Greenpeace beharrt auf Ignoranz und Arroganz

Mehr als ein Drittel aller lebenden Nobelpreisträger werfen der Umweltorganisation Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Doch Greenpeace will an seinem Geschäftsmodell festhalten.


In sehr deutlichen Worten haben 110 Nobelpreisträger in einem offenen Brief Greenpeace angegriffen und aufgefordert, den schädlichen Kampf gegen die Gentechnik aufzugeben. Sie schreiben unter anderem:

„Forschungseinrichtungen und Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt haben wiederholt und einheitlich festgestellt, dass Pflanzen und Nahrungsmittel, die auf biotechnologischem Wege verbessert worden sind, genauso sicher, wenn nicht sogar sicherer, sind als mit anderen Methoden hergestellte. Es gibt keinen einzigen bestätigten Fall einer Gesundheitsbeeinträchtigung von Mensch und Tier durch den Verzehr. Mit Biotechnologie verbesserte Pflanzen haben sich wiederholt als weniger schädlich für die Umwelt erwiesen und als Segen für die globale Biodiversität.

Greenpeace ist die Speerspitze beim Widerstand gegen den Goldenen Reis, der das Potential hat, viele Erkrankungen und Todesfälle zu reduzieren oder zu verhindern, die durch Vitamin-A-Mangel entstehen, der am meisten die ärmsten Menschen in Afrika und Südostasien betrifft.

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass rund 250 Millionen Menschen an Vitamin-A-Mangel leiden, darunter 40 Prozent der Kinder unter fünf Jahren in den Entwicklungsländern. Nach Statistiken von UNICEF sind rund ein bis zwei Millionen vermeidbare Todesfälle pro Jahr auf Vitamin-A-Mangel zurückzuführen. Denn Vitamin-A-Mangel schwächt das Immunsystem, was besonders Säuglinge und Kinder gefährdet. Vitamin-A-Mangel ist weltweit der Hauptgrund dafür, dass Kinder erblinden, rund 250.000 – 500.000 Kinder sind pro Jahr davon betroffen. Die Hälfte davon stirbt innerhalb von zwölf Monate nach dem Verlust ihrer Sehkraft.

WIR FORDERN GREENPEACE AUF, die Kampagne gegen den Golden Reis im speziellen und gegen biotechnologisch verbesserte Pflanzen im Allgemeinen einzustellen.

WIR FORDERN DIE REGIERUNGEN DER WELT AUF, Greenpeace’ Kampagne gegen den Golden Reis im speziellen und gegen biotechnologisch verbesserte Pflanzen im Allgemeinen zurückzuweisen und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sich Greenpeace’ Aktionen zu widersetzen sowie den Zugang von Bauern zu allen Werkzeugen der modernen Biologie, insbesondere biotechnologisch verbessertem Saatgut, zu beschleunigen. Die auf Emotionen und Dogmen basierende, den Fakten widersprechende Opposition muss beendet werden.

Wie viele arme Menschen in der Welt müssen sterben, bevor wir das als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ansehen?

Auf der Website http://supportprecisionagriculture.org, wo der Brief veröffentlicht wurde und auch weiter unterzeichnet werden kann, findet sich auch Informationen zum Goldenen Reis und Material zur Darstellung des wissenschaftlichen Konsenses in Hinblick auf die Sicherheit von GVOs, die von 270 wissenschaftlichen Organisationen untersucht wurde, sowie zu ökologischen und ökonomischen Aspekten.

Lieber mehr Obst und Gemüse

Greenpeace Deutschland gibt sich in seiner Entgegnung wenig beeindruckt von der Haltung der Nobelpreisträger und steht zu seiner Cash Cow, der Anti-Gentechnik-Kampagne. Goldener Reis sei ja noch gar nicht marktreif, woran man vollständig unschuldig sei.

Das sieht Patrick Moore, einer der Gründer und heute vehementer Kritiker von Greenpeace und  Leiter der Initiative “Allow Golden Rice Now“, ganz anders:

Wenn Greenpeace sich darauf beschränken würde, von wohlhabenden Europäern Geld zu sammeln, um sie vor der bösen Gentechnik zu bewahren, könnte man damit leben. Leider gibt sich Greenpeace aber nicht damit zufrieden, in den westlichen Ländern die Leute zu verunsichern. Sie haben Afrika und Asien massiv infiziert mit ihren Außenposten und der Finanzierung von Leuten, damit diese die von hier vorgegebene Agenda unterstützen. Das beste Beispiel ist die Kampagne gegen den Goldenen Reis auf den Philippinen.

Greenpeace Deutschland weiß außerdem, es sei nicht bewiesen, dass der Reis irgendwelche Probleme lösen könne. Die fehl-ernährten Kinder sollen lieber mehr Obst und Gemüse essen. Selbst wenn der Reis gegen Vitamin-A Unterversorgung helfen würde, sei das ja immer noch eine „einseitige Ernährung“. Und für alle anderen GVOs gelte:

Seit 20 Jahren werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut und haben ihr Versagen in der Praxis längst bewiesen.

Warum sie dann immer noch dagegen kämpfen müssen, wird nicht erläutert. Außerdem sei der Brief der Nobelpreisträger nur eine PR-Aktion gegen die Einführung der „Gen-Kennzeichnung“ in den USA.

Auf der Website von Greenpeace International fand sich am 1. Juli noch gar keine Reaktion auf den Brief, dafür eine Grundsatzposition zum Thema:

Wir glauben:
GVOs sollten nicht in die Umwelt freigesetzt werden, da es kein angemessenes wissenschaftliches Verständnis ihres Einflusses auf Umwelt und menschliche Gesundheit gibt.
Wir setzen uns für sofortige Interimslösungen wie die Kennzeichnung von gv-Inhaltsstoffen und die Separierung von gentechnisch verändertem Getreide und Saatgut von konventionellem ein.
Wir lehnen außerdem alle Patente auf Pflanzen, Tiere und Menschen sowie Patente auf deren Gene ab. Leben ist kein Industrieprodukt. Wenn wir Lebensformen und die Lebensmittelversorgung unserer Welt an menschliche statt ihre natürlichen Wirtschaftsmodelle anpassen, gefährden wir uns damit selbst.

Die erste Aussage ist hinreichend widerlegt. Die zweite bedauerlich, die dritte wichtig klingender Unsinn.

Übrigens:  Vor einem Jahr, am 3. Juli 2015,  gab es schon einmal eine gemeinsame Erklärung von Nobelpreisträgern, die Mainauer Deklaration. Dieser Aufruf zu verstärkten Bemühungen zur Reduktion von Treibhausgasen wurde zunächst von 36 Nobelpreisträgern unterzeichnet, später kamen weitere 35 dazu. Damals hat Greenpeace das nicht als PR-Aktion beschimpft.

 

Thilo Spahl

Thilo Spahl ist Diplom-Psychologe und lebt in Berlin. Er ist freier Wissenschaftsautor, Mitgründer des Freiblickinstituts und Redakteur bei der Zeitschrift NovoArgumente.

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