Laschets 9 – Eine Komödie

Armin Laschet stellte gestern sein „Zukunftsteam“ vor. Eine tolle Idee. Die Samstagskolumne von Heinrich Schmitz


Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Was macht man, wenn man eine schier unlösbare Aufgabe vor sich hat, also z.B. den Tresor unter dem Casinohotel Bellagio ausrauben möchte? Danny Ocean wusste Rat. Man stellt ein unschlagbares Team zusammen. Für jede Aufgabe braucht man einen Spezialisten und die schaffen dann, geführt von einem genialen Mastermind, das Unmögliche. Ich mochte die Ocean Filme, und wie alle Fans wartete ich nach den drei Filmen mit Danny Ocean und dem Oceans 8 mit seiner Schwester Debby auf Oceans 9. Aber den wird es nicht mehr geben.

Nun gibt es aber Laschets 9. Das Zukunftsteam, mit dem der Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, das Ding noch drehen will. Die glorreichen 7, die Avengers, die Guardians of the Galaxy, der Elferrat. So was in der Art bräuchte Laschet, denn dass er alleine noch großartig über die aktuellen 20% aus den Umfragen kommen kann, glaubt im Adenauerhaus wohl außer ihm selbst niemand mehr. Und so wurden sie also präsentiert, die Mitglieder seines Teams.

Friedrich for Future

An Nummer eins Friedrich for Future, Friedrich Merz, der im unionsinternen Duell gegen Laschet den Kürzeren gezogen hatte. Ein Mann, der mit seinen 65 Jahre geradezu prädestiniert ist, die Zukunft der CDU abzubilden. Jemand der die Rechten von der AfD weglocken soll. Und jemand, auf dessen wirtschaftliche Kompetenz bisher in erster Linie daraus geschlossen wird, dass er für Blackrock gearbeitet hat. Dass er dort wegen seiner großen wirtschaftlichen Fähigkeiten eingestellt wurde, glaube ich persönlich weniger. Da vermute ich eher, dass er wegen seiner Kontakte ins politische Entscheidermilieu und wegen seines Telefonverzeichnisses eine gute Wahl für Blackrock war. Ob er aber umgekehrt auch eine gute Wahl für die Bundesrepublik sein wird, weil er nun ebenso gute Kontakte ins Milieu des Großkapitals hat, weiß ich nicht. Aber okay. Einen Merz kennt man wenigstens.

Rechnung mit 7 Unbekannten

Das gilt für die anderen Power Ranger aus Laschets Truppe nur bedingt. Das ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten.

Neben Merz soll da die gelernte Politologin Dorothee Bär (CSU), bisher Digital-Staatsministerin, sich um die Digitalisierung Deutschlands kümmern. Also um eine Aufgabe, an der die bisherige Regierung ziemlich kläglich gescheitert ist. Und eben nicht nur die Regierung, sondern Bär ganz persönlich. Sie verspricht nun ein Update und die Zündung eines digitalen Turbos. Warum sie den bisher nicht gezündet und was sie daran gehindert hat? Man weiß es nicht. Nun möchte sie also ein Entfesselungsjahrzehnt gestalten. Aber mal ganz ehrlich, warum solle Digital-Doro, die Zweite im Zukunftsteam denn in Zukunft mehr auf die Kette bekommen als bisher? Warum hat Laschet keinen Top-IT-Kandidaten oder eine Kandidatin im Team?

Dem Dritten im Bunde, dem Terrorismusexperten Peter Neumann, wird wohl niemand die wissenschaftliche Kompetenz absprechen wollen, wenn es um die Analyse von Facebook-, Twitter- und Instagram-Profile von Briten geht, die als Dschihadisten in Syrien und dem Irak kämpfen. Er ist seit 2008 Direktor des „International Centre for the Study of Radicalisation“ am Londoner King’s College. Was genau er nun mit seinen Erkenntnissen dazu beitragen soll, wie es in Deutschland weitergehen soll, wird Laschet uns wohl noch verraten. Falls er selbst es weiß.

Nummer vier, Silvia Breher, CDU-Vize und gelernte Rechtsanwältin, mag auf ihrem Gebiet, was auch immer das sein mag, ganz toll sein, allerdings sind ihre zukunftsweisenden Ideen bisher komplett an mir vorbei gegangen.

Ähnliches kann ich von Nummer fünf, Karin Prien, sagen. Immerhin hat auch die, im Gegensatz zum Mastermind der Truppe, ihr zweites juristisches Staatsexamen abgeschlossen und ist nach Merz und Breher bereits die dritte Anwältin im Team. Nun kann ich persönlich nicht behaupten, dass ich etwas gegen RechtsanwältInnen hätte, aber dass die nun in großer Zahl Regierungsverantwortung übernehmen sollen, schreckt mich dann doch.

Barbara Klepsch, eine gelernte Verwaltungs-Betriebswirtin (VWA), ist die vierte Frau im Team und bisher ebenfalls nicht besonders aufgefallen.

Andreas Jung, seit 2018 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, ein weiterer Rechtsanwalt. Wer das alte Sprichwort, zwei Anwälte, drei Meinungen, das aus meiner persönlichen Erfahrung heraus eher noch untertrieben ist, kennt, der kann sich ungefähr ausmalen, wie lustig es künftig in diesem Team zugehen könnte. Immerhin will Jung den Klimaschutz beschleunigen. Das wäre ja mal was Neues in der schwarzen Fraktion und könnte ein Köder für die grüne Beute sein. Allerdings steht Mastermind Laschet in NRW gerade nicht für beschleunigten Klimaschutz, sondern eher für das Gegenteil.

Der Witchdoctor

Der Letzte im Team ist Joe Chialo. Den kennt man, naja sagen wir mal, einige kennen den als Musikmanager und Geschäftsführer der Firmen Airforce1 Records und Afroforce1. Der hat irgendwann mal ein paar Semester studiert und dann einen Plattenvertrag bekommen. Da hat er dann das Studium sausen lassen und Karriere in der Musikindustrie gemacht. Immerhin kein Jurist oder gar Rechtsanwalt. Seine Band hieß Blue Manner Haze, was soviel bedeutet, wie blauer Dunst.  Er soll wahrscheinlich der Hexenmeister der Truppe sein oder Dunst verbreiten.

Ja nun. Das ist also das Zukunftsteam und ganz ehrlich, ich hätte als Filmproduzent „Laschets 9“ nicht finanziert. Wer will die denn sehen? Wo sind die Profis für irgendwas?  Die Idee eines Teams – das sind Leute, die mit ihrer geballten Kompetenz und Expertise zusammen arbeiten, um ein Problem zu lösen – war ja gut und richtig, wenn man alleine nicht mehr weiter weiß. Bei Ocean waren das ein Pyroexperte, ein Taschendieb, ein Artist usw. Jeder konnte irgendetwas besonders gut. Und auf die Idee, mehrere Rechtsanwälte ins Team zu nehmen, würde niemand kommen, der wirklich im Team spielen will. Das schreckt ja eher ab oder kennen Sie jemanden, der Anwälte mag, außer vielleicht den Mandanten, die sie verteidigen?

Last Minute Heroes

Wenn man aber auf den letzten Drücker mit einem „Last Minute Hero Team“ noch eine Wahl gewinnen will, dann muss dieses Team auch der Knaller sein. Dann muss das Team aufgrund seiner Mitglieder strahlen und glänzen. Und da sehe ich weit und breit kein Mitglied, das dieses Kriterium wirklich erfüllen würde.

Diese Truppe mit ihrem Kandidaten im Mittelpunkt stellte sich unter ein Plakat, auf dem steht „Experten statt Experimente“. Das soll vermutlich bedeuten, dass die Laschets 9 auf ihren Fachgebieten Experten sind. Aber in was auch immer sie Experten sein mögen, bisher ist das nicht im öffentlichen Raum angekommen. Und genau darauf wäre es angekommen. Aber mittlerweile macht ja nicht mal mehr Heino Wahlaussagen zugunsten der CDU.

Und was diese blasse Boomer-und GenerationX-Truppe (Trigger für Henning Hirsch) nun mit der Zukunft zu tun haben soll, weiß wohl nur Armin Laschet selbst. Warum ist da zum Thema Corona kein Mediziner oder wenigstens eine Krankenschwester im Boot? Ach ja, das Thema steht gar nicht im Vordergrund, das lächeln wir weg. Warum zum Thema Klima kein Klimawissenschaftler oder wegen der Öffentlichkeitswirksamkeit wenigstens ein bekannter Meteorologe? Warum zum Thema Bildung kein Schülervertreter, keine Lehramtsreferendarin oder eine Grundschullehrerin oder sonst irgendein bekanntes Gesicht, das man spontan mit Bildung in Verbindung bringt?

Ich kann gut verstehen, dass Laschet sein Team nicht wie üblich Kompetenzteam nennen wollte, aber Zukunftsteam ist wohl auch der falsche Begriff.

Too old

Laschet, 60 Jahre, Friedrich Merz, 65 Jahre, Dorothee Bär, 43 Jahre, Peter Neumann, 46 Jahre, Silvia Breher, 48 Jahre, Karin Prien, 56 Jahre, Barbara Klepsch, 56 Jahre, Andreas Jung,46 Jahre und Joe Chialo, 51 Jahre. Das Durchschnittsalter beträgt gut 52 Jahre, also too old to blackrock’n’roll, to young to die.

Für junge Wähler kaum attraktiv, aber vielleicht hat Laschet die eh schon abgeschrieben. Vielleicht hat er aber auch keine jungen CDU-Sympathisanten oder andere qualifizierte Mitglieder gefunden, die gewillt sind, die Partei mit ihm gemeinsam verlieren zu sehen. Vielleicht wollte auch kein echter Experte für irgendwas, der irgendeinen Ruf zu verlieren hat, bei diesem drögen  Zukunftsteam mitmachen. Hat er Söder überhaupt gefragt oder Röttgen? Oder haben die gleich gesagt, „Beim nächsten Mal ohne Dich, Armin“. Verstehen würde ich das.

Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass mit einem Team kurz vor der Wahl kein Aufbruch erzielt werden kann, wenn man bei den meisten erst mal nachsehen muss, wer das überhaupt ist. Aber irgendwie passt das auch alles zu dem hochgradig unprofessionellen Wahlkampf. Plakate wie in den 50ern, Rote-Socken-Sprüche wie von Peter Hintze in den 90ern und ein Fettnäpfchen-Hopping, wie es nur Armin Laschet hinbekommt. Die Konkurrenz wird sich mittlerweile über alles freuen, was das Team Laschet sich so einfallen lässt, denn es nützt jedem außer Laschet.

Wenn nicht noch Wonderwoman Merkel zu diesem Team stoßen sollte – was so wahrscheinlich ist wie eine Reunion der Beatles – wird das nichts mehr. Und es ist zu erwarten, dass die grandiose Pleite bei der Bundestagswahl auch gleich die NRW-Wahl im nächsten Jahr mit abräumt. Laschet hat’s verkackt.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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