„Diamond Dogs“ – Notiz aus der Zwischenwelt

Kolumnist Ulf Kubanke schlendert durchs Hamburger Schanzenviertel und begegnet dort allerlei Lebenskünstlern. Heute: Die Ballade von Cord & Yoko.

Foto: Ulf Kubanke by Zizino, Hamburg, Sternschanze, Schulterblatt schräg vor dem Café 2025

„Young Girl, they call them the Diamond Dogs.“
David Bowie 1974

„Das ist eine überwiegend gelungene Freakshow.“
Cord lächelt süffisant. Wir befinden uns im Cafe Augenblicke, Schulterblatt, Schanzenviertel. Hier trifft man Lebenskünstler, Obdachlose, Straßenkids, meist Punks und viele Freunde des Hauses.

Kein Hipsterladen, Schanze von unten.
Nicht so kaputt wie Goldener Handschuh oder Elbschlosskeller. Weniger Rotz, mehr Flair, zumindest zeitweise ohne die Dunstglocke zehrender Trostlosigkeit.

„Ich find’s hier eigentlich recht normal. Das echte Grauen lauert an toten Orten wie diesem Zirkusfamilien-Cafe, Mönckebergstraße.“

„Weil du auch Freak bist, Ulf.“ Cord ist hochgewachsen, hager, Ende 50. Unter der Schiebermütze ellenlange Rastalocken links, rasiert rechts. „Wie im Leben.“ Dazu schweres Silber an den Fingern. „Unikate.“

„Meinst?“

„Warum kommst du hier her, Ulf?“

„Ein, zwei Freunde, die Küche ist super. Der Koch ist jeden Tag herausgefordert, aus gespendeten Zutaten, spontan etwas zu zaubern. Und er macht es exquisit.“

Dieser Mann ist echter High Class Profi, arbeitet gleichwohl lieber hier statt in ihn langweilenden Gourmet-Tempeln oder Szeneläden.

„Ja, sachichja, Freak eben auch. Allein, dass du sowas weißt, Alter, echt.“

„Ja nun….“

„Und wie haben wir uns kennen gelernt? Über die Ringe. Freak!“

„Nein, Cord, das war Yoko. Ohne Yoko an deiner Seite, wärst du mir nicht Mal aufgefallen.“

Er grinst, schaut zu Boden. Die Gefährtin Yoko zu seinen Füßen, eine kauernde Wolfshündin Wachsam, mißtrauisch, grimmig gefährlich. Den Freunden ein Knutschtier. Wir lieben einander.

„Mein Nachbar hat die als Welpe geholt und zusammengeschlagen. Ich krich das mit im Treppenhaus, noch mit Einkaufstüten. Der muss schon lang in Gang gewesen sein mit der Lüdden. Keiner was gesacht. Ich schmeiß die Scheißtüten wech. – War leider Tequila drin – und trete die Scheißtür ein.“

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„Keine Angst, dass er die Bullen ruft?“

„Keine Zeit dafür. Der ist eh auf zuviel Scheiße drauf. Deshalb hab ich ihm auch gleich die Fresse poliert. Mit halben Sachen kommt man da nicht weiter.“

„Und dann?“

„Hab ich nen Fuffi aus dem Portemonnaie gefischt, hingelegt und ihm gesacht, wenn er sich nochmal ein Tier zulegt, versenk ich ihn.“

„Klingt fair. Und sein Gesicht?“

„Spiegel würd ich nicht mehr anschaffen.“

Er steht auf. Yoko gähnt.

„So, Arbeit ruft“

Cord war vor vielen Jahren Computer Pionier. Hat irgendwas miterfunden in jenen Atari/C64 Zeiten, wurde ausgebootet. Pleitenwende. Mit der Gesellschaft hat er seitdem eher wenig am Hut.

Nun wird er einmal mehr durch Hamburg laufen, Lautsprecher samt guter Musik dabei.

„Die Stadt beschallen.“ Nennt er es und macht damit 50 Flocken am Tag.

Yoko beschützt Cords Mission.
Sie biegen ab. David Bowie s „Diamond Dogs“ weht noch kurz von ihm herüber.
Ich schaue noch, lächle.
„Zierde der Stadt….“

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