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Leonid Luks, Seite 3

Der Prof. em. für Mittel- und Osteuropäische Zeitgeschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt wurde 1947 in Sverdlovsk (heute Ekaterinburg) geboren. Er studierte in Jerusalem und München. Von 1989 bis 1995 war er stellvertretender Leiter der Osteuropa-Redaktion der Deutschen Welle und zugleich Privatdozent und apl. Professor an der Universität Köln. Bis 2012 war er Inhaber des Lehrstuhls für Mittel- und Osteuropäische Zeitgeschichte an der KU Eichstätt-Ingolstadt. Er ist Geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte.

Paradoxien des deutsch-sowjetischen Krieges aus der Sicht des russischen Schriftsellers Wassili Grossman

Der deutsch-sowjetische Krieg, der vor 80 Jahren mit dem Überfall Hitlers auf die UdSSR begann, gibt den Historikern, ungeachtet der partiellen Öffnung der russischen Archive, immer noch viele Rätsel auf. Warum scheiterte die Hitlersche Blitzkriegsstrategie, der seit September 1939 bereits neun europäische Länder zum Opfer gefallen waren, ausgerechnet auf sowjetischem Territorium? Woher nahm die sowjetische Gesellschaft, die seit Ende der 1920er Jahre durch das Stalinsche Terrorregime in einer außerordentlichen Weise drangsaliert und dezimiert worden war, die Kraft, um die siegesgewohnte Wehrmacht im Dezember 1941 vor den Toren Moskaus und ein Jahr später in Stalingrad aufzuhalten? All diesen Fragen ist das Werk des russischen Schriftstellers Wassili Grossman „Leben und Schicksal“ gewidmet, das nicht selten als einer der wichtigsten Romane des letzten Jahrhunderts bezeichnet wird. Mit diesem Roman befasst sich die folgende Kolumne.

Von in Geisteswissenschaften Russland zwischen West und Ost am 9. Juni 2021

Worin bestand die Singularität des Holocaust? Eine Replik

Während des „deutschen Historikerstreits“, den Ernst Nolte 1986 mit seinen höchst fragwürdigen Thesen ausgelöst hatte, ging es vor allem um die Frage, ob es sich beim nationalsozialistischen Judenmord um eine Art Reaktion auf die bolschewistischen Verbrechen handelte: „War nicht der ´Archipel GULag´ ursprünglicher als Auschwitz?“, fragte Nolte. In der vor kurzem erneut aufgeflammten Kontroverse um die Singularität der nationalsozialistischen Judenvernichtung wird der Holocaust nicht mit dem Kommunismus, sondern in erster Linie mit den Verbrechen der europäischen Kolonialmächte in eine Beziehung gebracht. Mit besonderer Vehemenz plädieren für die Herstellung von Zusammenhängen zwischen dem Holocaust und vielen anderen Formen der Massengewalt der amerikanische Holocaustforscher Michael Rothberg und der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer. Mit einigen der Thesen der beiden Autoren, die sie im ZEIT-Artikel „Enttabuisiert den Vergleich!“ (31.3.2021) formulierten, setzt sich diese Replik auseinander.

Von in Geisteswissenschaften Russland zwischen West und Ost am 23. April 2021

Defensiv und alternativlos? Moskaus außenpolitisches Handeln aus der Sicht Gerhard Schröders und Gregor Schöllgens

Das vor kurzem erschienene Buch des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder und des Erlanger Historikers Gregor Schöllgen „Letzte Chance. Warum wir jetzt eine neue Weltordnung brauchen“ hat bereits ein lebhaftes mediales Echo hervorgerufen. Einige Rezensenten konzentrieren ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die radikale Amerika-Kritik der beiden Autoren, andere stören sich an dem Russlandbild, das Schröder und Schöllgen vermitteln. Mit dem letzteren Thema wird sich auch diese Kolumne befassen.

Von in Geisteswissenschaften Politik Russland zwischen West und Ost am 7. April 2021

Lässt sich Russland „einfrieren“?

Russland ist ein seit Generationen gespaltenes Land. Es gibt hier Kräfte, die in erster Linie von der imperialen Größe des Landes fasziniert sind, auf der anderen Seite des politischen Spektrums stehen hingegen die Gruppierungen, die die Freiheit über alles schätzen. Der Streit zwischen diesen beiden Orientierungen zieht sich wie ein roter Faden seit etwa dem Dekabristenaufstand von 1825 durch die russische Geschichte. Er spiegelt sich auch in den heutigen dramatischen Entwicklungen im Lande wider.

Von in Russland zwischen West und Ost am 17. Februar 2021

Szenarien des Scheiterns: Über „wehrhafte“ und „nicht wehrhafte“ Demokratien

„Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, so nannte Karl Popper sein berühmt gewordenes Buch von 1945. Unter welchen Bedingungen gelingt es aber den Verächtern der „offenen Gesellschaft“, ihr Ziel zu erreichen und das von ihnen abgelehnte System gänzlich zu zerstören? Diese Frage gewinnt angesichts der letzten Ereignisse in den USA erneut eine außerordentliche Brisanz.

Von in Russland zwischen West und Ost am 28. Januar 2021

Irreführende Parallelen – lassen sich Demokratien mit totalitären Diktaturen vergleichen?

Der Charakter der totalitären Diktaturen, die in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden waren, wird seit Jahrzehnten von unzähligen Autoren erforscht. Minuziös werden die Unterschiede zwischen den totalitären Tyranneien und anderen Herrschaftssystemen herausgearbeitet. Umso bedenklicher wird es, wenn man die Ergebnisse dieser Forschung missachtet, und zwar durch eine partielle Gleichsetzung der totalitären Regime mit Systemen ganz anderer Art. Besonders verbreitet ist der Vergleich zwischen der US-amerikanischen Politik mit derjenigen des NS-Regimes.

Von in Politik Russland zwischen West und Ost am 30. Dezember 2020

Willy Brandts Kniefall und die Folgen: Zur Veränderung des polnischen Deutschlandbildes nach 1970

Der Kniefall Willy Brandts vor dem Denkmal für die Helden des Warschauer Ghettoaufstandes, der sich am 7. Dezember 2020 zum 50. Mal jährt, war zwar in der damaligen Bundesrepublik umstritten, den Völkern des europäischen Ostens, vor allem den Polen, vermittelte er aber ein vollkommen neues Bild von Deutschland – eines Landes, das aus den Fehlern der Vergangenheit entsprechende Lehren gezogen hatte. Wie wirkte sich diese symbolische Geste auf die weitere Entwicklung des polnischen Deutschlandbildes aus? Dieser Frage ist die folgende Kolumne gewidmet.

Von in Russland zwischen West und Ost am 20. November 2020

„Europa und die Menschheit“ – zum hundertjährigen Jubiläum der Schrift des Vordenkers der Eurasierbewegung – Nikolaj Trubetzkoy

Der Begriff „Eurasien“ ist zurzeit in aller Munde. Dies nicht zuletzt deshalb, weil Wladimir Putin den „eurasischen Gedanken“ als eine Art Alternative zur „europäischen Idee“ zu popularisieren versucht und die 2015 gegründete „Eurasische Union“ bzw. „Eurasische Wirtschaftsunion“ als Gegenmodell zur „Europäischen Union“ betrachtet. Dabei muss man hervorheben, dass der „eurasische Gedanke“ nicht in Russland selbst, sondern in der russischen Emigration entstanden ist und auf den berühmten russischen Sprachwissenschaftler Nikolaj Trubetzkoy und auf seine vor 100 Jahren erschienene Schrift „Europa und die Menschheit“ zurückgeht. Auf diese Schrift und auf die von ihr ausgelösten Wirkungen möchte ich nun genauer eingehen.

Von in Russland zwischen West und Ost am 29. Oktober 2020

Zur trügerischen „Effizienz“ der undemokratischen Regime – eine historische Betrachtung aus aktuellem Anlass

Noch vor kurzem galten solche autoritären Regime wie das chinesische oder das Putinsche in den Augen mancher Beobachter als stabiler und effizienter denn die krisengeschüttelten pluralistischen Gemeinwesen. Protestdemonstrationen im russischen Fernen Osten und in Hongkong, empörte Reaktionen in West und Ost auf den Giftanschlag auf Alexej Nawalny und vieles mehr zeigen indes, dass die angebliche Stabilität der autoritären Regime trügerisch ist. Auf akute Krisen reagieren sie keineswegs effizienter als dies die Demokratien tun. Diese Erfahrung ist bekanntlich nicht neu. Schon mehrmals in der Vergangenheit haben sich die Gegner der „offenen Gesellschaften“ als „Krisenmanager“ angeboten. Die von ihnen vorgeschlagenen und angewandten „Lösungen“, sollten sich aber bald als Scheinlösungen erweisen.

Von in Russland zwischen West und Ost am 11. September 2020

Das „Wunder an der Weichsel“? Zum 100. Jahrestag des polnisch-sowjetischen Krieges

Der polnisch-russische Gegensatz, der eine sehr lange Tradition hat, erfuhr mit dem im April 1920 ausgebrochenen polnisch-sowjetischen Krieg eine zusätzliche Zuspitzung. Die entscheidende Schlacht dieses Krieges fand vor etwa hundert Jahren vor den Toren Warschaus statt und ging in die Geschichte als das „Wunder an der Weichsel“ ein. Der Leiter der diplomatischen Mission der Westmächte in Warschau – der britische Staatsmann Lord D´Abernon – bezeichnete den polnischen Sieg vom August 1920 als eine der entscheidendsten Schlachten der Weltgeschichte. Diesem Ereignis und seiner Vorgeschichte ist die folgende Kolumne gewidmet.

Von in Geisteswissenschaften Russland zwischen West und Ost am 24. Juli 2020

„Das Zeitalter der Unterwürfigkeit“? Anmerkungen zu den totalitären Weltbildern und Verschwörungstheorien

Die kruden Verschwörungstheorien, die sich seit dem Beginn der Corona-Pandemie in Ost und West massiv verbreiten, stellen bekanntlich nichts Neues dar. Es gab in der Vergangenheit schon viele Versuche, die kompliziertesten Zusammenhänge mit Hilfe von monokausalen, simplen Thesen zu erklären. Besonders stark waren die Verschwörungstheorien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbreitet, und zwar im Zusammenhang mit dem Aufstieg der totalitären Bewegungen und Regime rechter und linker Prägung. Mit diesen „Theorien“ wie auch mit den totalitären Weltbildern als solchen möchte ich mich hier kurz befassen.

Von in Politik Russland zwischen West und Ost am 4. Juni 2020

Spontane Entstalinisierung? Einige Betrachtungen zu den Ursachen für den sowjetischen Sieg über das nationalsozialistische Deutschland

Vor 75 Jahren, am 9. Mai 1945, feierte die UdSSR ihren Sieg über das Dritte Reich. Die damalige sowjetische Propaganda assoziierte diesen Sieg in erster Linie mit der Person Josef Stalins, der zu einem der größten Feldherrn der neuesten Militärgeschichte stilisiert wurde. Die wahren Sachverhalte sahen indes ganz anders aus.

Von in Geisteswissenschaften Russland zwischen West und Ost am 2. Mai 2020

Jalta und die Genese des Kalten Krieges – zum 75. Jahrestag der Konferenz auf der Krim

Siegreiche Koalitionen bleiben nach der Bezwingung des gemeinsamen Gegners selten solidarisch. Der Zerfall solcher Koalitionen stellte in der neuesten europäischen Geschichte eher die Regel dar. Dies betraf z.B. die antinapoleonische Allianz nach 1815, die antirussische Koalition des Krim-Krieges nach der Niederlage des Zarenreiches oder die siegreiche Entente nach der Beendigung des Ersten Weltkrieges. Umso mehr galt diese Regel in Bezug auf die ideologisch und politisch so heterogene Allianz wie die Anti-Hitler-Koalition. Die Konturen des sich anbahnenden Kalten Krieges waren bereits während der zweiten Konferenz der „Großen Drei“, die vor 75 Jahren in Jalta stattfand, sichtbar.

Von in Geisteswissenschaften Russland zwischen West und Ost am 10. Februar 2020

Macht und Ohnmacht der Utopien. Betrachtungen anlässlich des 28. Jahrestages der Auflösung der Sowjetunion

Das vor kurzem zu Ende gegangene 20. Jahrhundert lässt sich als das Zeitalter des triumphalen Siegeszuges von totalitären Utopien und ihres anschließenden gänzlichen Scheiterns bezeichnen. Diesen Prozess des Aufstiegs und Niedergangs der Utopien möchte ich am Beispiel Russlands kurz darstellen.

Von in Geisteswissenschaften Russland zwischen West und Ost am 21. Dezember 2019