Wer Islamismus fürchtet, sollte Flüchtlings-Massenlager fürchten
Massenlagerlösungen für Flüchtlinge dürften den Feind stärken, den Flüchtlingsgegner am meisten fürchten. Das ist vielleicht nichtmal unbeabsichtigt.
Es dürfte Fakt sein, dass Migrationsbewegungen nicht zu stoppen sind, es sei denn vielleicht mit Mitteln, die hoffentlich noch außerhalb des Diskutablen liegen. Was immer unterhalb dieser Schwelle versucht wird, Ankerzentren, Transitzonen, „Kontrollierte Zentren“, Lager in afrikanischen Staaten, wird nicht verhindern können, dass Menschen, die keine Aussicht auf ein gutes Leben haben, sich auf den Weg an einen anderen Ort machen. Wahrheit Nummer eins.
Zwei Wahrheiten
Wahrheit Nummer zwei: Möchte man Verbrecher züchten, man könnte sich wohl kaum einen Ort ausdenken, der dazu so geeignet ist, wie das Gefängnis. Ehernes Gesetz: Die härtesten Kerle übernehmen dort die Herrschaft, die kleineren Fische haben sich anzupassen. Und kein Aus- und Weiterbildungsprogramm im Gefängnis kann so gut sein, als dass, vorausgesetzt die Gesellschaft hegte nicht sowieso auch noch nach Absitzen des Urteils Vorurteile gegen ehemalige Gefangene, nach längerem Gefängnisaufenthalt eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt ohne weiteres möglich wäre. Nichts Schlimmeres gibt es in diesen unseren wundervollen Zeiten, wir lernen es schon in der Schule, als eine so genannte Lücke im Geld-, Verzeihung, Lebenslauf. Darum gibt es sogar auch immer wieder konservative Stimmen, die dem heutigen Gefängnissystem sehr kritisch gegenüber stehen.
Lager fördern „Gefährder“
Zwei Wahrheiten, die ersichtlich machen: Bei alldem, was von Rechtsradikalen und Rechtskonservativen an Verschärfungen im Umgang mit Flüchtlingen gefordert wird und nun von der CDU und den Sozialdemokraten abgenickt, geht es nicht um die Lösung ja durchaus bestehender Probleme. Vielmehr wird ein Problem gefestigt und verschärft, dass in Zukunft jederzeit wieder hervorgezaubert kann, wenn es darum geht, Ressentiments zu schüren: Der sogenannte Asylkompromiss ist ein Ausbildungs- und Förderungsprogramm für Kriminelle und Islamisten (Was nicht heißen soll, dass es ohne Lager keinen Islamismus gäbe).
Denn wie wird es wohl in den geplanten osteuropäischen und afrikanischen Lagern für unerwünschte Einwanderer aussehen? Halbwegs ertragbar darf sich das Leben dort schon deshalb nicht gestalten, weil sich sonst für Millionen Menschen, die sich vom Leben nichts erhoffen dürfen, tatsächlich eine lebenswertere Alternative darstellen könnten. Aber dafür, dass es zu angenehm nicht werden wird, dürften die Strukturen unter den natürlich keinesfalls „Gefangenen“ schon selbst sorgen. Es wurden mehrere Fälle berichtet, in denen in deutschen Auffanglagern Islamisten andere Flüchtlinge drangsalierten. Gegenüber Jahrzehnten bestehenden Dauerlagern dürften diese Lager wiederum noch wie das Paradies erscheinen. In solchen Lagern dürfte es ähnlich gären wie in den schlimmsten Knästen.
Die Tradition der Absonderung
Keine Parallelgesellschaften! Diese so intolerant-reaktionär klingende Forderung kann, lässt man ihr Taten folgen, tatsächlich eine weitblickend-menschenfreundliche sein. Leider führen die Verteidiger des Westens sie immer dann im Mund, wenn sie das Kind schon selbst in den Brunnen geschubst haben. Auch die türkischen Einwanderer, über deren angeblich mangelndes Bekenntnis zu Deutschland und zur Verfassung heute so pauschal geklagt wird, wurden noch als unwillkommene Gäste behandelt, als längst klar war, dass sie bleiben würden, wurden anfangs in homogene Türkensiedlungen angesiedelt und man war froh, wenn reaktionäre Islamverbände unter den Migranten für Ruhe sorgten. Und jetzt die gleiche Blindheit hoch zehn!? Ich könnte über das Leid der Flüchtlinge klagen, die Unerträglichkeit des Dahinlebens auf engstem Raum, des nicht mal mehr Lebens, weil ein Leben ohne Hoffnung auf die Zukunft doch keines ist. Aber das interessiert doch niemand mehr.
Also belassen wir es dabei: Die Insassen… sorry, die „Bewohner“ der erträumten Kontrollierten Zentren werden für jedes Ideal von Freiheit, Gleichheit – und was auch immer da sonst noch war – verloren sein. Sie werden nur noch die Barbarei des Lagerlebens kennen, in der sich die schlimmsten Individuen und die, die auf die besten Strukturen zurückgreifen können, durchsetzen, während der wahre Feind draußen sitzt und das Lager bewacht. Und sie werden, will man keine geschlossenen Gefängnisse schaffen, irgendwann da raus kommen. Sei es, dass sie es irgendwie doch nach Europa schaffen, sei es als komplett Desillusionierte, vielleicht Radikalisierte zurück in jene Staaten, in denen die Kriege der Peripherie immer näher am europäischen Zentrum ausgefochten werden.
Als ich 2015 eine möglichst gute Verteilung der ankommenden Flüchtlinge gefordert habe, ging es mir nicht allein um ein möglichst angenehmes Leben für diese (obschon es einem jedem Einzelnen zu wünschen wäre). Nicht in Lager gepfercht zu sein, nicht ewig in Unsicherheit zu schweben, ist die vielleicht wirksamste Waffe gegen Radikalisierung. Die Flüchtlingsgegner wollen das nicht. Sie brauchen den Feind im Flüchtling, und es ist ihnen mindestens Kollateralnutzen, diesen zu stärken. Wer sich aber ernsthaft Sorgen um die Bedrohung macht, die der Islamismus für „Den Westen (TM)“, „Die Freiheit“ und ähnliche Ideale darstellt, den sollten die feuchten AfD-Träume, die Dank CSU-Druck nun Wirklichkeit zu werden drohen, erst Recht das Fürchten lehren.