufs Lebenswerk bezogene Nobelpreis ist also steuerfrei, der Booker müsste nach deutschem Recht zu einem Gutteil an den Fiskus abgeführt werden. Wird das hier jetzt so eine dieser cholerischen libertären Anti-Staats-Tiraden? I wo – Bleiben Sie noch einen Moment dran.
Der Gewinn bei „Wer wird Millionär“ ist, wie etwa die Welt erklärt, zu versteuern, weil der Teilnehmer dafür eine Leistung erbringe. Aber besteht die im Beantworten der Fragen? Oder in der interessanten Lebensgeschichte, die man aufweisen muss, will man überhaupt in die engere Auswahl? Es ist nicht ganz einfach zu belegen, dass ein Sieg bei „Wer wird Millionär“ weniger mit Glück zu tun hat als der steuerfreie Gewinn bei staatlichen Sportwetten (pah, als ob Sportwetten Glücksspiel wären!). Und in der Literatur? Jahrelang an Gedichten zu feilen, ein halbes Leben über einem Manuskript zu sitzen, in der Hoffnung, irgendwann komme der Durchbruch – das mag harte Arbeit sein, und ist doch: Glücksspiel.
Größeres Problem: Krankenversicherung
Dennoch versteuerte ich meine paar Euro Preisgeld gern (und hätte auch beim Booker nix gegen), würde sich der Staat nicht erst dann daran erinnern, dass auch Künstler „arbeiten“, wenn es was zu holen gibt. Denn bis zum Erfolg hängt man oft in der Luft. In der KSK wird ein Mindesteinkommen verlangt und immer wieder hört man von Abweisungen aus kaum einsichtigen Gründen, die sich dann erst auf dem Klageweg plötzlich in Luft auflösen. Für freiwillige gesetzliche oder private Krankenversicherung geht gar leicht mal das halbe bis ganze Monatseinkommen drauf. Glücksspieler sind halt schlecht versichert. Und uns Künstlern geht’s ja noch gut! Eine KSK gibt es für andere Kleinselbstständige nicht, für die am Ende Hartz IV manchmal die vernünftigere Alternative zur unternehmerischen Freiheit ist.
Also, um zum Anfang zurück zu finden: Obwohl ich jahrelang als Glücksspieler durchs Leben gestolpert bin darf der Staat meine 100 Töcken gern haben, anteilig, versteht sich. Ich schmeiß sogar noch Runde! Und dafür denken wir alle gemeinsam über eine vernünftige Krankenversicherung und Altersvorsorge für Kleinselbstständige nach. Als Teil der Solidargemeinschaft, mit prozentual nach dem Einkommen berechneten Abgaben. Von mir aus zahl ich als mein eigener Arbeitgeber auch Arbeitgeber- und nehmeranteil. Das ist mir die Freiheit wert.
Partei Der Selbstständigen
Und weil das Thema allen Parteien, ob christlichen, sozialdemokratischen oder liberalen so ziemlich am Arsch vorbei zu gehen scheint, müsste man für die Kleinselbstständigen vielleicht gleich ne neue Partei gründen. Eine Partei der Selbstständigen. Eine PDS also.
Moment mal… das klingt jetzt aber irgendwie nicht ganz richtig … !?
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