Es sollte mal ein Pferd zum Konsul ernannt werden
Angeblich soll der römische Kaiser Caligula vorgehabt haben, sein Lieblingspferd mit der Konsulwürde zu bestallen. Nicole Krey beschäftigt sich heute mit der Forderung von PETA, Karussellpferde durch neutrale Objekte zu ersetzen und macht sich Gedanken, was weitergehende Tierrechte in der Praxis bedeuten würden.
Die Tierschutzvereinigung PETA hat für Schlagzeilen gesorgt. Sie findet, dass es auf Kinderkarussells keine Kunststoffpferde und andere -tiere mehr geben darf. Kirmes und Freizeitparks müssen ihre Fahrgeschäfte so schnell wie möglich anpassen und diese beispielsweise mit Flugzeugen, Regenbogen oder Sternschnuppen ausstatten. Ich dachte ja, dass man aufgrund der schlechten Ökobilanz nach Möglichkeit gar nicht mehr fliegt, sodass wir unsere Kinder hieran doch auch nicht gewöhnen sollten. Aber vielleicht interessiert sich PETA auch nur für Tiere und nicht für die Umwelt im Allgemeinen. PETA ist jedenfalls der Auffassung, dass Karussells mit Kunststoffpferden oder anderen -tieren bei Kindern den Anschein erwecken würden, Tiere dienten lediglich dem Vergnügen der Menschen, obwohl diese eben auch Gefühle wie Angst und Liebe erfahren könnten. Der niederländische Ableger der Organisation PETA hatte deshalb dem Freizeitpark „Efteling“ wegen dessen Vorbildfunktion nahegelegt, seine Fahrgeschäft entsprechend anzupassen. Sprecherin des „Efteling“ Nina Hawinkels reagierte mit einer Erklärung, dass es prima sei, dass sich Organisationen für das Wohl von Tieren einsetzen möchten. Ob der Efteling die Fahrgeschäfte tatsächlich anpasst, ließ sie hingegen offen.
Ich gebe einfach mal die Prognose ab, dass Efteling der Aufforderung von PETA nachkommen wird. Grenze ist heutzutage oft nicht mehr das Gesetz, sondern die moralischen Vorstellungen einiger Interessensgruppen. Efteling möchte sich vermutlich den Vorwürfen von „Tierquälerei“ nicht aussetzen. Mich interessiert es am Ende herzlich wenig, ob Kinder auf Kunststoffpferden oder Kunststoffsternschnuppen reiten. Ich hoffe nur, dass Kinder nicht der Vorstellung erliegen, man könne auf Sternschnuppen reiten.
Tiere die besseren Menschen?
Die Nachrichten möchte ich einmal zum Anlass nehmen, über eine Entwicklung zu schreiben die ich in letzter Zeit vermehrt wahrnehme: Ich habe inzwischen den Eindruck, dass einige Menschen der Auffassung sind, Tiere seien die besseren Menschen und dabei äußern sich einige sogar ziemlich fanatisch. So gab es letztens einen Artikel in den Medien, in dem ein Hund zunächst seine Besitzerin schwer verletzt und einige Wochen später den Besitzer getötet hatte.
Die Kommentare in den sozialen Medien lauteten überwiegend: „Der Arme Hund! Kein Hund tötet einfach so, es ist immer der Mensch der den Hund dazu gebracht hat.“ Einige behaupteten, dass die Besitzer den Hund sicherlich vorher provoziert hätten. Tiere seien von Natur aus niemals böse im Gegensatz zum Menschen. Überdies müssten die Tiere endlich dieselben Rechte wie Menschen erhalten. Rechtlich würden diese immer noch wie Sachen behandelt. Grundsätzlich ist das richtig. Spielen wir das Ganze einmal juristisch durch:
Wenn Tiere nicht mehr wie Sachen behandelt würden, wären sie juristisch nicht mehr als Rechtsobjekt einzuordnen, sondern als Rechtssubjekt. Rechtssubjekt bezeichnet in der Rechtswissenschaft einen von der Rechtsordnung anerkannten (potenziellen) Träger von subjektiven Rechten und Pflichten.
Damit wären Tiere dann rechtsfähig, und sie könnten beispielsweise Verträge abschließen. Ich stelle es mir wirklich lustig vor, wenn dann demnächst der Hund selber einkaufen geht mit seiner Kreditkarte. Gezüchtet und gekauft werden kann der Hund natürlich auch nicht mehr. Der Hund hat dann selbst das Recht seinen Partner zu wählen, zu heiraten oder gegebenenfalls von einem Menschen adoptiert zu werden. Der Hund kann dann seinerseits eventuell einen Vogel adoptieren oder beispielsweise auch einen Regenwurm. Rechtssubjekt sein bedeutet aber eben auch Pflichten zu haben, Pflichtverletzungen begehen zu können und deliktsfähig zu sein. Das heißt, spätestens ab da muss der Tierliebhaber dann auch einsehen, dass der Hund selbst verantwortlich ist für eine Verletzung eines Menschen oder die Katze für den Schaden am Garten. Darüber hinaus gibt es eben nicht nur Haustiere, sondern auch wilde Tiere; und wer gleiche Rechte für Tiere einfordert, muss dann auch die Frage beantworten, wie sich denn das Recht der Katze Mäuse zu fangen zu dem Recht der Maus auf Leben verhält. Oder wie verhält sich das Recht der Ameise auf Überleben, wenn das Pferd auf diese drauftritt? Kommen die Katze oder das Pferd dann ins Gefängnis? Und wie sieht es im Übrigen mit dem Wahlrecht der Tiere aus? Kann ein Pferd dann auch ein politisches Amt bekleiden, oder können die Schweine wie bei Orwell’s „Animal Farm“ die Regierung stellen?
Natürlicher Jagdinstinkt = gut?
Das erste Mal dass ich mir über das Thema Tierrechte Gedanken gemacht habe, war, als in den 1980er Jahren in der Zeitschrift „Wendy“ ein Artikel über Viehtransporte stand. Die Bilder in dem Artikel haben mich in meinem Alter von ca. 8 Jahren nachhaltig schockiert und mich zu Nachfragen angeregt, wie unser Fleisch eigentlich produziert wird. Daraufhin hatte ich an der Unterschriftenaktion der Wendy gegen die Transporte teilgenommen. Ich habe noch heute das widerliche Bild vor meinem geistigen Auge, wie ein Rind an einem Bein hängend von einem Kran in die Luft gehievt wurde. Ich fühlte mich machtlos, dass Erwachsene so eine Behandlung von Lebewesen zulassen. Ab diesem Moment hatte ich Probleme, Spaghetti Bolognese zu essen, weil ich stets totes Tier roch. Auch den Reitunterricht empfand ich zunehmend als Tierquälerei, wenn ich sah, wie übergewichtige Menschen auf kleinen Ponys diese mit Sporen und Gerten zur Bewegung antrieben. Mit zunehmendem Alter taten mir dann ebenfalls Vögel in Käfigen und der Goldfisch im Glas leid. Ebenso Hunde die unausgelastet zuhause rumliegen und den ganzen Tag nur auf die Runde Gassi mit dem Herrchen warten. Meine Meinung hat sich daher schon ab einem Zeitpunkt in den 1980ern entwickelt, wo Tierschutz noch kein großes Thema war und viele Menschen noch die Meinung vertraten, Tiere hätten lediglich Instinkt und keine Gefühle.
Nun halte ich es für eine steile These, dass Tiere ausnahmslos gut und Menschen alle böse sind, wenn ich beispielsweise sehe, wie die Katzen bei uns in der Umgebung die Eichhörnchen und Vögel reißen und so auch eine Bedrohung für die natürliche Artenvielfalt darstellen. Der Hunger kann es jedenfalls nicht sein, da sämtliche Katzen von ihren Eigentümern und deren Nachbarn gut genährt werden. Natürlich kommt dann der Hinweis auf den Jagdinstinkt. Aha! Also gibt es eben doch Tiere, die aus Lust an der Jagd andere Lebewesen töten? Und wieso sollte es dann keine Hunde geben, die aus Kampfeslust oder aufgrund von Dominanzverhalten und aufgrund ihrer körperlichen Überlegenheit andere Lebewesen angreifen? Nun habe ich wenig Mitleid mit den Eigentümern, die von ihrem Bully verletzt bzw. getötet werden. Doch gibt es eben auch Dritte oder Kinder die sich nicht entschieden haben, dass fremde Erwachsene einen Hund oder eine Katze besitzen wollen. Oft habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass eine ablehnende Haltung beispielsweise gegenüber fremden Hunden vom Eigentümer nicht akzeptiert wird. „Der tut nichts! Der will nur spielen!“ Mag sein, aber ich will nicht mit dem Hund anderer Leute spielen und mein Recht, in Ruhe gelassen zu werden, steht in meinen Augen über dem Recht des Hundes, mit mir spielen zu wollen. Genauso wie mein Recht und das meiner Rosen, ungestört in meinem Blumenbeet wachsen zu können, über dem Recht der Nachbarskatze steht, dieses als Katzenklo zu missbrauchen. Diese Haltung bringt mir jedoch von vielen Tierfreunden, die gleiche Rechte für Tiere fordern, oft böse Blicke ein.
Keine Rechte ohne gleichzeitige Pflichten
Ich möchte daher einmal die Frage stellen: Wollen diese Tierliebhaber wirklich gleiche Rechte für Tiere und ist ihnen bewusst, dass das Innehaben von Rechten nicht funktioniert ohne das gleichzeitige Innehaben der oben beschriebenen Pflichten? Sobald diese Fragen beantwortet sind, dann können wir meinetwegen nicht nur die Kunststoffpferde auf der Kirmes abschaffen, sondern wir können das Pferd vom Reiterhof gleich nebenan auch zum Konsul ernennen.
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Nicole Krey
Gebürtige Bonnerin, aufgewachsen in den Niederlanden. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und anschließender Tätigkeit als Anwältin in Düsseldorf ist sie inzwischen als Unternehmensjuristin im digitalen Bereich tätig und wohnt wieder an der niederländischen Küste. Als Angehörige der Generation X hat sie in den 90ern auf einem 386er noch über MS-DOS prompt Befehle eingegeben, sich mit Unbekannten in Chatrooms über Musik ausgetauscht und Partys ohne Smartphone gefeiert.
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