Romann – Gegen Deutsche Helden ermittelt man nicht?
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen den Präsidenten der Bundespolizei, Dr. Romann, wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung. Rainer Wendt, immer noch Vorsitzender der DPolG gefällt das nicht. Warum eigentlich?
Ali B. Wird verdächtigt, im Mai 2018 die 14-jährige Schülerin Susanna vergewaltigt und ermordet zu haben. Nach der Tat hatte er sich mit der gesamten Familie in den Irak abgesetzt. Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei, brachte ihn dann persönlich nach Deutschland zurück. Für viele Menschen hatte er damit Heldenstatus erreicht.
Nun also die Nachricht, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung führt.
Hintergrund dieses Verfahrens ist unter anderem eine Strafanzeige des Karlsruher Strafverteidigers Daniel Sprafke vom 11.6.2018.
In einer Mitteilung auf seiner Kanzleiseite schrieb er:
Aufgrund der Presseberichterstattung der letzten Tage, insbesondere durch die Berichterstattung der „Bild“ sehe ich Anhaltspunkte dafür, daß der Chef der Bundespolizei aus eigenem Antrieb und ohne richterliche Entscheidung, den Verdächtigen im Kriminalfall „Susanna“ nach Deutschland verbracht haben könnte.
Deutsche Sicherheitsbehörden haben kein Recht, ohne gesetzliche Grundlage Menschen festzunehmen und diese gegen ihren Willen in ein anderes Land zu verschleppen. Da eine Verschleppung von Beschuldigten aus dem Ausland in das Inland ein mehr als gravierender Angriff auf den Rechtsstaat – dem Grundpfeiler eines friedlichen Zusammenlebens – bedeuten würde, habe ich die Strafverfolgungsbehörden des Landes Brandenburg gebeten, die Angelegenheit zu prüfen.
Die Strafanzeige gegen den Präsidenten der Bundespolizei erfolgt nicht aus falsch verstandener Solidarität eines Strafverteidigers gegenüber dem Beschuldigten Ali B. Auch ich bin der Meinung, daß schwere Verbrechen schwer bestraft werden müssen. Ein faires Verfahren muß aber ausschließlich der Justiz überlassen bleiben und darf unter keinen Umständen in die Hände der Polizei oder gar in solche, eines einzigen Polizisten gelegt werden.“
Ich kommentierte das bereits in einer Kolumne vom 16.6.18 wie folgt:
Der mutmaßliche Mörder der 14-jährigen Susanne wurde aus dem Irak nach Deutschland verbracht. Federführend bei der Aktion war der Jurist und Chef der Bundespolizei Dieter Romann. Die Umstände wurden von BILD geschildert. Kurdische Sicherheitskräfte hatten den Verdächtigen gefasst und dem nach Erbil gereisten Bundespolizei-Chef und weiteren Beamten der GSG 9 übergeben. Die irakische Regierung kritisierte die Übergabe als Rechtsverstoß. Es gibt zwischen Deutschland und dem Irak kein Abkommen über eine Auslieferung von gesuchten Personen. Den Verstoß hätten laut irakischer Regierung sowohl die kurdische Regionalregierung als auch Deutschland begangen. Nur das Justizministerium der irakischen Zentralregierung in Bagdad habe die Befugnis für einen Austausch von Gesuchten. Ein klarer Verstoß gegen internationales Recht und ein Eingriff in die Souveränität des Irak.
In der Bevölkerung ist Romann ein Held, gerade auch, weil ihn die Strafprozessordnung und internationales Recht nicht scherte und er sich mit seinen kurdischen Kontakten kurzschloss. Schimanski live und das Volk jubelt. Weil es von Gesetzen eh nichts hält?
Mehrere Staatsanwaltschaft stellten zunächst ihre Unzuständigkeit fest. Nun liegt die Akte also bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang. Eine Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht einer Straftat. Nicht mehr und nicht weniger. Dass hier keine normale Überführung eines Tatverdächtigen vorliegt, konnte man auch ohne explizite Strafanzeige bereits erkennen. Unter welchem Gesichtspunkt sollte der Präsident der Bundespolizei berechtigt sein, einen ausländischen Staatsbürger ohne entsprechendes Auslieferungsersuchen aus dessen Heimatland nach Deutschland zu holen? Zum Zeitpunkt der Rückholaktion lag weder ein internationaler Haftbefehl, noch ein offizielles Auslieferungsersuchen an den Irak vor. Wer sich an die Causa Puigdemont erinnert, weiß dass solche Verfahren nicht in ein paar Tagen erledigt sind, sondern dauern. Insbesondere bei Ländern mit denen es kein Auslieferungsabkommen gibt. Im umgekehrten Fall, wenn also ein deutscher Staatsbürger im Irak eines Mordes verdächtigt würde und dieser die Auslieferung des dann nach Deutschland geflohenen offiziell beantragen würde, wäre diese schon wegen Art. 16 Abs. 2 GG gar nicht möglich.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
Nun hatte sich Romann in einer Stellungnahme unmittelbar nach dem Verbringen des Tatverdächtigen auf einen Präzedenzfall berufen. Dabei ging es um den früheren KZ-Wächter Demjanjuk, der von den USA abgeschoben und nach Deutschland verbracht wurde, wo ihm der Prozess wegen seiner Beteiligung an der Ermordung von Juden gemacht wurde. Allerdings ein sehr schwaches Argument für Romann, da in diesem Fall der Tatverdächtige nicht von einem auf eigene Faust handelnden Bundesbeamten aus den USA geholt wurde, sondern dieser umgekehrt von den USA nach Deutschland abgeschoben wurde. Genau daran mangelte es im Fall Ali B., weshalb es auch umgehende Proteste der Zentralregierung des Irak in Bagdad gab. Völkerrechtlich ein ganz schönes Hammer.
Es gibt also gute Gründe, das Verhalten von Dr. Romann – auch ganz ohne Anzeige, also von Amts wegen – strafrechtlich zu überprüfen, zumal sich dieser als promovierter Volljurist der Tatsache bewusst sein musste, dass er ohne jegliche rechtliche Grundlage handelte. Was ihn dazu getrieben hat, weiß ich nicht. Manchmal muss ein Mann tun, was ein Mann tun muss? Wer weiß? Ob die Ermittlungen letztlich zu einer Anklage oder gar einer Verurteilung führen wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Der Wendt mal wieder
Gruselig ist in diesem Fall allerdings, wie ein anderer Polizist, der DpolG-Vorsitzende Rainer Wendt, auf diesen vollkommen normalen und in einem Rechtsstaat zwingend notwendigen Umstand reagiert. Auf seiner Facebookseite schürt er erneut Misstrauen gegen den Rechtsstaat.
Am 27.9.2018 schreibt er dort:
Rainer Wendt sauer.
21 Std.
Es ist nicht zu fassen und lässt mich schaudern. Was passiert in unserem Land, wenn ständig die fähigsten Köpfe unserer Sicherheitsbehörden ins Visier genommen und öffentlich in Misskredit gebracht werden?
Es ist doch wohl ein Witz, wenn eine Maßnahme, die dazu führt, dass ein Schwerverbrecher seiner gerechten Strafe in einem rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt wird, eine Straftat sein soll.
Wir leben weiss Gott in gefährlichen Zeiten und brauchen alle Kräfte, um die vielen Gefahren abzuwehren, die unser Land und seine Menschen, unsere Freiheit und Demokratie bedrohen. Und haben nichts Besseres zu tun, als gegen Menschen zu ermitteln, die für mich und mit Sicherheit auch für die Mehrheit der Menschen in unserem Land zu Recht als Helden unseres Staates angesehen werden?
Was genau geht in Deutschland eigentlich vor?
Nun weiß ich nicht, wie oft Herr Wendt während seiner Ausbildung im Fach Rechtskunde gefehlt hat oder was ihm an dem Begriff des Rechtsstaat unklar ist, was ich aber weiß ist, dass ihm eine ganze Menge seiner Follower begeistert zujubeln.
Wäre ja noch schöner, wenn gegen einen deutschen Helden ermittelt würde. Der Horst-Schimanski-Selbstjustiz-Fan-Club auf Wendts Seite, ist sich da einig. Sein Hirnfurz wurde insgesamt über 2000 mal geteilt und erhielt über 500 meist zustimmende Kommentare wie z.B.:
M.K. Es ist unfassbar!!!! Gegen die Guten wird sofort ermittelt und bei anderen wird weggeschaut!!!
F.H. Ja, Deutschland ist verrückt geworden. Und ich befürchte mit den Altparteien wird sich daran nichts mehr ändern.
M.N. Wenn du im Bus als einziger Weißer sitzt, die Polizei hoffnungslos überfordert ist, ANGST….. und die paar wenigen die noch für unsere Sicherheit sich kümmern möchten, werden angeklagt?????
SPRACHLOS
R.V.L. Tja was geht hier vor? Das haben einige Leute schon vor ein paar Jahren erkannt und trotzdem macht man diese Leute immernoch nieder. Aber nicht mehr lange, dann wird sich das Blatt wenden, denn immer mehr Menschen verstehen welches Spiel hier gespielt wird.
D.K. Das alles ist unglaublich. Der normale Bürger kann es einfach nicht mehr nachvollziehen…….
(Die szenetypischen Orthographieprobleme sind im Original wiedergegeben)
Und das sind noch die harmloseren Kommentare. Herr Wendt, der von vielen immer noch als „oberster Polizeichef“ angesehen wird, obwohl er in seinem ganzen Leben noch kein Polizeichef war, lässt all das auf seiner Seite geschehen. Er klärt nicht etwa auf, dass auch Polizisten und Behördenleiter sich an die Gesetze halten müssen. Oder dass es normal ist, dass die Staatsanwaltschaft bei einem Anfangsverdacht ermitteln muss. Nein, er lässt den Hass auf den Rechtsstaat wohlwollend laufen. Schließlich verdient er ja mit der Angst der einfach gestrickten Bürger.
Dabei ist es so einfach, dass selbst die dümmste Nuss es verstehen kann:
§ 152 Strafprozessordnung
Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz
(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.
(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.
Da steht nirgendwo etwas davon, dass gegen Beamte, die sich über Gesetze hinwegsetzen, um etwas in ihren Augen Gutes zu tun, nicht ermittelt werden darf. Da steht nicht, dass vor der Aufnahme von Ermittlungen Herr Wendt oder das gesunde Volksempfinden seiner Fans zu befragen ist. Da steht auch nicht, dass nur gegen Böse ermittelt werden darf und gegen Gute nicht.
Legalitätsprinzip
Nein, da steht – und das ist der berühmte Legalitätsgrundsatz, einer der Grundpfeiler des Rechtsstaats – dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Dass sie das manchmal dennoch nicht tut und z.B. nicht angesichts der massenhaften sexuellen Übergriffe von Priestern mal die Kirchenarchive beschlagnahmt, um die Täter zu überführen, ändert an diesem Grundsatz nichts.
Wer wie Pensionär Wendt meint, er müsse da sauer sein, hat etwas ganz Grundlegendes nicht verstanden oder er hat es verstanden und hält seine treuen Leser bewusst zum Narren. Wer meint, der Zweck heilige die Mittel, liegt auch gänzlich daneben. Der will eben keinen Rechtsstaat, sondern etwas ganz anderes. Der will eine Polizei, der niemand auf die Finger schaut, die stets freie Hand hat und nach eigenem Gutdünken aktiv wird. Den kotzen diese lästigen gesetzlichen Fesseln an, die die Grundrechte der Bürger vor einer übergriffigen Staatsgewalt schützen. Der findet vermutlich auch ganz toll, wenn man einem Tatverdächtigen mit Folter droht oder wenn man einem Demonstranten mal zeigt, wo der Hammer hängt – jedenfalls solange der keinen Nazigruß zeigt.
Wer solche Kommentare wie
A.L. Es ist nicht zu glauben, wir leben doch in einem Saustall….mehr Ungerechtigkeit ist doch kaum möglich…es wird Zeit, dass sich das ändert und dringend ausgemistet wird….
unkommentiert auf seiner Seite stehen lässt, zeigt damit deutlich, was er von einer unabhängigen Justiz hält. Ausmisten, ja davon träumt mancher aus dem Wendtland.
Dabei müsste doch gerade Herr Wendt großes Vertrauen in die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft haben. Stellte sie doch ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue gegen ihn bereits im letzten Jahr ein, obwohl er elf Jahre lang eine Vergütung als Polizist bezog und sogar wohl rechtswidrig befördert wurde, obwohl er gar nicht mehr als Polizist tätig war. Ein diesbezügliches Disziplinarverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Mag sein, dass es da auch noch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben wird. Strafrechtlich scheint er jedenfalls aus dem Schneider.
Nein, Herr Wendt, Ihr Satz:
Es ist doch wohl ein Witz, wenn eine Maßnahme, die dazu führt, dass ein Schwerverbrecher seiner gerechten Strafe in einem rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt wird, eine Straftat sein soll.
zeigt woher Ihr Wendt weht. Eine Maßnahme ist nicht deshalb rechtlich in Ordnung, weil durch sie ein „Schwerverbrecher seiner gerechten Strafe in einem rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt wird“. Erstens wissen wir noch gar nicht, ob es sich um einen Schwerverbrecher handelt, das muss ein Gericht feststellen – vielleicht haben Sie den Begriff der Unschuldsvermutung ja irgendwann mal im Fernsehen gehört. Und selbst wenn es denn so wäre, funktioniert unsere Strafprozessordnung eben so, dass auch ein Schwerverbrecher nur mit rechtlich zulässigen Maßnahmen seiner gerechten Strafe zugeführt werden darf.
Sie wollen offenbar anderes. Sie wollen eine entfesselte Polizei, für die die Strafprozessordnung nicht mehr gilt, Sie wollen einen Unrechtsstaat mit einer unantastbaren Polizei, die sich nicht mehr an die Regeln halten muss und deren Willkürverhalten nicht mehr überprüft werden darf. Das kann man auch zwanglos verfassungsfeindlich nennen. Als Beamter haben Sie irgendwann mal einen Eid auf unsere Verfassung abgelegt. Und in dieser Verfassung heißt es:
Art 20
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gew
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Ich weise Sie einfach mal auf Absatz 3 hin, damit Sie nicht gar so viel lesen müssen. Auch und gerade ein Polizist oder auch der Präsident einer Bundesbehörde ist an Gesetz und Recht gebunden. Wer das nicht ertragen kann, sollte freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden und sich nicht weiter vom Staat alimentieren lassen. Und damit meine ich jetzt Sie ganz persönlich.
Bei seiner offenkundigen Missbilligung der Tatsache, dass die Frankfurter Staatsanwaltschaft nun gegen Dr. Romann ermittelt, übersehen Wendt und seine Mitstreiter gegen den bestehenden Rechtsstaat einen ganz wesentlichen Punkt. Ali B. ist zwar nun in Deutschland, aber das bedeutet nicht zwingend, dass ihm hier auch der Prozess gemacht werden kann. Die auf nicht rechtsstaatlichem Wege erfolgte Festnahme und Überführung – manche sprechen auch von Entführung oder Verschleppung – nach Deutschland, könnten sich im Prozess als Verfahrenshindernis erweisen. Dann hätte der neue deutsche Träger des „Batman-Preises für freihändige Selbstjustiz“ der Gerechtigkeit einen Bärendienst erwiesen.
Der Kollege Sprafke, der genau wie ich in solchen Äußerungen eines Herrn Wendt eine echte Gefahr für die Akzeptanz des Rechtsstaats sieht, hat ganz nach der Devise „Mit Rechten reden“ Herrn Wendt einen Dialog angeboten.
Guten Tag Herr Wendt, offenbar meinen Sie das wirklich ernst, was Sie da regelmäßig von sich geben. Ich teile Ihre Angst. Nur meine hat einen anderen Grund. Haben Sie Interesse an einem Austausch? Freundliche Grüße aus Karlsruhe, DS
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