Lächerlich oder Legende?

Auf „Dieter Feat. Bohlen – Das Mega Album“ spielt Dieter Bohlen seine Hits mit Modern Talking, Blue System und DSDS neu ein und singt sie auch. Ulf Kubanke mit ein paar spontanen Gedanken über Deutschlands selbsternannten Poptitan.


„Ach, der Bohlen…“ entfährt mir ein Seufzer.

Die besondere Tragikkomik dieses Mannes liegt aus meiner Sicht im absoluten Fehlen von Respekt vor der eigenen Kunst sowie in einem eklatanten Mangel an qualitativem Ehrgeiz, der trashy Selbstinzsenierung über Songwriting stellt.

Wenn man jedoch einmal ausblendet, dass der öffentlich sichtbare Bohlen durch seine womöglich nicht gerade sympathischen Charakterzüge, die stumpfe, immer recht unsportlich wirkende Rotzigkeit gegenüber jugendlichen Bewerbern und die Unfähigkeit auch nur einigermaßen in Würde zu altern, konstant negativ auffällt, ist es recht schade, dass sein eigentlich vorhandenes Talent nie recht zur Entfaltung gelangte.

Nehmen wir doch nur mal „You’re My Heart, You’re My Soul“. Jenseits von Arrangement und Modern Talking-Zusammenhang ist das kompositorisch quasi der perfekte Popsong. Starke Melodie, formbar von melancholischer Ballade bis Powerpop. So eine Nummer muss einem erst einmal einfallen.

Oder auch „Midnight Lady“: Lupenreine Ballade, die punktgenau große Gefühle transportiert, falls man Arrangement und Vocals nicht vergeigt. Durch die Schimanski-Einbettung ist das Stück ohnrhin mittlerweile sakrosankte Popkultur. Da hat er sich einmal zwischendurch für den Schimmi/Tanner-Tatort zusammengerissen. Und immer, wenn er das tut, wird es groß. Derlei passert nur viel zu selten in seiner Veröffentlichungsflut aus emotionslosem Einerlei und halbgaren Tracks von der Stange.

Seine Idee, diesen Song vorliegend mal als Acoustic-Version zu spielen, wirkt zunächst konsequent und songdienlich. Hier wird es psychologisch interessant, weil er sich erneut unnötig selbst im Weg steht. Damals, anno 1986, hat er verstanden, dass der Track eine Reibeisen/Sandpapier-Stimme benötigt, um seine Aura vollends zu entfalten. Da war Chris Norman musikalisch die perfekte Wahl. Joe Cocker hätte auch funktioniert.

Obwohl der selbsternannte Poptitan das alles im Grunde weiß und schon einmal richtig machte, versenkt er den Evergreen und alles andere mit eigenen Horror-Vocals, wie sie nur noch von zweitklassigen Schwarzszenekapellen ähnlich peinlich dargeboten werden. Das ist dermaßen absurd, dass es fast sprachlos macht…..fast.

Ulf Kubanke

Ehemaliger Anwalt; nun Publizist, Gesprächspartner und Biograph; u.a. für Deutschlands größtes Online-Musikmagazin laut.de.

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