Der Bruder und der wilde Süden – Eine Kolumne für Gregg Allman

Die Nachrufe reißen nicht ab. Ulf Kubanke über Gregg Allman.


„Musik ist mein Lebenselixier. Ich liebe Musik und liebe es, gute Musik zu machen. Und wenn alles gesagt und getan ist, werde ich ins Grab gehen und Duane wird mich grüßen und sagen: „Gute Arbeit, kleiner Bruder!“.“
(Gregg Allman)

Etliche Filmfreunde, die sich Gregory Lenoir Allman a.k.a. Gregg Allman und dessen Musik nicht bewusst sind, haben gleichwohl bereits ein unwissentliches, dabei recht deutliches Bild dieser amerikanischen Rock-Ikone. Das liegt wesentlich an Cameron Crowes „Almost Famous“. Die dort gezeigte Band Stillwater basiert erkennbar auf den Allman Brothers; der von Billy Crudup gespielte Russel Hammond vor allem auf Gregg (wobei die legendäre Szene des Sprungs vom Dach in den Pool Duane Allman zugeschrieben wird). Crowe, der bereits als Teenager für den rolling Stone arbeitete, verarbeitet in dem Streifen seine Erinnerung an den Kumpel. Allman selbst bestätigte den Inhalt stets weitgehend.

Was Sex & Drugs & Rock’n’Roll betrifft, hat Gregg Allmans Leben ohnehin alles zu bieten, was hollywoodreif ist. Die turbulente Ehe mit Cher allein wäre Stoff genug für eine Serie. Heftige Drogensucht, tragische Todesfälle und schlimme, auszehrende Krankheiten sind ein weiterer Teil seines schillernden Lebens. Die Zeugenaussage im Drogenprozess gegen Security-Mann Scooter Herring kostete ihn zeitweilig jegliche Reputation und markierte 1975 das vorläufige Aus der Band, die sich vorerst mit Grausen vom „Nestbeschmutzer und Verräter“ abwandte. Man fand späterhin jedoch wieder zusammen.

Viele Rockfans schwören musikalisch auf ihre ersten Alben, die maßgeblich von Bruder Duane – einem der anerkannt besten wie einflussreichsten Gitarristen aller Zeiten – geprägt waren. An dieser Ansicht ist viel dran. Etliche Geniemomente gehen auf diese frühphase zurück, in der Gregg und Duane einander zu Höchstleistungen anspornten und eine neue Entwicklungsstufe des Rock mit einläuteten. Wer sich ein aussagekräftiges Bild dieser Kraft machen möchte, greife getrost zu „At Fillmore East“ (1971), einem der besten Live-Rockalben überhaupt und mit Edelgast Steve Miller am Piano.

Doch Duane Allman verstarb überraschend und tragisch bereits im Oktober 1971 bei einem Motorradunfall. Den absoluten kommerziellen Durchbruch Greggs ab 1973 (mit dem Album „Brothers & Sisters“ samt den darauf befindlichen Hits „Ramblin‘ Man“ und „Jessica“) erlebte er nicht mehr.

Mein persönlicher Favorit ist der „Midnight Rider“ von ihrem womöglich allerbesten Studio Album „Idlewild South“ (1971). Der Song wurde zigfach in verschiedensten Genres gecovert; u.A. von Willie Nelson, Joe Cocker oder Jazzer Maynard Parker. Edelfan Rob Zombie zeigte sich ebenfalls höchst beeinflusst von dem Song und ehrt ihn 2005 als zentralen Soundtrackmoment für seinen Film „The Devil’s Rejects“.

Ulf Kubanke

Ehemaliger Anwalt; nun Publizist, Gesprächspartner und Biograph; u.a. für Deutschlands größtes Online-Musikmagazin laut.de.

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