Ampelmüdigkeit – Die Koalition hängt durch
Nur noch 35 % der Deutschen wertschätzen die Politik der Ampel. Aber was wäre eigentlich die Alternative? Eine Kolumne von Heinrich Schmitz.
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Die Beliebtheit der Bundesregierung liegt ungefähr auf dem Niveau derjenigen der DFB-Auswahl. Irgendwie will nichts so richtig gelingen. Die Zahl der Krisen ist nahezu unüberschaubar, und auch wenn keine davon von der Regierung verursacht wurde, hat man nicht das Gefühl, dass die Ampel das – auch mangels Unterstützung aus der Bevölkerung – noch irgendwie hinbekommt: Ukrainekrieg, Corona-Pandemie, Krieg in Israel, Flüchtlingskrise und eine veritable Krise bei der Erstellung des Bundeshaushalts drücken neben schlechtem Wetter und hohen Heizkosten allgemein auf die Stimmung. Und so hört man allenthalben: Die Ampel muss weg.
Muss weg
So kennt man das in Deutschland: Irgendwas muss immer weg. Merkel muss weg, hatten wir jahrelang. Als diese Regierung gebildet wurde, gab es keine dieser hochproblematischen Lagen, und ich kann mir vorstellen, dass die Regierungsmitglieder sich gar nicht ausmalen konnten, was für eine Scheiße da auf sie zukommt. Nun ist der Bürger mal wieder unzufrieden.
Der gemeine Bürger wünscht sich Ruhe und Zufriedenheit. Er möchte billig heizen, billig tanken, weniger Steuern zahlen, höheres Einkommen haben und nichts von Krieg hören. Und jetzt, wo all der gewohnte Standard in Gefahr scheint, möchte er einfach, dass jemand kommt, der alle Probleme hexhex löst.
Das kann diese Regierung nicht, meint er. Und vielleicht hat er damit ja auch recht. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass eine andere Regierung das wesentlich besser können würde.
Wer kann es besser?
Wer sollte das den sein? Die CDU, nun auch noch von Friedrich Merz geführt, hatte jahrelang Zeit, die Weichen anders zu stellen. Und was hat sie gemach? Statt frühzeitig die notwendigen Weichen im Energie- und Umweltsektor zu stellen, hat sie auf billiges russisches Gas gesetzt und das Land damit in eine gefährliche Lage gebracht.
Die AfD hat keine Problemlösungen zu bieten, sondern nur hohle Phrasen und populistische Rattenfängersprüche. Leider fallen darauf zunehmend Menschen herein. Es ist erschreckend, wie die Umfragewerte für diese Partei steigen.
Von der Linken ist ebenso wenig zu erwarten, da sie auch Dank der Wagenknechtpartei wohl pulverisiert werden wird.
Am Ende würden also Neuwahlen, wie manche sie fordern, lediglich zu einer weiteren Koalition führen, die mutmaßlich von der CDU geleitet und mit SPD, Grünen oder FDP aufgefüllt würde. Dass nun die CDU ein vernünftiges Konzept gegen die diversen Krisen zu bieten hätte, kann ich nicht feststellen.
Stehlampe
Ein ganz großes Problem ist die Außendarstellung der Ampel, angefangen beim Bundeskanzler. Ich habe heute zu meiner Frau gesagt, Scholz ist so unauffällig, dass wir vermutlich nicht bemerken würden, wenn er bei uns im Wohnzimmer neben der Stehlampe stehen würde. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, was der Mann, der nach dem Grundgesetz die Richtlinien der Politik bestimmt, überhaupt für Richtlinien hat. Mag sein, dass die ganz toll sind, aber als Bürger wüsste ich vom Kapitän schon gerne, welche Richtung das Schiff nimmt, ob sich genügend Treibstoff und Verpflegung an Bord befinden und welches Wetter erwartet wird. Es reicht einfach nicht, ab und an mal eine gute Rede zu halten, der Kanzler muss präsent sein und sich erklären.
Die ständigen Unstimmigkeiten innerhalb der Ampel, und selbst innerhalb der einzelnen Ampelparteien, schaffen eine Politikverdrossenheit, die unmittelbare Folgen für die Demokratie haben kann. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen leise Töne und eine ruhige Hand in der Regierung. Aber irgendwelche Töne müsste ich schon hören. Wenn die Kommunikation der Regierung so weitergeht wie in den vergangenen Monaten, dann werden die Schreihälse, die sich insgeheim oder ganz offen einen Führer wünschen, immer mehr Zulauf bekommen. Und irgendwann kann es sein, dass eine rechtsextreme Partei tatsächlich die Mehrheit bekommt, weil die Wähler der demokratischen Parteien sich enttäuscht zurückziehen und die extremen immer mehr Wähler erreichen.
Appell
Daher appelliere ich an die Ampel: Redet mit uns, sagt, was ihr wollt, wie ihr es wollt und warum. Die nächsten Bundestagswahlen sind noch eine Zeit entfernt. Und noch kann man eine Wende schaffen. Wenn es aber so weiter geht, läuft das Schiff auf Grund.