Friedrich Merz und die nationale Notlage

CDU-Chef Friedrich Merz fordert die Ausrufung einer nationalen Notlage. Ein gefährliches Spiel. Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.


Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Was ist eine nationale Notlage?

Eine „nationale Notlage“ ist ein Zustand, in dem eine erhebliche Bedrohung für das Gemeinwesen eines Staates besteht, die dringende und außergewöhnliche Maßnahmen erfordert. Im Gegensatz zum „nationalen Notstand“ ist der Begriff „nationale Notlage“ weniger präzise definiert und kann verschiedene Arten von Krisensituationen umfassen, die nicht zwingend militärischer Natur sein müssen. Diese Notlagen können durch wirtschaftliche Krisen, Pandemien, großflächige Naturkatastrophen oder andere schwerwiegende Störungen der öffentlichen Ordnung oder des Staatswesens ausgelöst werden.

Merkmale einer nationalen Notlage

Außergewöhnliche Bedrohung: Eine nationale Notlage tritt auf, wenn das normale Funktionieren des Staates oder der Gesellschaft aufgrund einer Krise erheblich beeinträchtigt ist. Dies kann wirtschaftliche Zusammenbrüche, massive Versorgungsengpässe, große Gesundheitskrisen oder schwerwiegende politische Unruhen umfassen.

Erforderlichkeit staatlicher Intervention: In einer nationalen Notlage sind die regulären Mechanismen und Ressourcen des Staates möglicherweise nicht ausreichend, um die Krise zu bewältigen. Daher könnte es notwendig sein, besondere Maßnahmen zu ergreifen, die über das übliche Maß hinausgehen.

Gesetzliche und verfassungsrechtliche Grundlagen

Anders als der „nationale Notstand“ ist der Begriff der „nationalen Notlage“ nicht direkt im Grundgesetz verankert, könnte aber im weiteren Sinne unter Artikel 91 GG (innerer Notstand) oder in speziellen Gesetzen, wie z.B. dem Infektionsschutzgesetz, betrachtet werden.

Beispielhafte Situationen einer nationalen Notlage

Wirtschaftskrise: Eine schwere Rezession oder Depression, die zu einer Massenarbeitslosigkeit und einer weitreichenden wirtschaftlichen Instabilität führt, könnte als nationale Notlage eingestuft werden. Ein Beispiel wäre die Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren.

Pandemien: Eine großflächige Ausbreitung einer Krankheit, die zu einer massiven Überlastung des Gesundheitssystems führt und das öffentliche Leben lahmlegt, wie es bei der COVID-19-Pandemie der Fall war, kann ebenfalls als nationale Notlage betrachtet werden.

Naturkatastrophen: Großflächige Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Wetterereignisse, die das Leben und die Infrastruktur eines Landes schwer beeinträchtigen, könnten ebenfalls eine nationale Notlage darstellen.

Konsequenzen einer nationalen Notlage

Sonderrechte und -maßnahmen: In einer nationalen Notlage kann die Regierung ermächtigt werden, Sonderrechte auszuüben, um die Krise zu bewältigen. Dies könnte beispielsweise die Einschränkung von Grundrechten, die Mobilisierung von Ressourcen oder die Einführung von Notverordnungen umfassen.

Koordinierung auf verschiedenen Ebenen: Eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist erforderlich, um die Krise effektiv zu managen. Dies könnte auch eine verstärkte Rolle von Sicherheitskräften oder der Bundeswehr zur Unterstützung ziviler Maßnahmen beinhalten.

Gesetzliche Anpassungen: Während einer nationalen Notlage könnten temporäre Änderungen oder Aussetzungen bestimmter Gesetze erforderlich sein, um eine schnelle Reaktion zu ermöglichen. Beispiele hierfür wären Notstandsgesetze, die in Kraft treten, um die notwendigen Maßnahmen zu legalisieren.

Fazit

Eine nationale Notlage bezeichnet eine schwerwiegende, außergewöhnliche Krisensituation, die das Funktionieren des Staates oder der Gesellschaft bedroht. Es ist mit Sicherheit keine nationale notlage, wenn ein IS-Terrorist drei Menschen ermordet und mehrere andere schwer verletzt. Das ist schrecklich, gefährdet aber nicht das normale Funktionieren des Staates oder der Gesellschaft.

Wer aber wider besseres Wissen von einen nationalen Notlage spricht, spielt das Spiel derjenigen, die den Staat destabilisieren wollen. Mag sein, dass das gerade bei einem Teil der Bevölkerung gut ankommt, seriös ist so eine Forderung aber nicht.

Heinrich Schmitz

Heinrich Schmitz ist Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger. In seiner Kolumne "Recht klar" erklärt er rechtlich interessante Sachverhalte allgemeinverständlich und unterhaltsam. Außerdem kommentiert er Bücher, TV-Sendungen und alles was ihn interessiert- und das ist so einiges. Nach einer mit seinen Freital/Heidenau-Kolumnen zusammenhängenden Swatting-Attacke gegen ihn und seine Familie hat er im August 2015 eine Kapitulationserklärung abgegeben, die auf bundesweites Medienecho stieß. Seit dem schreibt er keine explizit politische Kolumnen gegen Rechtsextreme mehr. Sein Hauptthema ist das Grundgesetz, die Menschenrechte und deren Gefährdung aus verschiedenen Richtungen.

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