Rhye – „Blood“
In dieser Folge stellt Ulf Kubanke das großartige, brandaktuelle Popalbum „Blood“ von Rhye vor. Eine Platte, die sich für erotische Stunden und romantische Stelldicheins ebenso eignet wie als Partysoundtrack. Tanzbarkeit und Tiefgang müssen kein Gegensatz sein. Aber hört selbst
Sünde und Sinnlichkeit treffen Tanzbarkeit mit Tiefgang
Rhye startete ursprünglich vor einigen Jahren als Duo. Mittlerweile ist Mike Milosh das einzig verbliebene Mitglied. Der in L.A. lebende Kanadier ist musikalisch hochgradig versiert. Mit drei Jahren erlernte er Cello und wurde in früher Jugend durch Klassik geprägt. Etliche weitere Instrumente wie Piano und Drums folgten ebenso wie ein Studium des Jazzgesangs. Das Herz von Rhye schlägt jedoch für Pop edelster Sorte.
Auf dem gerade erschienen zweiten Album „Blood“ mischt er ein paar gelungene Uptempo-Tracks mit viel schwelgenden, weichen und ebenso erotischen wie romantischen Nachtliedern. Letztere mit etwas nicht minder nocturnalem R&B abgeschmeckt. Die Arrangements sind allesamt erlesen. Gern fügt er klassische und organische Versatzstücke in die meist elektronische Ummantelung ein. Als Klammer fungiert Miloshs androgyne Stimme, die aus purer Empfindung zu bestehen scheint.
Die filigranen Arrangements geben dem Gesang die Chance, in erster Linie lautmalerisch zu klingen und die Worte vor allem als Klangkörper zu nutzen. Was er da konkret singt, tritt hingegen auf eine sekundäre, eher hintergründige Ebene zurück.
Das getragene „Sinful“ bringt alle genannten Qualitäten als sündige Ballade auf den Punkt. Besonders sein Cello und die ebenso clever wie sinnlich eingesetzte Akustikgitarre zu Beginn machen diesen atmosphärischen Teppich of Sound zum Genuss.
Wem der Sinn hingegen eher nach Partygroove steht, erhält mit „Taste“, was er braucht. Die virtuose Raffinesse ist umwerfend. Teilweise liegt ein atmosphärischer Echoeffekt auf den Drums. Zum Kontrast flicht Milosh einen sexy Frettless-Bass ein. Als orchestrale Tupfer flankiert er beides mit lässig gezupften Pizzicato-Streichern samt insgesamt drei ineinandergreifenden Klarinetten.
Die führende Klarinette steht dabei im Dialog mit einer kaminglutwarmen Gitarre, deren Sound und Anschlag nahe bei Jim Hall liegen. Als Groovetreiber stellt er dem Ganzen eine trockene Funky E-Gitarre gegenüber. Was beim flüchtigen Hinhören oder im Tanzrausch so simpel und direkt klingt, entpuppt sich unter der Lupe als handwerkliches wie ästhetisches Weltklasse-Arrangement.
Als letztes möchte ich noch auf das nicht minder einnehmende „Phoenix“ hindeuten. Ganz besonders der smart eingeworfene Killerbass und die im Verlauf einsetzende fuzzy Gitarre geben hier einen Ton an, dem man sich nicht entziehen kann.
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