Klimawandel: Perspektiven jenseits von Kollaps und Rettung?
In „Was kommt nach dem Klimwandel“ spekuliert Jörg Friedrich über die nahe und fernere Zukunft. Sören Heim hat sich das Buch angeschaut:
Was kommt nach dem Klimwandel meines Kolumnisten-Kollegen Jörg Phil Friedrich ist ein kurzes, klares Buch bzw. ein längerer Essay, der sich diesem penetranten Optimismuszwang auf beiden Seiten der Klimadebatte unaufgeregt in den Weg stellt.
Optimismuszwang? Ja. Zwar sind wiederum sowohl die Klimaaktivisten als auch die Technik-Träumer (und wohl auch die Leugner) in Wahrheit wohl recht panisch (zurecht), doch spricht kaum einer von dem notwendigen Thema dieses Buches: Dass sich die katastrophalen Folgen des Klimawandels im besten Fall vielleicht moderieren und eindämmen lassen, keinesfalls aber aufhalten. Und selbst, wo das einmal eingestanden wird, wird die Welt während und nach dem Klimawandel in etwa wie die heutige gedacht, Schreckensszenarien vor allem genutzt, um dafür zu werben, dass doch noch alles beim Alten bleibt. Wäre mir auch lieber, ist aber unwahrscheinlich. Tatsächlich sehe ich hier einen ganz ähnlichen Mechanismus am Werk, wie im Falle der (re)faschisierung zahlreicher Gesellschaften. Man hat so lange im Stil in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelebt, dass man sich selbst Europa nach rechten Machtergreifungen einzig nach dem Modell der liberalen Demokratie vorstellt, nur etwas ungemütlicher für manche Minderheiten, zu denen man hoffentlich selbst nicht gehört. Selbst die Wähler dieser Parteien können sich ihren Alltag anders nicht vorstellen.
Friedrichs Essay verrät mir wenig wirklich Neues, und er ist zu quellenarm, um Menschen zu überzeugen, die noch immer am Klimawandel zweifeln. Andererseits: Egal wie viele Quellen man auffährt, sie glauben es ja doch nicht bzw. verdrängen weiter. Dieses Buch hat nicht das Missionieren der Leugner und Skeptiker zum Ziel. Dass ich mir die meisten Gedanken im Buch ähnlich auch schon einmal gemacht habe, spricht denn auch nicht gegen die Qualität. Es scheinen mir nahezu n o t w e n d i g e Gedanken, auf die stößt, wer sich ernsthaft mit den technologischen und vor allem sozialen Auswirkungen des Klimawandels beschäftigt. Friedrich spricht nicht in erster Linie über Hitze und steigende Meeresspiegel, sondern über Entsolidarisierung, Kriegsgefahr, technologische Neuordnung (Mit dem „Ende der Zivilisation“ ist dann auch in erster Linie die Aufgabe des universalistischen Ideals gemeint, der Zerfall der Menschheit in antagonistische oder gegeneinander gleichgültige Gruppen, nicht das Aussterben der biologischen Gattung Mensch). Mal ist er vielleicht zu pessimistisch, mal zu optimistisch (ich glaube etwa nicht, dass die Klimakatastrophe die Kinderzahl verringern wird, meist ist es doch die Not, in der viele Kinder in die Welt gesetzt werden), aber prinzipiell stellt das Buch einen guten Torso auf, nach dem man sich über flankierende Maßnahmen Gedanken machen kann, die über den Verhinderungs-Klimaschutz hinausgehen (der ja sowieso bisher vor allem behauptet, aber nicht umgesetzt wird).
Das ist ganz wichtig: Hier wird an keiner Stelle auch nur eine der bereits ergriffenen oder zu ergreifenden Maßnahmen, die von Fachleuten vorgeschlagen werden, attackiert. Alles, was man zu tun glaubt, um den Klimawandel ganz zu verhindern, ist auch sinnvoll, um ihn herauszuzögern und das Leben in der langen Phase des unsteten Klimas und der Zeit danach etwas angenehmer zu gestalten.
Da ich weiß, dass manche Menschen ohne Optimismus nicht können, möchte ich dennoch ein paar optimistische abweichende Prognosen zu Friedrich anbieten:
1) Noch ehe die Klimakatastrophe richtig zuschlägt, werden verschiedene autoritäre Herrscher bis hin zu Nazis in vielen Staaten der Welt an die Macht gekommen sein. Die Klimakatastrophen wird dann eine Abwechslung sein, die man herbeisehnt. Endlich haben die A********** auch mal Probleme.
2) Die Chancen stehen doch ganz gut, dass die derzeitigen Großmächte irgendwann einen kleinen Atomkrieg vom Zaun brechen. Der nukleare Winter schafft dann ein angenehmes Klima für die überlebenden Mutantenfamilien, um die Zivilisation neu aufzubauen
3) Hmm, ich dachte ich hätte drei, aber anscheinend habe ich nur zwei. So viel Raum für Optimismus ist halt nicht.
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