Regeln Sie was wichtig ist

Bestimmen Sie selbst, was passieren soll, wenn Sie selbst nicht mehr bestimmen können. Eine Kolumne von Heinrich Schmitz


Bild von Thomas G. auf Pixabay

Corona hat den Tod wieder in die Gedanken der Menschen zurückgebracht. Auch wenn dieses Virus nicht das tödlichste ist, hat es doch wegen seiner weltweiten Verbreitung überall seine Spuren hinterlassen. Und dazu gehört auch die Angst, an Covid-19 zu sterben. Oder auch die Angst, an einer Impfung zu sterben. Die Angst beatmet zu werden und die Angst, nicht beatmet zu werden. Die Angst vor der Intensivstation und die Angst, kein Intensivbett mehr zu bekommen. Nachdem Leben und Tod lange nur in Krimis von Interesse waren, bringt Corona das Thema täglich auf den Tisch.

Ja, irgendwann sterben wir alle und nicht nur an oder mit Corona. Aber wir sterben eben nicht alle gleich und innerhalb von Minuten oder Stunden; das kann sich mitunter gehörig hinziehen und nicht jeder ist bis ans Ende seines Lebens in der Lage, noch eigenständige Entscheidungen zu treffen. Und da gilt es etwas zu regeln.

Es kann jeden treffen

Es kann einfach jeden erwischen: Junge und Alte, Arme und Reiche, einfach jeden Menschen. Gerade noch lustig mit anderen gescherzt und ein paar Stunden später nicht mehr in der Lage, einen Scherz auch nur im Ansatz zu verstehen.

Die medizinischen Ursachen sind vielfältig. Schlaganfälle, Hirnerkrankungen durch Viren oder Bakterien, Schädel-Hirn-Traumata durch Unfälle, Psychosen, Demenz, Birne weggesoffen usw. Von Null auf Hundert nicht mehr klar im Kopf oder vielleicht noch schlimmer, völlig klar im Kopf, aber nicht mehr in der Lage sich irgendwie verständlich zu machen. Gefangener im eigenen Körper. Eben war man noch der „King of Swing“ und konnte seine Angelegenheiten locker alleine regeln und dann weiß man unter Umständen nicht einmal seinen eigenen Namen und hält die eigenen Kinder für Fremde oder stellt der eigenen Ehefrau die Mitbewohnerin im Heim als Ehefrau vor.

Wie sich das anfühlt, könnten uns nur Betroffene erzählen, wenn sie es denn könnten. Vielleicht ist es ja gar nicht so übel, wenn man urplötzlich im Geiste wieder in der Jugend lebt? Schwer zu sagen. Vielleicht merkt man ja auch gar nicht, dass man auf einmal nicht mehr in seiner Wohnung lebt und in einem Pflegeheim ist. Mag sein, dass man denkt im Urlaub zu sein. Vielleicht vermisst man ja auch gar nichts aus dem alten Leben. Vielleicht aber vermisst man aber auch alles und leidet fürchterlich.

Das Problem ist, dass dann auf einmal andere Menschen ganz elementare Fragen für Sie entscheiden müssen. Und nein, dass sind dann eben nicht „automatisch“ Ihre Verwandten oder Ihr Ehepartner, wie viele denken. Ohne eine von Ihnen erteilte besondere Vollmacht haben die gar nichts zu kamellen.

Was tun?

Da stellt sich dann die Frage, was man tun kann. Woher sollen andere Menschen wissen, was ich mir wünsche? Wenn ich da selbst fatalistisch keinen Einfluss drauf nehmen möchte oder im Vorfeld zu bequem bin mich drum zu kümmern, muss ich das nicht. Die kölsche Erkenntnis, et kütt wie et kütt, ist aber nicht jedermanns Sache.

Wenn man so gar nichts regelt, dann sucht das Amtsgericht einen Betreuer für mich aus, meistens einen Berufsbetreuer, also jemanden, der professionell und gegen eine pauschale monatliche Vergütung die Betreuung übernimmt. Früher wurde man „entmündigt“, d.h. man hatte gar nichts mehr zu melden. Das gibt’s heute zumindest auf dem Papier nicht mehr. Die Betreuung wird immer nur für bestimmte Wirkungskreise eingerichtet, also zum Beispiel für die Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, die Bestimmung des Aufenthalts, die Gesundheitsfürsorge, eine Freiheitsentziehung oder die Erledigung von Behördenangelegenheiten. Solange das Gericht keinen Einwilligungsvorbehalt bestimmt, darf man auch noch weiter Verträge abschließen und sein Geld auf den Kopf hauen.

Es gibt nun allerdings Betreuer, die den Betreuten an einer ziemlich kurzen Leine halten. Während ein vermögender Nichtbetreuter sich selbstverständlich die Zigarre zur Prostituierten mit einem 200.–€-Schein anzünden darf, wird das beides für einen Betreuten schwierig – auch wenn er sein Leben lang vorher so gelebt hat.

Manche Betreuer versuchen leider ihre eigene Denk- und Lebensart, manche auch ihre persönlichen Moralvorstellung auf den Betreuten zu übertragen. Das ist zwar nicht Sinn und Zweck der Übung, aber es passiert immer wieder. Manche versuchen extrem sparsam zu wirtschaften und sind gegenüber Ausgabewünschen des Betreuten sehr skeptisch, andere sehen das lockerer. Alles in Allem muss es nichts Schlechtes sein, von einem Berufsbetreuer betreut zu werden, weil der sich mit der Materie auskennt und in der Regel bis auf sein normales Erwerbsinteresse auch keinerlei persönliche Interessen verfolgt. Bei manchen Betreuungen sind die gesetzlichen Pauschalen ein schlechter Witz, weil Aufwand und Entschädigung in keinem Verhältnis zueinander stehen.

Risiko Betreuer

Aber man kann auch an Ganoven geraten, deren Interesse mehr dem Geld des Betreuten als dem Wohlergehen des Betreuten gilt. Da kann dann auch schon mal was wegkommen. Die Kontrollen durch die Gerichte sind ebenfalls recht unterschiedlich ausgeprägt und lassen teilweise erheblich zu wünschen übrig.

Wer nun nicht will, dass eine wildfremde Person über die eigenen Belange entscheidet, der kann das weitgehend vermeiden, indem er eine Vorsorgevollmacht und/oder eine Betreuungsvollmacht erteilt.

Mit der Vorsorgevollmacht wird eine andere Person beauftragt, im Fall der Fälle, also dann wenn man selbst nicht mehr geschäfts- oder einwilligungsfähig ist, dem eigenen Willen Gehör zu verschaffen. Natürlich kann man so eine Vollmacht nur erteilen, solange man selbst noch geschäftsfähig ist. Also sollte man das tun, sobald man mit dem Lesen dieser Kolumne fertig ist. Ansonsten muss man lediglich volljährig sein.

Es ist grundsätzlich weder ein Notar erforderlich noch ein bestimmter vorgefertigter Text. Wichtig ist nur, dass klar und deutlich wird, was Sie meinen. Das ist jedenfalls nicht der Fall, wenn Sie auf einem Blatt ein paar zusammenhanglose Worte und Namen zusammenstellen und das mit Vorsorgevollmacht überschreiben. Lachen Sie nicht, so etwas habe ich schon gesehen.

Falls Sie also nicht gewohnt sind, wasserdichte Texte zu formulieren, sollten Sie sich deshalb bei der Abfassung der Vorsorgevollmacht beraten lassen. Das machen auf der einen Seite Rechtsanwälte und Notare; es gibt aber auch seit 2005 die Möglichkeit, sich von anerkannten Betreuungsvereinen beraten zu lassen. Beratung und Unterstützung finden Sie auch bei den Betreuungsbehörden der Kreise. Wichtig ist, dass die Vollmacht wohl durchdacht und vor allem individuell auf Sie zugeschnitten ist. Jede Jeck is anders und so jeder hat andere Vorstellung von der Gestaltung seines Lebens und Sterbens.

Klick and decide

Die fertigen Vorsorgevollmachten, bei denen man nur einzelne Kästchen ankreuzen muss – so etwas bietet zum Beispiel das Justizministerium an – sind zwar besser als gar nichts, können aber in der Regel eine handgestrickte Vollmacht vom Fachmann – der selbstverständlich auch eine Fachfrau sein kann – nicht wirklich ersetzen. Gucken Sie sich das trotzdem mal an, damit Sie eine bessere Vorstellung davon bekommen, was überhaupt so geregelt werden kann und wie genau Sie Ihre Vorstellungen zu Papier bringen können.

Neben den konkreten Befugnissen, die Sie Ihrem künftigen Bevollmächtigten einräumen wollen, ist natürlich am wichtigsten, dass Sie die richtige Person für diese Position auswählen, und dass diese Person die Aufgabe auch erfüllen kann und erfüllen will. Es macht wenig Sinn jemanden auszuwählen, den diese Bürde – denn das ist es ja für jemanden, der Sie kennt und womöglich liebt viel mehr als für einen Fremden – überfordert. Allzu oft habe ich Bevollmächtigte erlebt, die herzensgute Menschen, aber genau aus diesem Grund nicht in der Lage waren, dem Willen des Vollmachtgebers zum Durchbruch zu verhelfen. Es kann auch passieren, dass Sie jemanden auswählen, der in einen Interessenkonflikt gerät. Stellen Sie sich vor, sie haben ein kleines oder größeres Vermögen angespart und haben nun ausgerechnet ihren Alleinerben zum Bevollmächtigten gemacht. Wird der, wenn das nötig wird, wirklich für Sie ein besseres aber möglicherweise teureres Heim auswählen oder in der Hoffnung, dass am Ende für ihn auch noch etwas vom Erbe übrig bleibt, eher die Billigvariante wählen? Oder exportiert er Sie gleich ins ferne Thailand? Oder lässt Sie gleich in ihrem Haus vergammeln?

Wenn Sie eine Person „auserkoren“ haben, reden Sie offen mit ihr darüber, dass Sie sie als Bevollmächtigten auswählen würden und stellen ihr – ohne dass Sie ihr bei einer Absage böse sind – völlig frei, ob sie das auf sich nehmen will oder nicht.

Im Falle einer wirksamen Vorsorgevollmacht wird ein Betreuungsverfahren in aller Regel entbehrlich. Das Amtsgericht bleibt also draußen. Falls es dennoch zusätzlich eines Betreuers bedarf, können Sie auch für die Auswahl des Betreuers in der Vorsorgevollmacht Vorschläge machen, die das Gericht dann auch berücksichtigen wird. Suchen Sie sicherheitshalber auch ein paar Menschen mehr aus, die Sie hintereinander bevollmächtigen oder als Betreuer vorschlagen. Man weiß ja nie, ob der gute kluge Freund von heute nicht schon morgen in einen Zustand gerät, der ihn als Bevollmächtigten ausschließt oder auch einfach ablehnt, wenn es ernst wird.

Kontrolle

Wenn Sie auf der einen Seite eine vertraute Person auswählen möchten, auf der anderen Seite aber nicht auf die Kontrolle durch das Betreuungsgericht verzichten wollen, dann können Sie auch eine Betreuungsverfügung treffen. Dann haben Sie eben keinen privaten Bevollmächtigten, sondern einen Betreuer. Das Gericht wird aber dann denjenigen einsetzen, den Sie in der Verfügung genannt haben und diesen auch mehr oder weniger kontrollieren.

Und wenn Sie schon mal dabei sind Regelungen für den Ernstfall zu treffen, machen Sie doch gleich noch eine Patientenverfügung dazu.

Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Vorausverfügung für den Fall, dass Sie Ihren Willen selbst nicht mehr wirksam erklären können. Sie bezieht sich in erster Linie auf medizinische Maßnahmen.

Die Patientenverfügung ist ausdrücklich im BGB geregelt.

§ 1901a Patientenverfügung

(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.

(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten.

(4) Der Betreuer soll den Betreuten in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit einer Patientenverfügung hinweisen und ihn auf dessen Wunsch bei der Errichtung einer Patientenverfügung unterstützen.

(5) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.

(6) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.

Wenn Sie die Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht gekoppelt haben, übernimmt Ihr Bevollmächtigter die Durchsetzung Ihres in der Verfügung geäußerten Willens zu bestimmten Behandlungen oder auch Nichtbehandlungen.

Die Patientenverfügung greift nur, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können, also einwilligungsunfähig sind. Das ist nicht immer ganz einfach zu entscheiden. Wann das zum Beispiel bei einer langsam fortschreitenden Demenz exakt der Fall ist, kann unter Umständen recht zweifelhaft sein. Manche Patienten haben auch nach schlechteren auf einmal wieder bessere Tage. Notfalls muss dann ein Gutachten her.

Ihre Regeln

Während Sie mit der Vorsorgevollmacht bestimmen, wer Ihren Willen durchsetzen soll, wenn Sie es selbst nicht mehr können, bestimmten Sie mit der Patientenverfügung, welche Handlungen durchgeführt oder unterlassen werden sollen, also was eigentlich Ihr Wille ist .

Hier ist es extrem wichtig, dass die Verfügung klar, deutlich, vor allem aber eindeutig ist und sich nicht im Allgemeinplätzen verliert. Ein Satz wie, „Ich möchte nicht von Geräten abhängig sein, wenn es mir schlecht geht.“ ist unbrauchbar. Was soll das bedeuten? Dass man Ihnen das iPhone wegnehmen soll, wenn Sie das heulende Elend haben?

Auch den Satz,“ Ich möchte nicht an Schläuchen hängen.“ sollten Sie gründlichst überlegen. Ich fand die Infusionen auf der Intensivstation ganz toll. Es kommt immer drauf an, was drin ist. Ich hätte auch nichts dagegen, für ein paar Tage an einer Herz-Lungen-Maschine zu hängen oder an einem Beatmungsgerät. Warum nicht, wenn’s hilft? Sie sollten sich da sehr differenziert äußern.

Wenn Sie meinen, dass Corona nur eine Grippe ist und Beatmung Teufelszeug, na dann schreiben Sie halt da hinein, dass Sie im Falle einer Beatmungsnotwendigkeit nicht beatmet werden möchten. Dann lässt man Sie auch damit in Ruhe und Sie dürfen ersticken oder ertrinken. It‘s your choice.

Wenn Sie BigPharma den Gewinn an Antibiotika nicht gönnen, schreiben Sie rein, Sie möchten keine Antibiotika. Oder schreiben Sie halt rein, dass Sie auf Ihre eigene Abwehr vertrauen und diese maximal mit Homöopatika „behandeln“ lassen möchten.

Wenn Sie allerdings für bestimmte, für Sie hoffnungslose Lebenslagen, Ihre aktive Tötung verlangen, so ist das jedenfalls zur Zeit noch unwirksam. Hilft also nichts. Für so was sollten Sie schon einen schmutzigen, höchst unerlaubten und strafbaren Deal mit einem guten Kumpel vereinbart haben.

Alles andere, was klar, deutlich und nicht wirklich illegal ist, können Sie verfügen. Selbstverständlich dürfen Sie verlangen, dass man Sie schmerzfrei stellt, auch wenn dazu soviel Morphium erforderlich ist, dass Sie vor lauter Schmerzfreiheit den Löffel vorzeitig, aber dafür in einem angenehmen Rauschzustand abgeben könnten. Die Ärzte sind weitestgehend an Ihre Verfügungen gebunden. Sie selbst allerdings nicht. Es mag ja sein, dass Sie auf einmal feststellen, dass es sich doch noch etwas zu leben lohnt, obwohl Sie eine unheilbare Krankheit haben. Dass Sie doch lieber noch etwas länger krank weiterleben möchten, als vorzeitig zu sterben. Dass dieses Covid-19 mehr ist als eine Erkältung, und eine Beatmung ihnen noch ein paar schöne Jahre verschaffen kann. Kein Problem. Sie können die Patientenverfügung jederzeit widerrufen. Dazu müssen Sie nicht einmal mehr sprechen können. Es reichen einfache Gesten wie Kopfschütteln, Nicken oder auch Grunzlaute (bei vielen Männern eh die einzige Form der Kommunikation) – sofern die für den Arzt eindeutig sind. Ansonsten haben Sie einfach Pech gehabt. Ein Grund mehr, vorher genau zu überlegen, was Ihr Wille ist oder im Fall der Fälle denn sein könnte. Weil Ihre beste Freundin sich in einer bestimmten Weise entschieden hat, muss das für Sie nicht ebenfalls das Richtige sein.

Aktualisierung

Es ist auch sinnvoll, eine einmal getroffene Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen darauf hin zu überprüfen, ob Ihr Wille noch derselbe geblieben ist oder ob Sie stattdessen lieber Adenauers Motto „Was stört mich mein Geschwätz von gestern?“ folgen wollen. Vielleicht machen Sie das einmal im Jahr an einem festen Tag. Sie wissen doch selbst, wie schnell sich eine Einstellung ändern kann. Wenn Sie die Verfügung immer noch für richtig halten, schreiben Sie es einfach mit dem Datum auf die Vollmacht. Wenn nicht, dann nehmen Sie entweder Änderungen vor oder schreiben das ganze Ding komplett neu, falls es ansonsten zu unübersichtlich würde.

Damit es hinterher keine Zweifel an Ihrer Einwilligungs- und Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Bevollmächtigung gibt, empfehle ich grundsätzlich, sich eine Bestätigung vom Hausarzt geben zu lassen. Sie können Ihre Patientenverfügung auch mit dem Arzt besprechen und sich über einzelne medizinische Aspekte aufklären lassen.

Wenn Sie das alles gemacht haben, geht es nur noch darum, sicherzustellen, dass die Vorsorgevollmacht und die Pflege-/Patientenverfügung im Ernstfall auch gefunden werden. Es hilft also nicht viel, wenn Sie diese gut bei sich zu Hause verstecken, damit nichts dran kommt. Der Bevollmächtigte sollte schon mal vorab ein Exemplar bekommen.

Registrieren

Sie können und sollten Ihre Vorsorgeverfügungen, also die Vorsorgevollmacht, die Patientenverfügung oder auch eine Betreuungsverfügung beim zentralen Vorsorgeregister, das bei der Bundesnotarkammer geführt wird, registrieren lassen. Das kostet für Privatpersonen zwischen 13€ und 18.50 €. Die Betreuungsgerichte können dort vor Anordnung einer gesetzlichen Betreuung über einen besonders geschützten Bereich im Internet bzw. über das Justiznetz nachfragen, ob es eine Vorsorgeregelung gibt. Diese Anfrage bei der Bundesnotarkammer ist zu jeder Zeit und damit auch in Eilfällen möglich. Da müssen Sie allerdings auch darauf achten, dass Sie dann Änderungen jeweils eintragen lassen.

Vielleicht schreiben Sie zusätzlich einen kleinen Zettel, den Sie an Ihr Krankenversicherungskärtchen kleben. Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, können Sie sich auch einen Hinweis auf Ihre Verfügungen auf den Körper tätowieren lassen – vielleicht wären Sie die oder der Erste.

Es gibt übrigens immer jemanden, der völlig anderer Meinung ist. Wenn der Tod des Menschen alleine von Gottes Willen abhängig wäre, wie manche Menschen glauben, ja dann könnte man doch gleich jede medizinische Behandlung verweigern oder auch mal Spaßes halber vom nächsten Hochhaus springen, um zu sehen, ob Gott an diesem Tag den Tod vorgesehen hat oder doch nicht. Wenn Gott nicht will, dass ich sterbe, würde da ja nichts passieren, oder? Aber okay, wer gerne seine Behandlung ausschließlich Gott überlassen möchte, der soll halt eine Patientenverfügung mit entsprechendem Inhalt verfassen.

Lassen Sie sich nicht von Unsinn verwirren, auch nicht, wenn Sie religiös sein sollten. Überlegen Sie, was Ihr Wille ist. Wenn Sie gar nichts regeln, gilt nicht etwa, „Herr, Dein Wille geschehe“, sondern dann geschieht das, von dem die Ärzte meinen, dass es Ihr Wille wäre. Mir wäre das zu unsicher. Ich möchte dann doch lieber, dass mein eigener Wille geschieht. Und das kann ich steuern.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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