Der Firlefranz
Schau mer mal, da seh mer scho…Franz Beckenbauer hat als genialer Luftikus die Fußballwelt erobert. Wer das Schlitzohr losschickt, eine Fußballweltmeisterschaft zu organisieren, darf sich nicht wundern, wenn es vielleicht nicht immer ganz so korrekt zugegangen sein mag. Die Funktionäre des DFB können ihre Hände nicht in Unschuld waschen.
Mein Name ist Franz, ich weiß von nichts. Wer von Beckenbauer mehr zur Aufklärung der angeblich schmuddeligen Vergabe der WM 2006 erwartet hat, dürfte wohl auch ernsthaft Wunschzettel ans Christkind verfassen.
War der Kaiser, der Ersatznationalheld, die Lichtgestalt doch immer die fleichgewordene Nonchalance; eben einer, für den seine bayerischen Landsleute den Satz ,a Hund isser scho’ geradezu erfunden haben müssen. Und seien wir ehrlich: Geschadet hat es ihm bislang nie, im Gegenteil. Über die Jahre hinweg wurde die Schlitzohrigkeit zu seinem Markenzeichen. Mit dem Satz ,Ja ist denn heut’ scho’ Weihnachten’ konnte die Sportikone aus Giesing ihre grenzenlose Unverbindlichkeit sogar größtmöglich werbewirksam vermarkten.
An Teflon-Franz perlt alles ab
Der Teflon-Franz, der Mann, an dem alles abperlt, als Zeuge der Anklage? Sorry, nicht in des Kaisers Welt, in der Seitensprünge mit dem Satz ,der Herrgott freut sich über jedes Kind’ down geratet werden – und ,geht’s raus und spielt’s Fussball’ als Weisheit eines Sportgurus gefeiert wird.
Ein Mann, der sich in seiner Eigenschaft als Fernsehkommentator in einer Dreiviertelstunde fünf Mal widerspricht und dies Adenauer’sch als stetigen Zugewinn an Erkenntnis verkauft, darf man wohl nicht als Lordsiegelbewahrer von Wahrheit und Klarheit begreifen. Einmal Firlefranz, immer Firlefranz.
Andererseits verhält es sich mit Beckenbauer wie mit dem Motto US-amerikanischer Autoverkäufer: What you get is what you see! Niemals hat sich der Franz als moralischer Zelot geriert, nie hat er zu einem Aufstand der Anständigen aufgerufen. Der Ruf des genialen Luftikus lief ihm immer voraus. Dennoch hat man das Schlitzohr Beckenbauer zum Chef des Organisationskommittees für die Weltmeisterschaft 2006 gemacht – und ihm mit Fedor Radman einen Adlatus an die Hand gegeben, für den Schlitzohr vielleicht sogar ein konservativer Ausdruck ist.
Der Zweck heiligt die Mittel
Beckenbauers Aussage, dass er als OK-Chef alle Papiere blanko unterschrieben habe, mag juristisch untermauerte Dichtung oder schlichte Wahrheit sein. Zuzutrauen wäre ihm beides. Seinerzeit wurde dem ,Kaiser’ aber vielleicht als einzigem zugetraut, in die Schlangengrube FIFA einzutauchen und erfolgreich die Ausrichtung der Weltmeisterschaft hervorzuholen. Mit Südafrika und Marokko gab es wenigstens zwei Mitbewerber, von denen zumindest nicht vorbehaltlos altenglisches Fair-Play erwartet werden durfte. Wer immer auf die Idee kam, Beckenbauer ins Rennen zu schicken, wird wohl das Prinzip Machiavellis, dass der Zweck die Mittel heiligt, eingepreist haben.
So werden am Ende des Weges die Kratzer im Lack der deutschen Sportikone geringer sein, als in dem der DFB-Funktionäre. In der Betriebswirtschaft gibt es die Principal-Agent-Theorie, die von der Beziehung von Auftraggeber- und nehmer handelt. Der Prinzipal DFB hat in diesem Sinne seinen Agent Beckenbauer entweder nicht ausreichend kontrolliert oder – in Kenntnis aller potenziellen Risiken – bewusst an der langen Leine laufen lassen. Über die Weltmeisterschaft, dieses gesellschaftspolitisch zum Sommermärchen hochgejazzte Ereignis – haben sie sich beim Deutschen Fußballbund schließlich auch alle gefreut. Der Erfolg hatte – so schien es – viele Väter. Auch den Theo Zwanziger – im Jahr 2006 übrigens Boss des Verbandes. Erst nach einer gewissen – wegen Verjährungsfristen gewählten? – Karenzzeit gab er den Aufklärer.
Endet Zwanziger als tragische Figur?
Mit seiner Nonchalance wird Beckenbauer die ganze Chose wohl gewohnt entspannt sehen. Ämter, die er verlieren kann, hat er keine mehr; juristisch wären Vergehen der Korruption inzwischen verjährt. Zudem dürfte sein Nimbus, den sich der Münchner mit seiner Fussballkunst, den vielen Titeln und als Höhepunkt dem Gewinn zweier Weltmeisterschaften – eine als Spieler, eine als Teamchef – erspielt hat, nicht dauerhaft leiden. Auf lange Sicht werden diese Leistungen sowie das Sommermärchen 2006 im kollektiven Gedächtnis wohl schwerer wiegen, als mögliche Schmutzeleien bei der WM-Vergabe, für die ,Kaiser Fanz’ wohl nicht alleine verantwortlich gemacht werden kann.
Zwanziger indes könnte als tragische Figur enden. Schließlich lässt nicht nur die zeitliche Verzögerung seiner Aufklärungsbemühungen an dessen Unschuld – und vor allem an der Lauterkeit seiner Motive zweifeln. Oft werden hierzu Neid und Missgunst kolportiert. Und spätestens seit der unglücklichen Beziehung von Cäsar und Brutus wissen wir, dass das Volk zwar den Verrat, aber nicht unbedingt den Verräter mag.
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