Zocken auf der Playstation mit fast 70
Gastkolumnistin Gabriele Heuze über die Lust am Zocken im Alter.
Bild von Felix Lichtenfeld auf Pixabay
Im Dezember 2017 war ich im Kino. Star Wars – Die letzten Jedi. Es war um mich geschehen. Kurz danach fing ich im Internet an, nach dem passenden Spiel zu dem Film zu suchen: Battlefront II. Ja, es gab dieses Spiel für meinen Computer, nur wären das Spiel und mein Computer nie gute Freunde geworden. Das ist im Allgemeinen so, wenn der Computer betagt ist.
Es musste eine andere Lösung her. Ich wollte das Spiel unbedingt haben. Ja, dieses Spiel gehört in die Kategorie Shooter. Vor solchen „Ballerspielen“ wollte ich meinen Sohn immer beschützen, der sollte nicht so etwas spielen. Ich selber hatte bis zu dieser beginnenden Liebe Farmville und Pokémon Go gespielt, vor etlichen Jahren Tetris auf dem Gameboy. Für Pokémon Go habe ich mir sogar ein neues Mobiltelefon zugelegt. Auf dem PC habe ich auch einige Spiele wie die Sims, Fallout und Tropico, dafür habe ich mir Accounts bei Origin und Steam geholt. Diese Spiele gab es dort für lau. Mir fehlte bei diesen Spielen jedoch etwas.
Doch zurück zu Battlefront II. Eine Konsole musste unbedingt her. Und das so schnell wie möglich. Ich war angefixt. Wie das Schicksal es so wollte, holte sich mein Sohn eine neue und ich bekam seine. Mit VR Brille. Also ein Playstation Plus Abo abgeschlossen und Battlefront gesucht. Siehe da, es gab die Spiele im Shop, Battlefront I und II. Sie waren sofort auf meiner Liste. Download gestartet, der nach mehreren Stunden abgeschlossen war und es ging los. Null Ahnung von irgendetwas. Die Tastenbelegung vom Controller war ein absolutes Rätsel, aber Rätsel kann man lösen. Hat mich viele, viele Tode gekostet, Geduld von meinem Sohn und irgendwann lief es. Mein erster Kill und ich war happy. Andere waren nicht happy, ich bekam zu spüren, dass man ganz schnell ins Fadenkreuz der Hater kommt, wenn man in deren Augen nicht gut spielt. Das ist mir inzwischen egal.
VR-Brille
Zur VR (Virtual Reality) Brille möchte ich noch etwas ausführlicher eingehen. Es gibt schon einige VR-Spiele, ich habe bisher nur kürzere Demoversionen. Das Abtauchen in eine völlig andere Welt ist faszinierend und einfach nur schön. Ich sitze also in meinem Zimmer und bin doch nicht dort. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich. Leider gibt es für manche Menschen ein Phänomen, Motion Sickness genannt. Diesen Menschen wird furchtbar übel, sie erbrechen und bekommen starke Kopfschmerzen. Das entsteht dadurch, dass das Gehirn diese virtuelle Realität nicht so verarbeiten kann, wie es Bewegungen gewohnt ist. Es gibt jedoch Hoffnung, das kann trainiert werden. Ich habe hier großes Glück, nicht an Motion Sickness zu leiden.
Ich spiele jetzt ausschließlich Shooter im Multiplayermodus, habe einen YouTube-Kanal nur für das Streamen eingerichtet, die Sache läuft.
Warum ich nahezu besessen bin von Shootern, ganz besonders von Battlefield (der erste Weltkrieg, der zweite Weltkrieg und irgendetwas dazwischen). Wobei man sich das so vorstellen muss, dass man in den Spielen Flaggen erobern muss, halten muss und einige Kills machen sollte. Letzteres für das eigene Ego. Flaggen erobern bringt mehr Punkte.
Ü 50 zockt
Inzwischen ist es in Deutschland so, dass ich kein Einzelfall bin. Die Spieler über 50 erobern das Gaming. Im Jahr 2018 ist die Anzahl der GamerInnen auf 9,5 Millionen gestiegen. Mit dieser beeindruckenden Zahl stellen GamerInnen über 50 die größte Gamergruppe in Deutschland. Also bin ich gar nicht so selten. Der YouTube-Kanal der „Senioren zocken“ haben über 400.000 Abonnenten. Diese Gruppe hat somit mehr Abonnenten als „The Ekwah“, einer der besten Gamer in Deutschland und „Battle Bros“.
Wie bei allen Sachen, die jemand (wahrscheinlich) nicht einmal persönlich kennt, geschweige denn mal selber gespielt hat, gibt es immer wieder Menschen, die für Verbote von Ego-Shootern plädieren. Nach jedem Amok-Lauf kommt dieses Thema auf. So haben z.B. Dylan und Klebold, die Columbine-Attentäter, Doom gespielt. Ich habe auch Doom, das Spiel langweilt mich. Robert Steinhäuser, der Attentäter von Erfurt, spielte u.a. Wolfenstein (habe ich noch nicht) und Hitman, das habe ich. Die Fakten sind jedoch, dass durch Ego-Shooter niemand zum Mörder wurde, der nicht auf die eine oder andere Art zuvor schon verhaltensgestört war. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass vor einer Post in Berlin Unterschriften für das Verbot von Shootern gesammelt wurden. Als die mich kommen sahen, mein Sohn war dabei, stürzten die sich sofort auf mich mit den Worten, ich müsse mein Kind schützen und was weiß ich nicht alles Da waren die bei mir gerade richtig. Sofort polterte ich los, dass die mich mit so einem Mist einfach in Frieden lassen sollen, ich spiele auch so etwas (war gelogen, ich war sauer wegen dieser dämlichen Verbotsforderung. Als ob ein Verbot irgendetwas ändern würde). Mein Sohn war schockiert, weil ich so offensichtlich gelogen habe und auch ein wenig stolz auf mich.
Keine Amokgefahr
Und nein, ich laufe nicht Gefahr, Amok zu laufen oder durchzuknallen, nur weil ich ausschließlich Shooter spiele. Für mich sind diese Spiele Entspannung pur, machen Spaß und man kann nette Leute „kennen lernen“, virtuell zumindest. Zocken hält fit im Kopf, fördert die Konzentration und die Reaktionsfähigkeit. Und davon kann man auch im Alter eine ganze Menge gebrauchen.
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