Verfassungsschutz und AfD – Gefahren für die Grundordnung
Im ARD-Deutschlandtrend sprechen sich 65% der befragten Menschen für eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz aus. Aber ist das wirklich so eine gute Idee?
Auch wenn manche Hohlbirnen das nicht wahrhaben wollen, es gibt sie, die Bundesrepublik Deutschland. Und die ist auch keine GmbH, sondern ein echter Staat. Und der hat mit dem Grundgesetz eine wunderbare und bewährte Verfassung. Es ist mehr denn je erforderlich, diese Verfassung und die freiheitlich demokratische Grundordnung vor ihren Feinden zu schützen.
Vor verfassungswidrigen Angriffen, die vom Gesetzgeber selbst oder von staatlichen Institutionen ausgehen, schützt uns das Bundesverfassungsgericht. In schöner Regelmäßigkeit zeigt es verfassungswidrigen Gesetzen oder Entscheidungen die rote Karte und erklärt mehr oder weniger überzeugend, was verfassungsrechtlich geht und was nicht. Auf dieser Ebene funktioniert der Schutz der Verfassung bisher zuverlässig.
Die Angriffe auf die freiheitlich demokratische Grundordnung sind aber nicht nur auf Staatsorgane beschränkt. Das BVerfG hat diese Grundordnung wie folgt definiert:
Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung , die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. (BVerfGE 2, 1, 12 – 1952 zum Verbot der SRP )
Leitkultur
Obwohl es den Menschen in Deutschland wesentlich besser geht als den meisten anderen Menschen auf der Welt, gibt es genügend aggressive Bestrebungen, diese verfassungsmäßige Ordnung anzugreifen oder gar abzuschaffen. Seltsamerweise oft von Menschen, die eine deutsche Leitkultur beschwören. Hey, das GG ist unsere Leitkultur. Das und nichts anderes. Mehr braucht es nicht, um glücklich zu sein.
Es gibt radikale Gruppierungen, die die Todesstrafe einführen möchten, solche die die Religionsfreiheit abschaffen wollen, solche die die säkularen Gesetze durch Religionsgesetze austauschen wollen und solche, die den Staat als solchen bekämpfen oder für gar nicht existent halten. Die Angriffe sind vielfältig und kommen aus allen möglichen politischen und religiös-fanatischen Richtungen. Am stärksten kommen sie im Moment wie fast überall in Europa von radikalen Nationalisten.
Wehrhafte Demokratie
Als „wehrhafte“ Demokratie hat deshalb auch die Bundesrepublik Deutschland ihre Geheimdienste. Die tragen, wie sich das gehört, schöne Namen. Der Inlandsgeheimdienst heißt Verfassungsschutz, der Auslandsdienst „Bundesnachrichtendienst“. Wobei „der“ Inlandsdienst nicht ganz richtig ist. Es gibt da 17 von. Neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz gönnt sich auch noch jedes Bundesland einen eigenen Verfassungsschutz, die mitunter konkurrieren. Vielfalt in Einfalt. Theoretisch wäre möglich, dass ein verfassungsfeindlicher Verein komplett aus Mitgliedern und V-Leuten der einzelnen Dienst gebildet und finanziert würden, die sich alle gegenseitig bespitzeln und von denen niemand weiß, dass die anderen auch Geheimdienstler sind. Schöne Drehbuchidee für eine Komödie.
Die Aufgaben des Verfassungsschutzes regelt das Bundesverfassungsschutzgesetz in § 3.
1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über
1.
Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,
2.
sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht,
3.
Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
4.
Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind.
(2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit
1.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
2.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen,
3.
bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte,
4.
bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimmten Fällen,
5.
bei der Geheimschutzbetreuung von nichtöffentlichen Stellen durch den Bund oder durch ein Land.
Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 sind im Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) geregelt. Bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummer 5 ist das Bundesamt für Verfassungsschutz zur sicherheitsmäßigen Bewertung der Angaben der nichtöffentlichen Stelle unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder befugt. Sofern es im Einzelfall erforderlich erscheint, können bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummer 5 zusätzlich die Nachrichtendienste des Bundes sowie ausländische öffentliche Stellen um Übermittlung und Bewertung vorhandener Erkenntnisse und um Bewertung übermittelter Erkenntnisse ersucht werden.
(3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes).
Schöne Ziele
Schöne Ziele. Mit welchen Mitteln die erreicht werden sollen, steht in § 8.
1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen; die Verarbeitung ist auch zulässig, wenn der Betroffene eingewilligt hat. Ein Ersuchen des Bundesamtes für Verfassungsschutz um Übermittlung personenbezogener Daten darf nur diejenigen personenbezogenen Daten enthalten, die für die Erteilung der Auskunft unerlässlich sind. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden.
(2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden. In Individualrechte darf nur nach Maßgabe besonderer Befugnisse eingegriffen werden. Im Übrigen darf die Anwendung eines Mittels gemäß Satz 1 keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts steht. Die Mittel nach Satz 1 sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffungen und das Nähere zu Satz 3 regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, das das Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtet.
(3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist.
(4) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen.
(5) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.
Offenbar darf der Verfassungsschutz nach dem Willen des Gesetzgebers also nur mit völlig legalen Mitteln arbeiten, also nicht mit schmutzigen Tricks. (Schade, dass man in seriöse Kolumnen keine Grinseminions einfügen darf)
Der § 3 Absatz 3 müsste natürlich jedem echten Schlapphut ein schmerzhafter Dorn im Auge sein. Ein Geheimdienst, der komplett an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden ist. Geht das überhaupt? Keine Lizenz zum Töten? Kein bisschen Nowitschok? James Bond würde bei so einem Verein erst gar nicht anheuern, aber der war ja auch beim Außendienst. Ja, ein Geheimdienst, der sich an rechtsstaatliche Vorgaben halten muss, hat gegenüber Diensten aus weniger zimperlichen Staaten einen gewaltigen Standortnachteil. Ab und an mal am Rande oder jenseits der Legalität ermitteln? Geht nicht? Schön wärs.
Das Bundesamt für den Verfassungsschutz meint selbst auf seiner Homepage ganz ernsthaft, es werde wie kaum eine andere Behörde kontrolliert. Stimmt ja auch irgendwie. So lau bis gar nicht wie das Bundesamt für Verfassungsschutz wird tatsächlich kaum eine Behörde kontrolliert.
Papier und Homepages sind bekanntlich geduldig, und ob der Verfassungsschutz sich tatsächlich immer an alle Regeln hält, ist schwer zu überprüfen. Genau genommen gar nicht. Falls nicht ab und an mal ein Whistleblower etwas internes zwitschert, bleiben Regelverstöße zwangsläufig unerkannt. Der Versuch diverser Untersuchungsausschüsse z.B. die Rolle der Verfassungsschützer im Zusammenhang mit dem rechtsextremistischen NSU zu erhellen, ist kläglich gescheitert. Ob bei der „Operation Rennsteig“ alle rechtsstaatlichen Regeln eingehalten wurden, darf bezweifelt werden. Dafür ist mir da zu viel im Reißwolf gelandet. Kontrolle unmöglich. Alles geheim. Heißt ja auch Geheimdienst.
Außer Kontrolle
Die sogenannte parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes übernimmt ein Gremium mit dem Namen „Parlamentarisches Kontrollgremium“. Klingt gewichtig. Die Mitglieder dieses Gremiums werden zu Beginn einer jeden Legislaturperiode vom Bundestag gewählt. Aber, dass die nun wirklich die Tätigkeit der Geheimdienste kontrollieren könnten, glauben die sicher selbst nicht. Theoretisch könnten die zwar auf Akteneinsicht und -herausgabe bestehen, Zutritt zu VS-Dienststellen verlangen, VS-Bedienstete befragen oder externe Sachverständige beauftragen. Aber welche Akten? Wonach sollten sie wen befragen? Welche Gutachten sollten sie denn in Auftrag geben? Das Gremium macht insoweit alles, außer Kontrolle. Denn die wissen nicht, was die tun.
Es ist ja nicht so, dass die da ab und an mal spontan da hingehen und gucken, was der Verfassungsschutz denn da gerade so treibt. Also nicht so, wie wenn die Prüfer vom Gesundheitsamt sich mal eine Dönerbude ansehen und das Unterste nach oben kramen. Nö. Das Parlamentarische Kontrollgremium erhält seine Informationen über das, was die Dienste überhaupt so treiben, von der Bundesregierung. So steht das im Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes.
§4 Pflicht der Bundesregierung zur Unterrichtung:
(1) Die Bundesregierung unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium umfassend über die allgemeine Tätigkeit der in § 1 Absatz 1 genannten Behörden und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Auf Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat die Bundesregierung auch über sonstige Vorgänge zu berichten.
(2) Die politische Verantwortung der Bundesregierung für die in § 1 genannten Behörden bleibt unberührt.
Die Aufgabe übernimmt da intern der Chef des Bundeskanzleramts, zur Zeit also Helge Braun (CDU). Kennen Sie nicht? Musste ich auch googeln. Er ist ein Humanmediziner, der über den Einfluss intraoperativer Tachykardien (Herzrasen während einer Operation) promoviert hat. Kann ja nichts schaden.
Sie erinnern sich aber bestimmt noch an den lustigen Kanzleramtsminister, Herrn – „Fresse nicht mehr sehen“ – Pofalla , der schon im August 2013 die NSA-Affäre für beendet erklärte. Es war damals sehr lustig. „Pofalla beendet Dinge“, war ein schönes Spiel im Internet. Der war fast so berühmt wie Chuck Norris. Welche Informationen hätten Sie von dem so erwartet? Wer offenkundiges, wie das Abhören durch die NSA leugnet, wird doch wohl kaum eine wirklich verborgene Schweinerei ausplaudern – falls sie denn überhaupt bis zu ihm durchgedrungen ist.
Unfreiwillige Selbstkontrolle
Die Frage, woher denn die Bundesregierung ihrerseits die Informationen über die Aktivitäten des Verfassungsschutzes erhält, ist leicht zu beantworten. Überraschung, vom Verfassungsschutz selbst. Von wem auch sonst? Ja, das nenne ich mal effektive unfreiwillige Selbstkontrolle. Der Kontrollierte erzählt seinem Chef, also der Bundesregierung, was er denn so treibt und die informiert dann das Kontrollgremium. Was der kontrollierte VS der Bundesregierung erst gar nicht erzählt, weil es wahlweise peinlich oder kriminell ist, kann also gar nicht beim Kontrolleur landen. Eine effektivere Kontrolle des Kontrollgremiums kann man sich ja kaum vorstellen, nicht wahr? Aber halt, das Kontrollgremium sollte doch gar nicht kontrolliert werden, sondern kontrollieren. So ein Pech aber auch.
Wäre doch irgendwie nett gewesen, wenn der Chef des Verfassungsschutzes, Herr Maaßen, der Kanzlerin mal erzählt hätte, welche Gespräche er denn so mit Frau Petry oder Herrn Gauland geführt hat, statt ihr nun im Hinblick auf die Vorgänge in Chemnitz via BILD öffentlich in den Rücken zu fallen und für die AfD günstige Verschwörungstheorien zum Besten zu geben, ohne diese auch nur ansatzweise zu belegen. Ein veritabler Entlassungsgrund.
Soll nun sich der Verfassungsschutz, dessen Verdienste in der Überwachung des NSU ebenso gegen Null gehen wie bei der Beobachtung der NPD, sich der AfD annehmen? Mit einem Chef, dem vorgeworfen wird, sich mit den Parteispitzen dieser Partei darüber ausgetauscht zu haben, wie man eine Beobachtung durch den Dienst möglichst vermeidet und der offenkundig mehr davon hält mit der Presse zu reden als mit dem Kanzleramt ? Aber Achtung, dass Maaßen eine Nähe zur AfD hätte, obwohl Gauland ihn gebeten hat ein paar Abgeordnete auf ihre Nähe zu Moskau zu checken, never. Das wird völlig ausgeschlossen. Und wissen sie auch von wem? Ja, richtig, vom Verfassungsschutz.und wer verkündet es? Wieder richtig, nicht etwa das Kanzleramt, sondern das beste und seriöseste Politblatt des Landes, die BILD. Irgendwie geil bis unheimlich. Ebenso unheimlich, dass der Chef des Verfassungschutzes die Tatsache, dass der VS einen V-Mann im Umfeld von Anis Amri hatte, dem Parlament verschwiegen haben soll. Nicht zu vergessen die von Anfang an rechtswidrige Beobachtung von Dr. Rolf Gössner. Warum sollte man dem Verfassungsschutz oder auch nur Herrn Maaßen vertrauen? Ich tu es nicht. Da liegen mir zu viele Leichen im Keller.
Zwei Herzen
Ich bin sehr zwiegespalten. Wer die gemeinsamen Aktivitäten von AfD, PEGIDA, Identitären und Nazihools in Chemnitz gesehen hat, kann leicht auf die Idee kommen, dass hier ein lohnendes Ziel für einen funktionierenden Verfassungsschutz existiert. Wer sich allerdings an das erste NPD-Verbotsverfahren erinnert, weiß dass in dieser Partei ein Großteil der Funktionäre von V-Leuten der verschiedenen Verfassungsschutzämter gestellt wurden. Der weiß auch, dass das Verbotsverfahren gescheitert ist, wegen der zahlreichen V-Männer des Verfassungsschutzes in NPD-Führungsgremien. Damit fehlte es an der Staatsferne der Partei. Man könnte auch platt sagen, dass die NPD vom Verfassungsschutz mit geführt wurde. Ob das wechselseitig so ist, ist reine Spekulation, aber es wäre der erste Dienst, in dem es keine „Doppelagenten“ gibt. Vermutlich saßen an manchen Parteiabenden ausschließlich Spitzel am Tisch. Ob und wie viele Mitarbeiter des Verfassungsschutzes nun auch schon ganz privat in der NPD oder der AfD sind oder deren Gedankengut teilen, weiß ich nicht. Beides sind ja nicht verbotene Parteien. Ich mag mir aber auch gar nicht vorstellen, was passieren könnte, wenn der mit allen Spitzelmöglichkeiten und unübersichtlich vielen Informationen über uns ausgestattete Dienst von Radikalen unterwandert wäre. Dass die Dienste seit Jahren auf dem rechten Auge unter einer unbehandelten, fortschreitenden Makuladegeneration leiden, konnte man aber schon im NSU-Verfahren sehen. Aber wer kann die Dienste unter Kontrolle halten und wie?
Sollte man nun die AfD wirklich wie die NPD behandeln und beobachten lassen? Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist. Zum einen kann jedermann sich täglich über das Abdriften dieser Partei in den öffentlichen Medien informieren – alleine die Sprüche von Höcke und Gauland, Poggenburg, von Storch und Weidel reichen dazu aus. Eine Abgenzung zur Rechtsextremisten ist nicht zu erkennen. Beim „Trauermarsch“ in Chemnitz konnte man sehen, wer da alles mitlief. Zum anderen wäre es in den Kreisen der Anhänger der Partei aber eine unglaubliche Aufwertung der Partei. Es geht doch nichts über eine anständige Opferrolle und ein vermeintliches Dissidententum. Die Behauptung, die anderen „konsensfaschistischen System-Parteien“ wollten sich auf diese Weise gemeinsam einen unliebsamen Konkurrenten vom Hals halten, wäre auch ganz schwer zu widerlegen. Und wenn die Verwaltungsgerichte die Beobachtung dann für rechtswidrig erklären – was ein, sagen wir mal, nicht ganz neutraler Verfassungsschutz durch entsprechende „Fehler“ locker hinbekäme – , wäre das ein weiteres Zückerchen für die Partei.
Was tun?
Nein. Wenn die Gesellschaft etwas gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen von wem auch immer unternehmen will, dann kann und sollte sie das selbst tun. Die einzelnen Parteien sollten ihr Profil schärfen, damit für den Wähler klarer wird, wer was will. Und in Koalitionen sollten sie sich auf die vereinbaren Koalitionsverträge konzentrieren und nicht ständig neue Fässer gegeneinander aufmachen.
Die Kanzlerin sollte in der Koalition dafür sorgen, dass permanente Querschüsse unterbleiben. Ein Innenminister, der sagt,
und die Migrationsfrage zur Mutter alles politischen Probleme erklärt, kann nicht in dieser Regierung glaubwürdig den Rechtsstaat vertreten. Ein Innenminister, der sich Straftaten wünscht, damit er Menschen abschieben kann. Perverser geht es nicht mehr. Der gehört entlassen.
Die Antifaschisten im Land – und das sind für mich alle, die gegen Faschismus sind, also auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und dieses verteidigen wollen -, sollten das über alle Parteigrenzen hinweg laut und deutlich sagen, auch durch laute Solidaritätsbekundungen mit Musik, bei der sich dem Opa die eingewachsenen Fußnägel kräuseln, klassischen Konzerten oder einfach indem sie in den sozialen Medien oder in der Kneipe, am Arbeitsplatz oder wo auch immer klar sagen, dass sie zum GG stehen. Das Arsch Huh Prinzip muss Allgemeingut werden.
Wie wöhr et wenn du dämm Blaumann jetz sähs,
dat du Rassistesprüch janit verdrähs?
Wenn du en vüür dä Lück blamiers,
endämm du’n einfach oplaufe löhß?
Un övverhaup: wemmer selver jet däät,
wemmer die Zäng ens ussenander kräät?
Wenn mir dä Arsch nit huh krieje,
ess et eines Daachs zu spät.
Übersetzung für Immis:
Wie wäre es, wenn du den Blaumann jetzt sagtest,dass du Rassistensprüche gar nicht verträgst? Wenn du ihn vor den Leuten blamierst,indem du ihn einfach auflaufen lässt? Und überhaupt: wenn man selber etwas täte, wenn man die Zähne mal auseinander bekäme? Wenn wir den Arsch nicht hoch bekommen, ist es eines Tages zu spät.
Widersprechen, wenn Hetzer mit erlogenen Zahlen Stimmung gegen Menschen machen wollen, immer wieder nach Quellen fragen, insistieren woher die Information stammt, nicht nachlassen, Fehlinformationen oder Fehldeutungen aufzuklären. Volksverhetzung anzeigen. Das geht auch anonym und online.
Und auch die deutschen Geheimdienste sollten künftig einer besseren, echten Kontrolle unterliegen, damit nicht eines Tages eine faschistische Machtergreifung droht, die dann von einem entfesselten Dienst mit den dort vorhandenen Informationen abgesichert wird. Das müssen aber die Bürger und das Parlament einfordern, das passiert nicht von selbst. Unkontrollierte Dienste sind ein große Gefahr für die Demokratie. Und im Moment sind die Dienst nahezu unkontrolliert.
Na, da übertreibt der Schmitz jetzt aber gewaltig, wird der Blonde Hans schreiben und Jerry Cotton aka Phil Decker wird darauf hinweisen, dass der Rechtsstaat ja bereits von der linksversifften IM Erika gekapert worden sei und eine DDR 2.0 mit einer Maasi-Stasi die Bürger umvolken wolle und ja, noch ist es nicht so weit. Aber das dachte man 1928 und selbst 1933 noch. Machen wir doch einfach Alerta Alerta Antifascista zum Motto aller grundrechtstreuen Bürger – wer eine Alertaallergie hat muss ja nicht mitrufen, aber wenigstens nicht meckern – und zeigen den Rassisten ganz einfach gemeinsam, dass Vielfalt schöner ist als Einfalt und noch etwas, #wirsindmehr.