Legen Sie auf!

In den letzten Tagen erhielt unser Kolumnist vermehrt seltsame Anrufe. Was steckt dahinter und wie sollte man sich verhalten? Die Samstagskolumne von Heinrich Schmitz

Bild aus Pixabay (gemeinfrei)

„This is a message from the Federal Police Department“ beginnt das Telefonat. Aha, denke ich, eine ausländische Polizei ruft an. Wer auch immer das sein mag. Kommt ja schon mal vor in einer Anwaltskanzlei. Ich würde die nette Dame ja auch glatt fragen, wer sie denn wäre und was sie will, wenn, ja wenn die tatsächlich ein Mensch wäre. Ist sie aber nicht. Die Dame ist eine dämliche Bandansage, die vermutlich alte Menschen in Angst und Schrecken versetzen und zu unüberlegten Handlungen bewegen soll. Sie erzählt mir also ohne Punkt und Komma, in der Hoffnung dass alle Angerufenen Englisch sprechen und sie verstehen, dass ihre grandiose Behörde kriminelle Aktivitäten festgestellt habe. Ja nun, warum auch nicht, ist ja angeblich eine Polizeibehörde. Blöd nur, dass diese kriminellen Aktivitäten mit meinem Ausweispapier begangen worden sein sollen. Aha. Meinen Ausweis habe ich seit Jahren nirgendwo mehr zeigen müssen, aber egal, Ich hörte mir den Scheiß beim ersten Mal komplett aus Fortbildungsgründen an. Und dann kam die Lady endlich auf den Punkt: Um mehr über die mit meinem Ausweis begangenen Straftaten zu erfahren, solle ich die „1“ drücken. Hab ich natürlich nicht gemacht. Ich bin doch nicht völlig verblödet, auch wenn sie das meinen mag. Wer die „1“ drückt wird mutmaßlich mit einer heftigst gebührenpflichtigen Nummer am Arsch der Welt verbunden und wird eine fette Telefonrechnung bekommen. Also aufgelegt, Nummer in der Box gesperrt. Aber , oh Wunder, das FPD mag mich offenbar. Nun ruft es alle paar Tage mit einer neuen Nummer an. Gestern morgen mit einer belgischen Vorwahl, angeblich. Denn die Nummer, die einem am Display gezeigt wird, ist natürlich nicht die Nummer, von der aus solche Anrufe kommen. Mittlerweile lege ich schon auf, nachdem sie „Federal“ gesagt hat. Diese Verbrecher sollen doch bitte nicht die Intelligenz der Angerufenen beleidigen, indem sie immer nur ein und dasselbe Band verwenden. Soviel zu der netten Polizistin.

Neue Freunde

Aber sie ist nicht mein einziger neuer Telefonfreund. Etwas cleverer geht Steve vor, der nun alle paar Tage anruft. Mein Freund Steve, der auch Bill oder wie auch immer heißt, meldet sich wie folgt: „Hello this is Steve. I´m calling you from the Microsoft Corporation Support desk“. Ach so. Na denn. Steve erzählt mir, man habe entdeckt, dass mein Computer mit ganz fürchterlicher Schadsoftware befallen sei und er mir für schlappe 400€ helfen würde, die zu entfernen. Ansonsten drohe mir ein Atomkrieg oder so was in der Art. Nun kann Steve mir leider nicht erklären, woher er denn wissen will, was auf meinem Computer los ist, wenn er den nicht selbst schon gehackt hat. Ich lehne also sein nettes Angebot ab und nehme auch diese Nummer auf meine Blacklist auf, die langsam ein erhebliches Volumen angenommen hat. Ob Steve wirklich meint, er bekäme von mir Zugriff auf meinen Rechner? Vermutlich ja, und vermutlich gelingt das ihm und seinen Kollegen immerimmerwieder. Und dann haben die Angerufenen nicht nur die Kontrolle über ihren Rechner verloren, sondern auch die auf ihrem Rechner gespeicherten Kreditkarten- und andere Daten an eine Bande von Internetkriminellen herausgerückt. Vielleicht wird ihnen auch der Zugang zum eigenen Rechner verwehrt und sie erhalten eine Lösegeldforderung, um wieder an die Daten zu gelangen. Ich habe es nicht ausprobiert.

Ich fand das ja ganz hilfreich, hatte ich vorher doch noch kein wirklich spannendes Thema für meine Kolumne gefunden. Ich wollte weder schon wieder was über den Ukrainekrieg, noch über Corona, Pocher und den fetten Schläger Will Smith und die Gewaltfantasien vieler User, und noch viel weniger über die noch nicht einmal zugelassene Anklage gegen Gil Ofarim schreiben. Da kamen mir FPD und Steve ganz recht. Danke dafür.

Kölsch hilft

Mein Gespräch mit Steve endete ziemlich plötzlich. Wohl weil ich seine Frage, ob er mal auf meinen Rechner dürfe, damit beantwortet, dass ich ihm vorsang,“Un mir sinn kölsche Jonge, mir hann och Botze ahn, mer lossen os net dran fummele, mer losse keener dran.“ Verstand er wohl nicht und erschreckte sich über die ihm unbekannte Sprache. Kölsch hilft in jeder Form.

Einem anderen Steve habe ich ins Ohr gehaucht, „Isch aabe gar kein Computer“ oder das Telefon gleich an meinen Hund weiter gereicht. Das Titelfoto mit der Katze dient ausschließlich dem Anlocken von KatzenliebhaberInnen. Isch aabe nämlich auch keine Katze.

Bei weiteren Anrufen habe ich dann gleich aufgelegt, nachdem er seine Begrüßung losgeworden war. Schade, dass ich keine Felicity Smoak in meiner Kanzlei habe, die ihm mit einem entsprechend präparierten Rechner den Zugriff erlauben könnte, um ihn dann zu orten und ihm gleich eine Drohne ins Haus zu schicken.

Also, lange Rede kurzer Sinn. Wenn Sie regelmäßig meine Kolumnen lesen, dürften sich intelligent genug sein, um auf solche Phishing-, Spaming- und was auch immer für Anrufe nicht herein zu fallen. Aber, vermutlich haben Sie in Ihrem Umfeld auch Menschen, wie zum Beispiel meine verstorbene Mutter, der ich in all den Jahren nicht beibringen konnte, dass man weder an das Telefon noch an die Haustüre gehen und schon gar nicht mit wildfremden Menschen telefonieren muss. Die hatte zwar keinen PC, aber sie ließ sich gerne mal ein Zeitungsabo oder einen neuen Stromtarif aufschwatzen. Sagen Sie diesen Menschen in Ihrem Umfeld, sie sollen sofort auflegen, wenn jemand am Telefon ist, den sie nicht kennen. Und wenn sie ihre echten Enkeln nicht von Fakeenkeln unterscheiden können, dann sollten sie am Besten gar nicht mehr ans Telefon gehen, falls sie noch über ihr Konto verfügen können.

Wenn Sie viel Zeit haben, können Sie die Anrufer auch jeweils anzeigen. Das wird zwar vermutlich nicht allzu viel bringen, aber so wird wenigstens die richtige Polizei auf das Ausmaß der illegalen Aktivitäten aufmerksam. Im Übrigen, sagen Sie bei solchen Telefonaten nie „Ja“, denn das wird gerne mal zusammengeschnitten zu einem Vertragsabschluss. Am Besten legen sie einfach auf.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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