The Dealmaker

Donald J. Trump, selbsternannter Meister der Verhandlung, ist bekanntlich der größte Dealmaker aller Zeiten – zumindest laut einer Quelle: Donald J. Trump. In der Vergangenheit hat das nicht immer funktioniert. Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von Pete Linforth auf Pixabay

Ein Mann, der sich einst auf das prunkvolle Cover seines eigenen Buches „The Art of the Deal“ druckte, als wäre er die fleischgewordene Fusion aus Sunzi, Machiavelli und Gordon Gekko. Ein Titan der Taktik, ein Mozart der Mauschelei. Nur, dass Mozart Noten verstand – und Trump Sätze meistens nicht.

Nehmen wir also einmal Platz in der prunkvollen Empfangshalle  des Trump Towers (Einrichtung: Gold, Gold, mehr Gold, Geschmack: irgendwo zwischen Diktatorensuite und Las Vegas-Bordellbadezimmer), um in Ruhe das große Verhandlungsepos dieses stabilen Genies zu sezieren. Man möge seine Erfolge bestaunen – oder vielmehr seine grandios gescheiterten Genialitäten, die er stets mit einem Tweet in pures Gold umschmolz. Nur halt nicht im echten Leben.

Kapitel 1: Das „Kunststück“, einen Mauerbau mit Mexiko zu verhandeln

Was tut ein Verhandlungsgenie, wenn es einen Milliardenbau plant – eine riesige Mauer entlang der US-mexikanischen Grenze – und das Nachbarland zur Kasse bitten will? Es kündigt das einfach an. Ohne Rücksprache. Ohne Zustimmung. Ohne Realitätssinn. So macht man das.

„Mexico will pay for the wall!“ verkündete Trump mit der Überzeugung eines Mannes, der noch nie mit einer fremden Regierung gesprochen, aber sehr wohl viele Taco Bowls gegessen hat. Auf Nachfragen, wie genau Mexiko das tun werde, verwies er auf ein nebulöses Irgendwann, Irgendwie, Vielleicht, später. Oder auf Magie. Oder auf einen Zauberer. Oder auf „Verhandlungen, die im Gange seien“ – vermutlich nur in seinem Kopf.

Das Ergebnis: Kein Peso von Mexiko. Die grandiose Mauer? Ein Flickenteppich aus Betonfragmenten und Stahlpfosten, der so löchrig ist wie Trumps Steuererklärungen. Aber hey, in Trumps Welt war das ein great deal. Nur leider nicht für Amerika. Oder Mexiko. Oder sonst wen mit funktionierendem Kurzzeitgedächtnis.

Kapitel 2: Handelskrieg mit China – oder wie man mit einer Atombombe auf eine Mücke zielt

Trump trat an mit dem Slogan „America first“ – was sich in der Praxis oft als „America alone“ herausstellte. Sein Masterplan? Strafzölle auf chinesische Waren, um Peking in die Knie zu zwingen. Das Resultat? Ein Handelskrieg, der amerikanische Farmer ruiniert, Verbraucherpreise hochtreibt und am Ende in einem halbherzigen Abkommen gipfelt, das ungefähr so viel Effekt hatte wie ein nasser Schwamm bei einem Waldbrand.

Aber Trump verkaufte das natürlich als den größten Deal der Geschichte. Wahrscheinlich weil er „größter“ für ein Synonym von „lautester“ hält. Dass die USA im Zuge dessen Milliarden an Subventionen an die eigene Landwirtschaft zahlen mussten, um den eigenen Schaden zu dämpfen – Details! Irrelevant! Fake News!

Und nun startet er die neueste Runde des Zollirrsinns und bringt die geamte Weltwirtschaft durcheinander. So what. It’s so great to be Donald Trump.

Kapitel 3: Nordkorea – Diplomatie à la Reality-TV

Hier betrat Trump wahrlich Neuland – oder besser gesagt: Niemandsland. Er war der erste US-Präsident, der sich mit einem nordkoreanischen Diktator traf, ohne vorherige Bedingungen, ohne Verhandlungen, aber mit sehr vielen Kameras.

Er prahlte danach, dass „wir uns verliebt haben“, bezugnehmend auf Kim Jong-uns „wunderschöne Briefe“. Diplomatie à la Tinder. Ein bisschen Swipen, ein bisschen Schmeichelei, ein bisschen Massenvernichtungswaffen.

Natürlich unterschrieben beide Seiten ein bedeutungsloses Stück Papier, das keine Konsequenzen hatte. Nordkorea ließ die Raketen weiter fliegen, während Trump sich auf Fox News als Friedensbringer feiern ließ – der große Dealmaker, der den Weltfrieden mit Selfies sichern wollte.

Kapitel 4: Die NATO – Erpressung für Anfänger

Trump hatte eine brillante Idee: Wenn man Verbündete wie Feinde behandelt, zahlen sie vielleicht mehr. Also fuhr er zur NATO und erklärte das Verteidigungsbündnis für „obsolet“, drohte mit Austritt, schikanierte Deutschland und erklärte sich zum Finanzguru der Allianz.

Das Ergebnis? Kurzfristige symbolische Erhöhungen der Verteidigungsausgaben – hauptsächlich, um Trump ruhigzustellen. Und langfristig? Ein schwer beschädigtes Vertrauen, das Wladimir Putin vermutlich mit einem Wodka auf ex begossen hat.

Kapitel 5: Her mit dem Friedensnobelpreis

In 24 Stunden hat The real Donald den Ukrainekrieg beendet. Hat zwar keiner gemerkt, aber wenn er was sagt, dann sagt er was. Nun hat er einen neuen Friedensplan vorgelegt. Die Ukraine verzichtet auf die Krim und die besetzten Gebiete, im Gegenzug verzichtet Putin darauf, die ganze Ukraine zu beanspruchen. Die Ukraine verzichtet also auf 20% ihres Staatsgebiets und der liebe Vladimir immerhin auf 80% der Ukraine. Und auf das größte Atomkraftwerk. Das bekommen nämlich die USA. Als Mediatorhonorar sozusagen.

Ich dachte immer Trump ernähre sich von Diet Coke, es scheint aber eher Lack zu sein, was der gesoffen hat. Dieser grandiose Deal wird nicht geschlossen werden. Den Nobelpreis muss wer anders bekommen. Das ist sicher total ungerecht, manuipuliert und schäbig.

Kapitel 6: Der ultimative Deal – mit der Realität

Die wohl schwierigste Verhandlung Trumps war die mit der Realität selbst. Und wie es sich für einen Mann mit Verhandlungsgeschick auf dem Niveau eines Erdnussbutterbrots gehört, verlor er regelmäßig.

Wahl verloren? „Gefälscht!“

Gerichtsurteile? „Gekauft!“

Corona-Tote? „Fake Zahlen!“

Wissenschaft? „Gefühlssache!“

Logik? „Hindert am Reden!“

Trump verhandelte mit der Wahrheit wie ein schlechter Gebrauchtwagenhändler mit einem TÜV-Prüfer: lügen, leugnen, umdrehen, schreien. Dabei blieb er immer on brand – laut, dreist, faktenfrei. Und zur Not wurde eben neu definiert, was „Wahrheit“ bedeutet. In Trumpscher Dialektik ist ein Misserfolg nur ein erfolgreich umetikettierter Triumph.

Epilog: Die Kunst, alles zu verlieren und es als Gewinn zu verkaufen

Donald Trump ist, wenn man ehrlich ist, kein Verhandlungskünstler. Er ist ein Lautsprecher mit Lippen. Seine Methode besteht nicht aus Strategie, sondern aus Show. Kein Pokerface, sondern ein deppertes Clownsgesicht. Keine Substanz, nur Verpackung. Seine Deals sind wie seine Gebäude: außen großspurig, innen hohl, gelegentlich einsturzgefährdet.

Und doch: Vielleicht ist gerade das der Deal seines Lebens. Millionen glauben ihm, Millionen jubeln – weil er ihnen das verkauft, was sie hören wollen: dass er niemals verliert. Auch wenn er dabei regelmäßig alles verspielt – inklusive den Anstand.

So gesehen ist Trump vielleicht doch ein Genie: Er hat es geschafft, seine völlige Unfähigkeit zur Verhandlung in eine persönliche Marke zu verwandeln. Und das ist, bei allem Spott, vielleicht sein einziger wirklich erfolgreicher Deal.

Ein Pakt mit der Lächerlichkeit – und er hat ihn nicht nur unterschrieben, sondern sich gleich selbst als Zeuge eingetragen.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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