Seismographie – Eine Leseempfehlung
Das neue vierbändige Werk von Bruno Schulz ist ein seltenes Lesevergnügen. Eine Leseempfehlung von Heinrich Schmitz.
Der Titel könnte in die Irre führen. Seismographie ist die Wissenschaft und Technik, die sich mit der Messung und Analyse von Erdbebenwellen beschäftigt. Sie wird durch den Einsatz von Seismographen ermöglicht, die empfindliche Instrumente sind, welche Bodenbewegungen aufzeichnen. Diese Aufzeichnungen, sogenannte Seismogramme, geben Informationen über die Stärke, Dauer und den Ort eines Erdbebens. Die Daten helfen nicht nur, die Dynamik der Erde zu verstehen, sondern auch, Erdbebenrisiken zu bewerten und Frühwarnsysteme zu entwickeln. Wer darüber mehr wissen will, muss sich ein anderes Buch kaufen.
Bei Bruno Schulz geht es mehr darum, Themen und Meinungen wahrzunehmen, sie einzuordnen und zu kommentieren. Oder wie er es ausdrückt, er beantwortet Fragen, die ihm nie gestellt wurden, von Leuten, die er nie kennenlernen wird. Ich werde daher den Teufel tun, ihm Fragen zu stellen. Dafür würde ich ihn viel zu gerne irgendwann mal kennenlernen.
Falls Sie Bruno Schulz noch nicht kennen:
Bruno Schulz ist achtundfünfzig Jahre alt und Vater eines Sohnes. Er hat Innenarchitektur studiert und einiges Geisteswissenschaftliche. Nach einigen Stationen in Deutschland, Europa, in Asien und in Afrika arbeitet er als Designer, Texter und Moderator. Mit seiner Agentur schulzundtebbe (www.schulzundtebbe.de) entwickelt, gestaltet und pflegt er Marken. Mit Schwerpunkt in den Disziplinen “Fressen, Saufen und Genuss”. Er liebt und lebt das Storytelling und schreibt immer und leidenschaftlich. Essays, Short Stories, Reiseberichte, dies und das. Oft geht es dabei um die Liebe, das Leben, Kulinarik und Kultur.“
Das vierbändige Werk mit insgesamt über 1000 Seiten ist ein steter Quell der Sprachfreude. Themen über Themen. Wie ein sprachliches Wimmelbild, bei dem man an allen Ecken und Enden Neues entdeckt. Und das Ganze in einer Schreibe voller intellektueller Beweglichkeit, Witz und Präzision. Wenn es ein Wort nicht gibt, dann erfindet Schulz es – und es sitzt.
Ich habe das Buch seit seinem Erscheinen im April. Und trotzdem schreibe ich erst jetzt die Lesempfehlung. Denn dieses süffige Buch muss man in kleinen Schlucken genießen und nicht auf einen Schluck runterschlingen. Die einzelnen Texte sind kurz, aber voller Inhalt. Es ist die wohlschmeckende Essenz einiger Jahre Social-Media-Daseins.
Ich habe mal geschrieben, dass ich Kolumnen schreibe, weil ich das, was ich schreibe, anderswo nicht finde, also das schreibe, was ich selbst gerne lesen möchte. Ob das dann anderen Menschen gefällt, ist zweitrangig. Schön, wenn es so ist, aber auch nicht tragisch, wenn es nicht so ist.
Mit Bruno Schulz habe ich nun endlich einen Autor gefunden, dessen Texte so ziemlich genau dem entsprechen, was ich von anderen Autoren gerne lesen möchte. Ich bin überzeugt, dass Ihnen das nicht anders gehen wird, wenn Ihnen meine Kolumnen gefallen.
Also ran an den Schulz.
https://www.brunoschulz.de/
ISBN 978-94-037-4000-3