Der Sexist und die Teheraner Frauenfreunde – Kolumne zur Kündigung des Atomdeals

Mal wieder eine politische Kolumne von Ulf Kubanke, Nahost-Kenner und ehemals Mitglied der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung. Hier seine Sicht auf die Kündigung des Atomdeals mit dem Iran.


Der Trick bei der Beurteilung der Frage besteht darin, sie ohne Abneigung gegen Trump oder Bibi allein sachlich zu beurteilen.

Zwei Argumente werden meist pro Iran-Deal herangezogen, die erst einmal gut klingen. Zum einen sei deren Streben nach der A-Bombe vorerst „eingehegt“; zum anderen begegne man der Gefahr eines atomaren Wettrüstens in Nahost. Beide Thesen halten näherer Begutachtung nicht stand.

„Eingehegt“ ist dort mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts, jedenfalls nicht die Gefahr eines atomar im Verborgenen forschenden Iran. Der Iran bzw. sein faschistisches Regime sieht sich zwei großen Missionen verpflichtet. Erstens der schiitischen/iranischen Vorherrschaft in der Region. Zweitens der Vernichtung Israels.

Wir erleben nach dem Atomabkommen einen zutiefst unzuverlässigen Nichtpartner, der die gesamte Region destabilisiert mit seinem Eingreifen in Libanon, Irak, Syrien und Jemen. Das klappt nur, weil das Regime durch seine in Teilen wiedererlangte finanzielle Handlungsfähigkeit sowohl verdeckt als auch offen militärisch und politisch operieren kann.

Wenn wir jetzt noch das Element der Taqiya in Betracht ziehen – eine Art schiitisches Äquivalent zu „Tarnen, Täuschen, Tricksen gegen Ungläubige“ – stellt sich mit Recht die Frage: Wie kann sich die Weltgemeinschaft ohne Not einer solchen Gefahr aussetzen, nachdem der Iran durch die schweren Sanktionen vor Jahren weit weniger handlungsfähig und damit deutlich ungefährlicher war?

Wie plausibel ist es, einem Regime hier Tür und Tor zu öffnen im Streben nach dem Atom, das allen Ernstes „Gott“ als obersten Souverän in der Verfassung zu stehen hat, vertreten durch den revolutionären Mullah-Rat & nicht durch etwa das Volk?

Atomenergie „verdienen“?

Weil dort in Nahost tatsächlich eine Gesellschaft existiert, die mit Tel Aviver Thinktanks, Cultural Life, Sexual Free Life und Gewaltenteilung operiert, statt mit juristisch festgeschriebener Entrechtung der Frauen, Steinigung, Folter, Verstümmelung und klerikalfaschistischem Totalitarismus, steht ebenso die moralische Frage im Raum, ob es ethisch überhaupt vertretbar sein kann, ausgerechnet das letztgenannte Grauen mit ziviler Atomenergie zu belohnen. Das könnte man ja auch als Schlag ins Gesicht der Opfer des Regimes betrachten, nicht wahr?

Vielleicht hat man(n) Atomenergie ja erst dann verdient, wenn man(n) nicht bräsig zuschaut, sobald Vergewaltigungsopfer als „unislamische Kreatur“ wegen „Sex außerhalb der Ehe“ in Folterkellern verschwinden, weil die Aussage des männlichen Täters vor Gericht doppelt wiegt? Erst dann, wenn man eben nicht arschig zur Religionspolizei geht oder dort Richter/Staatsanwalt bzw. sonstwelche Systemstütze wird, sondern als solidarisches Volk diese Stalking Imams zu jenem Teufel jagt, den sie in Israel oder den USA erblicken?

Fazit

Insofern gibt es gar nichts zu verlieren. Ein nukleares Wettrüsten kann sich ein sanktionierter Iran nicht leisten. Die Nachbarn auch nicht. Israels militärische Möglichkeiten sind ohnehin High End und müssen es auch bleiben, wenn man die zahlenmäßige Überlegenheit der anliegenden Antisemitensysteme betrachtet.

Und in Zeiten, in denen sogar das ebenfalls unappetitliche Haus Saud (wenn auch nicht aus moralischen Gründen) seine anti-israelische Haltung relativiert und mit den Haschemiten plus Ägypten eine rationale Achse der Realo-Außenpolitik winkt, kann ich den Irandeal erst recht nur als großen historischen Fehler und Irrweg bezeichnen, weil er völlig unnötig ist. Und gerade keinerlei wünschenswerte Stabilität bringt außer Privilegien für den Aggressor.

Und Deutschland?

Das Interessante ist, dass große Teile – nicht nur die BDS-Gestalten etc – das Gefühl haben, hier bzw. allgemein auf der Seite der Underdogs, der Opfer, des Fairplay zu sein. Genau diese drei Begriffe hört man gehäuft in Diskussionen. Dieser fehlgeleitete Impuls führt zur nahezu dauernden Entschuldigung aller möglicher Gräuel, die dann als „kulturelle Eigenart“ angesehen werden. Opponiert man gegen diese Haltung, ist man dann der Rassist, der wohl imperialistisch denke. Nein! Denn in Wahrheit sind es jene, die der eigentlich einzig freien, friedlichen und der gesamten zivilisierten Welt in Wissenschaft und Partnerschaft helfenden Gesellschaft zugunsten ismlamofaschistischen Grauens in den Hintern treten. Und das nach dem Holocaust. Echt jetzt? Fukk off!

Insofern habe ich hierzulande immer das Gefühl, dass der innere Moralkompass bei vielen komplett fehljustiert ist. Man will das Ethische unterstützen und schafft es nie, weil man falsche Prämissen hat. Das gilt natürlich nicht für alle. Man kann kein Volk stereotyp zur homogene Masse degradieren. Aber all zu weit verbreitet ist das Symptom leider.

PPS: Welch Ironie unserer Tage, dass ausgerechnet ein destruktiver Sexist als einziger  den Teheraner Frauenfreunden in den Arm fällt.

Ulf Kubanke

Ehemaliger Anwalt; nun Publizist, Gesprächspartner und Biograph; u.a. für Deutschlands größtes Online-Musikmagazin laut.de.

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