Dobrindt und die Gewaltenteilung
Bundesinnenminister Dobrindt lässt Asylbewerber an den Grenzen zurückweisen. Dass das rechtswidirg ist, kümmert ihn nicht die Bohne. Gewaltenteilung interessiert ihn nicht. Legal, illegal, scheißegal? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.

Bild von Christiane auf Pixabay
Die Gewaltenteilung ist ein zentrales Prinzip der Demokratie und ein Fundament des deutschen Rechtsstaates. Sie sorgt dafür, dass die staatliche Macht nicht in den Händen weniger Menschen konzentriert wird, sondern auf verschiedene unabhängige Institutionen verteilt ist. Diese Struktur schützt die Freiheit und Rechte der Bürger, sichert die demokratische Ordnung und verhindert Machtmissbrauch. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass auch Regierungsmitglieder – insbesondere Minister – an die Gesetze gebunden sind, selbst wenn diese ihren politischen Zielen oder persönlichen Überzeugungen widersprechen.
Gewaltenteilung: Schutzmechanismus für die Demokratie
In Deutschland teilt sich die staatliche Gewalt in drei Bereiche: die gesetzgebende Gewalt (Legislative), die ausführende Gewalt (Exekutive) und die rechtsprechende Gewalt (Judikative). Der Bundestag und der Bundesrat bilden im Bund die Legislative. Sie beschließen die Gesetze, die das Zusammenleben in Deutschland regeln. Die Bundesregierung mit ihren Ministerien sowie die Verwaltungen in Bund und Ländern gehören zur Exekutive. Sie sind dafür zuständig, diese Gesetze umzusetzen, ganz gleich, ob sie ihnen gefallen oder nicht. Die Gerichte schließlich bilden die Judikative. Sie prüfen, ob Gesetze eingehalten werden, und entscheiden in Streitfällen unabhängig.
Dieses System verhindert, dass eine einzelne Institution zu viel Macht bekommt. Stattdessen kontrollieren sich die Gewalten gegenseitig – ein Prinzip, das auch als checks and balances bekannt ist. Die Gewaltenteilung sichert damit demokratische Entscheidungsprozesse, schützt Minderheitenrechte und bewahrt die Freiheit der Bürger vor staatlicher Willkür.
Warum auch Minister sich an Gesetze halten müssen
Minister gehören zur Exekutive und sind daher unmittelbar an geltendes Recht und Gesetz gebunden.
Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes macht dies unmissverständlich klar:
Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“
Das bedeutet: Auch wenn ein Minister eine Maßnahme für politisch sinnvoll oder notwendig hält, darf er sie nur ergreifen, wenn sie im Einklang mit geltendem Recht steht.
Diese Bindung ist essenziell aus zwei Gründen:
Rechtssicherheit und Vertrauen: Bürger und Unternehmen müssen darauf vertrauen können, dass der Staat sich an seine eigenen Regeln hält. Wenn Minister Gesetze nach Belieben beugen oder ignorieren könnten, schwindet das Vertrauen in die Rechtsordnung. Rechtssicherheit ist jedoch ein Grundpfeiler eines funktionierenden demokratischen Staates.
Schutz vor Machtmissbrauch: Ohne gesetzliche Bindung könnten Minister ihre Macht dazu nutzen, politische Gegner zu benachteiligen, persönliche Interessen durchzusetzen oder unliebsame Entscheidungen zu umgehen. Die Bindung an das Gesetz verhindert solche Übergriffe und stellt sicher, dass alle staatlichen Maßnahmen auf demokratisch legitimierten Grundlagen beruhen.
Aktuelle Relevanz
In der politischen Praxis kann es vorkommen, dass sich politische Ziele nicht ohne Weiteres mit bestehenden Gesetzen vereinbaren lassen. In solchen Fällen wäre es Aufgabe der Minister, politische Mehrheiten für Gesetzesänderungen zu suchen – nicht aber, sich über bestehendes Recht hinwegzusetzen und einfach so zu tun, als sei das Gesetz bereits geändert worden. .
Gerade in Krisenzeiten, etwa während der Corona-Pandemie oder in der Klimapolitik, wurde diese Grenze besonders deutlich: Der Wunsch nach schnellem Handeln darf nicht zur Missachtung rechtlicher Verfahren führen. Auch nicht, wenn man meint, damit „Volkes Stimme“ oder einer imaginierten Mehrheit zu folgen.
Wenn sich Minister über Gesetze hinwegsetzen oder gerichtliche Entscheidungen ignorieren , könnte dies die gesamte demokratische Ordnung ins Wanken bringen. Es ist daher auch Aufgabe der Parlamente, der Medien und der Zivilgesellschaft, solche Entwicklungen kritisch zu begleiten und gegebenenfalls juristisch zu überprüfen.
Wenn ein Minister Dobrindt, meinetwegen schlecht beraten oder halt persönlich schmerzfrei, den Beamten der Bundespolizei die Weisung gibt, Asylsuchende gleich an den Grenzen zurückzuschicken, dann mag man ihm bei dieser Weisung noch eine gewisse Gutgläubigkeit zubilligen. Wenn aber ein Gericht diese Verhaltensweise als rechtswidrig verurteilt, dann ist es nicht mehr Unwissenheit oder Naivität, wenn er an der Weisung festhält, sondern ganz bewusstes Missachten der Judikative. Dass hier ein rechtswidriges Verhalten vorliegt, war bereits vor der Weisung mehrfach von nahezu allen Juristen festgestellt worden. Das pfiffen bereits die Spatzen von den Dächern, war also jedenfalls für Spatzenhirne verständlich. Für Dobrindt entweder nicht, oder es war und ist ihm scheißegal.
Gravierende Folgen
Das hat gravierende Folgen. Eine ganze Reihe Bundespolizisten wird durch die Weisung verpflichtet, ein von einem deutschen Gericht als rechtswidrig erkanntes Verhalten an den Tag zu legen – obwohl Polizisten sich gesetzestreu zu verhalten haben.
Als weitere Folge ist eine unglaubliche Reaktion gegenüber den Richter(innen) der betreffenden Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin zu beobachten: Die RichterInnen werden als linksgrün beschimpft und ihnen wird eine politisch bedingte Entscheidung unterstellt. Das geht mittlerweile bis hin zu Bedrohungen.
Der Bürger wird sich denken, er müsse sich nur an Gesetze halten, wenn die ihm in den Kram passen und kann sich dabei ausgerechnet auf den Innenminister berufen, der dasselbe macht.
Wenn Dobrindt und einige andere wichtigtuerisch erzählen, es handele sich ja nur um Einzelfallentscheidungen, ist dies zwar formal richtig. Was aber unterschlagen wird ,ist, dass das Gericht im Rahmen dieser Entscheidungen natürlich die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns geprüft hat und zu dem – allgemeingültigen – Ergebnis gekommen ist, dass diese Rechtmäßigkeit gerade nicht vorliegt. Die weitere Weisung an die Beamten gilt daher einem rechtswidrigen Vorgehen. Unglaublich, aber halt Dobrindt, der auch schon die für das Land teure PKW-Maut initiiert hat, die letztlich völlig bescheuert von seinem Nachfolger wider besseres Wissen durchgedrückt und dann vom EuGH gekippt wurde.
Die Gewaltenteilung ist ein zentrales Schutzprinzip des deutschen Rechtsstaats. Sie gewährleistet, dass Macht begrenzt, kontrolliert und demokratisch legitimiert ist. Besonders wichtig ist dabei, dass Minister als Teil der Exekutive an Gesetze gebunden sind – auch wenn diese ihren politischen Absichten entgegenstehen. Nur durch diese gesetzliche Bindung bleibt die Demokratie stabil, die Rechtsstaatlichkeit gewahrt und das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen erhalten. Ein Minister, der sich an das Gesetz hält, dient nicht nur dem Staat, sondern schützt auch die Grundwerte, auf denen unsere Gesellschaft aufbaut. Ein Minister, der das nicht tut, schadet letztlich dem Staat, auch wenn es ihm in der Bevölkerung Sympathien einbringen und die AfD ein paar Wähler kosten mag. Dieses trumpistische Verhalten wird auch noch vom Bundeskanzler unterstützt. Und Merz hat im Gegensatz zum Soziologen Dobrindt wenigstens mal erfolgreich Jura studiert und müsste doch besser wissen, was da passiert. Aber wer weiss das schon. Vielleicht ist es ihm auch egal.