Aus für Faktenchecker?

Nachdem X und Meta in den USA die Zusammenarbeit mit sogenannten Faktencheckern beenden wollen, gibt es Jubel im Schwurbelreich. Ist der berechtigt? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von Heinz Schmitz auf Pixabay

„Endlich verschwinden die Faktenbäcker“ las ich auf Facebook. „Endlich kommt wieder die Meinungsfreiheit. Das Ende der Zensur.“ lautete ein anderer Post. Musk und Zuckerberg werden bejubelt, weil sie vermeintlich die Maulkörbe verbieten.

Dabei ist der Jubel verfrüht. Denn am DSA, dem Digital Service Act, ändert das alles gar nicht.

Aber zunächst mal zu den sogenannten Faktencheckern.

In einer Zeit, in der Informationen, Fakten und vor allem Meinungen in einem nie dagewesenen Tempo verbreitet werden, ist die Rolle von Faktencheckern wichtiger denn je. Die digitale Revolution hat vor allem den Zugang zu Informationen revolutioniert, aber sie hat auch die Verbreitung von Fehlinformationen und Fake News erleichtert. In diesem Kontext sind Faktenchecker zu unverzichtbaren Akteuren geworden, die versuchen, die Wahrheit von der Falschheit zu trennen und die Öffentlichkeit über die Realität aufzuklären. Und entgegen den Hoffnungen derjenigen, die nun meinen, sie wären aller imaginären Fesseln befreit – das meinen sie halt nur. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.

Die Entstehung des Faktencheckings

Faktenchecking ist kein neues Konzept. Bereits in der Zeit vor dem Internet gab es Journalisten und Redaktionen, die sich der Überprüfung von Informationen widmeten. Mit dem Aufkommen des Internets und der sozialen Medien hat sich die Landschaft jedoch dramatisch verändert. Jeder kann heute Informationen veröffentlichen, unabhängig von ihrer Richtigkeit. Dies hat zu einem Anstieg von Fehlinformationen geführt, die sich viral verbreiten können, oft schneller als die Wahrheit selbst.

Die ersten Faktenchecker tauchten in den frühen 2000er Jahren auf, als Journalisten und Organisationen begannen, systematisch falsche Behauptungen zu überprüfen. Diese Bewegung gewann an Fahrt, als die politischen Debatten intensiver wurden und die Menschen begannen, die Glaubwürdigkeit von Nachrichtenquellen in Frage zu stellen. Heute gibt es zahlreiche Organisationen, die sich dem Faktenchecking widmen, darunter Correctiv, dpa Faktenfinder, AFP, Faktenfuchs, Mimikama und die Faktenfinder von verschiedenen Nachrichtenagenturen.

Die Methoden der Faktenchecker

Faktenchecker verwenden eine Vielzahl von Methoden, um die Richtigkeit von Informationen zu überprüfen. Zunächst analysieren sie die Quelle der Information: Ist sie glaubwürdig? Wer hat sie veröffentlicht? Oft ist die Herkunft einer Information ein entscheidender Faktor für ihre Glaubwürdigkeit. Danach folgt die Überprüfung der Fakten selbst. Dies kann das Durchsuchen von Datenbanken, das Konsultieren von Experten oder das Überprüfen von Primärquellen umfassen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Faktencheckings ist die Transparenz. Gute Faktenchecker legen offen, wie sie zu ihren Schlussfolgerungen gekommen sind. Sie dokumentieren ihre Quellen und erklären ihre Methodik, damit die Leser nachvollziehen können, wie die Überprüfung durchgeführt wurde. Dies fördert das Vertrauen in die Arbeit der Faktenchecker und hilft den Menschen, kritisch mit Informationen umzugehen.

Die Herausforderungen des Faktencheckings

Trotz ihrer wichtigen Rolle stehen Faktenchecker vor zahlreichen Herausforderungen. Eine der größten Hürden ist die schiere Menge an Informationen, die täglich produziert wird. In einer Welt, in der Nachrichten und vor allem auch gezielte Fakenews in Echtzeit verbreitet werden, ist es für Faktenchecker oft schwierig, mit der Geschwindigkeit Schritt zu halten. Zudem sind viele Fehlinformationen so clever formuliert, dass sie emotional ansprechend sind und die Menschen dazu bringen, sie zu teilen, ohne sie zu hinterfragen. Und je bekloppter, umso besser. Wenn also Musks neues Postergirl Ellis Veedle meint, Adolf Hitler sei ein Kommunist gewesen, dann ist das zwar völliger Schwachsinn – was die auch weiß – wird aber von der Gemeinde dankend verbeitet.

Ein weiteres Problem ist die politische und gesellschaftliche Polarisierung. In vielen Ländern sind Faktenchecker oft Ziel von Angriffen, insbesondere wenn ihre Überprüfungen politische Akteure oder Ideologien betreffen. Dies kann dazu führen, dass sie als parteiisch wahrgenommen werden, was das Vertrauen in ihre Arbeit untergräbt. Es ist entscheidend, dass Faktenchecker unabhängig und objektiv bleiben, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren. Wer ständig von den Faktencheckern widerlegt wird, entwickelt natürlich einen Hass auf die. Wer behauptet, Adolf Hitler sei ein Kommunist gewesen, der mag gar nicht gerne, wenn dieser Schwachsinn widerlegt wird.

Die Bedeutung von Medienkompetenz

Faktenchecker alleine können in einer Welt von gezielten Lügen und Fehlinformationen nicht alleine die Wahrheit schützen. Abwegige Meinungen sind ja auch ausdrücklich erlaubt. Allerdings sind Fakten eben keine Meinungen. Neben der Arbeit der Faktenchecker ist daher auch die Medienkompetenz der Öffentlichkeit von entscheidender Bedeutung. Menschen müssen (wieder) lernen, kritisch mit Informationen umzugehen und die Quellen zu hinterfragen, aus denen sie ihre Nachrichten beziehen. Wer grundsätzlich den „Mainstream Medien“ misstraut, ist für Sumpfmedien und Trollfabirken empfänglich. Bildungseinrichtungen und -organisationen spielen dabei eine wichtige Rolle, Medienkompetenz zu fördern und den Menschen beizubringen, wie sie Informationen bewerten können.

Nur weil X und Facebook nun die Faktenchecker nicht mehr mitsspielen lassen, sind diese aber nicht aus der Welt. Es wird nun Sache der vernünftigen Nutzer werden, Fake News konsequent zu melden und Straftaten anzuzeigen. Ob sich X und Facebook einen Gefallen getan haben, wird sich noch herausstellen.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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