Blau, blau, blau …

… blüht der Facebook-Wahn. Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von KnipsKaline auf Pixabay

Würde man Facebook daraufhin untersuchen, ob schwachsinnige oder wertvolle Beiträge in der Überzahl vorhanden sind, würde wohl der Schwachsinn einen Sieg erringen.

Neben eigenen Beiträgen, wie dem Posten seines Essens, seinem auf eine Hand gestützten Kinns – damit strafft man die Haut und spart den Schönheitschirurgen -, vielen Hunden und noch mehr Katzen, erfreuen sich gerade einmal wieder laienhafte Rechtstipps wachsender Beliebtheit. Diese kommen in Form von Kettenbriefen daher, die mit hochwichtiger Attitüde dazu auffordern, auch andere über die üblen Machenschaften von Meta aufzuklären, und wie man wirksam dagegen vorgehen kann.

So las ich vor ein paar Tagen folgenden Post eines FB-Freundes:

Mit dieser Aussage weise ich Facebook darauf hin, dass es streng untersagt ist, auf der Grundlage dieses Profils und/oder dessen Inhalts gegen mich zu veröffentlichen, zu kopieren, zu verteilen oder andere Maßnahmen zu ergreifen. Verletzung der Privatsphäre kann per Gesetz bestraft werden.

HINWEIS: Facebook ist jetzt eine öffentliche Einrichtung. Alle Mitglieder müssen so eine Notiz veröffentlichen.

Wer möchte, kann diese Version kopieren und einfügen. Wenn du eine Aussage nicht mindestens einmal postest, wird es stillschweigend erlaubt, deine Fotos sowie die Informationen in Profil- und Statusmeldungen zu verwenden.

Ach, washätte wohl Loriot kommentiert.

Finger im Po

Aber es gibt noch geilere Threads, z.B. die Langversion des vorherigen, wo es zunächst noch bedeutungsschwer heißt:

Hallo 🔵 Es ist offiziell. Unterzeichnet um 5:30 Uhr. Das kam sogar im Fernsehen.
Meiner ist wirklich blau geworden.

Nicht vergessen, morgen beginnt die neue Facebook-Regel (alias … neuer Name, META), wo sie deine Fotos verwenden können. Vergesst nicht, die Deadline ist heute!!! Ich gestatte Facebook oder irgendein mit Facebook verbundenes Unternehmen nicht, meine Vergangenheit und zukünftigen Fotos, Informationen, Nachrichten oder Beiträge zu verwenden.

Mit dieser Aussage weise ich Facebook darauf hin, dass es streng untersagt ist, auf der Grundlage dieses Profils und/oder dessen Inhalts gegen mich zu veröffentlichen, zu kopieren, zu verteilen oder andere Maßnahmen zu ergreifen. Verletzung der Privatsphäre kann per Gesetz bestraft werden.

HINWEIS: Facebook ist jetzt eine öffentliche Einrichtung. Alle Mitglieder müssen so eine Notiz veröffentlichen.

Wer möchte, kann diese Version kopieren und einfügen. Wenn du nicht mindestens einmal ein Statement postest, wird das stillschweigend die Verwendung deiner Fotos sowie der Informationen in Profil- und Statusmeldungen erlaubt. NICHT TEILEN. Kopieren und einfügen.

So geht’s vor: Halte deinen Finger irgendwo in dieser Nachricht gedrückt und „kopieren“ erscheint. Klicke auf „kopieren“. Gehe dann auf deine Seite, erstelle eine neue Nachricht und leg deinen Finger überall im leeren Feld. „Einfügen“ erscheint und klickt auf Einfügen. Das wird das System umgehen … Wer nichts tut, stimmt zu!

Also, mir wäre ja irgendwie peinlich, wenn offiziell im Fernsehen käme, dass meiner blau geworden wäre, aber offenbar scheint dieser bedauernswerte Umstand auch dazu zu führen, dass das Gehirn nicht mehr richtig funktioniert. Womöglich eine Sauerstoffunterversorgung infolge einer Überdosis blauer Pillen. Mein Rat: sollte bei Ihnen etwas blau geworden sein, gehen Sie unbedingt zum Arzt, wahlweise zum Urologen oder zum Psychiater, vielleicht reicht auch ein Augenarzt.

Gut, bei absoluten Volltrotteln, kann ich ja verstehen, dass die sich berufen fühlen, so eine gequirlte Kacke zum Zwecke der vermeintlichen Aufklärung zu teilen, aber der Kettenbrief erfasste auch Personen, die ich nicht zwingend  für grenzdebil gehalten habe. Wieso, weiß ich nicht. Offenbar haben die eine Blaumeise.

Falls jemand den Facebook-AGB widersprechen möchte, kann ich ihm anwaltlich versichern, dass ein solcher Post dieselbe Wirksamkeit hat, wie sich eine Frikadelle auf die Stirn zu nageln oder ein Foto zu posten, auf dem man mit einem Finger im Auge und dem anderen im Po vor dem Brandenburger Tor steht. Das Prinzip „Finger im Po – Exit pro“. Und nein, falls Sie das versuchen wollen: beides wirkt NICHT. Wer Facebook für gefährlich hält, sollte seinen Account einfach löschen, statt andere Menschen im Stundentakt mit kopierten Kettenbriefen zu belästigen.

Infokrieger

Wer den AGB zugestimmt hat, der hat ihnen halt zugestimmt. Niemand ist gezwungen, bei Facebook zu sein oder zu bleiben.

Diese Kolumne hat in erster Linie den Sinn, dass ich unter künftigen Kettenbriefen nur noch den Link posten muss, bevor ich die betreffenden Infokrieger entfreunde.

Als fleißiger Leser der Kolumnisten werden Sie schon nicht dabei sein.

P.S.: Dem Autor dieses Kettenbriefs sei gedankt. Sein Werk erleichtert es immens, seine Freundschaftslisten zu sortieren.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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